0313 - Der Blutgraf erwacht
stöhnte auf.
Er begriff, was dem Blutgrafen Kraft, Macht und Magie gab, aber jetzt war es zu spät. Die Kraft des Unheimlichen kehrte zurück. Von einem Moment zum anderen war er wieder in voller Stärke da.
Und er schlug zurück!
Nicht mit dem Schwert, sondern mit Magie, wie sie schwärzer nicht sein konnte. Gryf schrie. Er konnte sich nicht mehr wehren.
Schmerz durchzuckte ihn, während er von den Beinen gerissen wurde. Unsichtbare Fäuste packten ihn, trugen ihn durch die Luft, fort von dem Schwarzmagier. Dann prallte er gegen eine Mauer. Vor seinen Augen wurde es schwarz. Er fühlte, wie etwas Warmes über sein Gesicht rann. Ein neuerlicher Schlag drohte ihn zu zerreißen. Er krümmte sich.
Und die endlose Schwärze nahm ihn auf.
***
Der Teufel fühlte sich durch seine Behandlung in der Hölle gedemütigt. Das hatte er nicht verdient!
Irgendwie mußte er sich dafür Genugtuung verschaffen. Er war der Beobachter, er übermittelte, was geschah. Das bedeutete, daß weder Eysenbeiß noch Fürst Leonardo eine direkte Beobachtungsmöglichkeit hatten. Wahrscheinlich war ihnen dieser Blutgraf auch gar nicht wichtig genug.
Der Teufel konnte also schalten und walten, wie er wollte. Ei, da ließ sich doch ein Geschäft draus machen!
Als er Bodo von Geyerstain gesagt hatte, der Hölle sei nicht so sehr an Seelen gelegen, da war das eine Halbwahrheit gewesen. Die brauchte sehr wohl Seelen. Aber zu anderen Bedingungen, als Graf Bodo sie hätte bieten können.
Der Teufel erschien in genau jener Kammer, in die der Blutgraf das blonde Mädchen gesperrt hatte. Und er beglückwünschte sich selbst zur Genialität seines Planes.
***
Lory begriff, daß das Spiel verloren war. Mit Staunen hatte sie dem merkwürdigen Kampf zugesehen, bei dem es nicht mit rechten Dingen zuging. Sie begriff nicht, was da geschah. Woher kamen Schild und Streitaxt? Warum krümmte sich der Blutgraf brüllend auf dem Boden? Und wieso flog Gryf durch die Luft gegen eine Mauer? Wieso blutete er, ohne daß ihm eine Wunde geschlagen worden war?
Magie!
Es gab sie, über die sie immer gelächelt hatten. Es gab das, was sich nicht mit dem Verstand allein erklären ließ. Und Gryf, dieser sympathische große Junge mit dem wilden Haarschopf, der so gut aussah, wenn er lachte – auch er benutzte Magie…
Das war es, was Lory besonders schockte. Gryf befand sich auf dem gleichen Niveau wie der Böse!
Zu spät begriff sie, daß Gryf unterlag. Zu spät entschloß sie sich davonzulaufen, weil sie hier doch nicht helfen konnte. Sie hatte einen Fehler gemacht. Dieser spinnenförmige Talisman, den sie dem Dunklen abgerissen hätte – erbarg die Zauberkraft. Warum hatte sie ihn nicht an sich genommen und verhindert, daß der Schwarze ihn zurückbekam?
Jetzt war diese Chance vertan. Es war zu spät.
Sie rannte auf den Durchgang zu, hinter dem der halb zugeschüttete ehemalige Burggraben lag. Nur fort von hier! Weg, ehe sich der schwarze Magier ihrer entsann…
Mitten im Lauf wurde sie gestoppt. Sie keuchte entsetzt auf, stürzte, wollte ihren Sturz mit den Händen abfangen und konnte es nicht!
Aus dem Nichts heraus entstand ein mehrere Finger dickes Seil, das sich bereits um ihren Körper geschlungen befand und sie nicht nur am Laufen, sondern an jeder anderen Bewegung hinderte!
Sie schlug hart auf, schürfte sich die Haut auf. Rasch rollte sie sich herum, bekam eine Hand frei und begann, an dem Seil zu zerren.
Sie lockerte es. Sie sah den Unheimlichen mitten im Burghof stehen und lachen, während etliche Meter hinter ihm Gryf an der Mauer lag und sich nicht mehr rührte.
Tot?
»Mörder«, keuchte Lory in panischer Angst. Sie zerrte an dem Seil, bekam es los, schlüpfte heraus wie der Schmetterling aus dem Kokon. Im nächsten Moment packten unsichtbare Hände zu, während das Seil sich einfach auflöste. Lory wurde auf den Blutgrafen zugerissen.
Rücksichtslos setzte er seine Magie ein.
Sie ruderte mit den Armen durch die Luft, versuchte, sich an den Zweigen einiger Büsche, sogar an Grashalmen festzuhalten. Nie hatte sie geglaubt, daß das Sprichwort »nach dem Strohhalm greifen« seine Berechtigung hatte. Aber unaufhaltsam wurde sie auf den Blutgrafen zugerissen und landete in seinem Arm, mit dem er sie auffing. Er preßte sie an sich. Deutlicher als zuvor roch sie den Pesthauch, der von ihm ausging, diesen Geruch von Moder und Fäulnis.
Dabei konnte er doch gar nicht mehr nach Verwesung stinken. Nach all den Jahrhunderten war doch kaum mehr
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