0316 - Krakenfluch
gerade das Schwert aus dem Schädel des Tintenfisches herausreißen wollte. Es war wie eine feste, lederne Fessel, die tief in die Haut schnitt.
Der Junge mußte an sich halten, um nicht aufzuschreien. Doch er war unter Wasser, und der Luftverlust konnte tödlich sein.
Seine Hände ließen den Schwertgriff los. Im nächsten Augenblick zischte die Spitze eines anderen Fangarmes heran und ringelte sich um den Griff »Gorgrans«. Michael Ullich sah, wie die Klinge aus dem Krakenkörper herausgezogen wurde. Sie schien den Polyp zwar geschmerzt, doch nicht sonderlich verletzt zu haben.
Bevor Michael Ullich sah, was die Bestie mit dem Schwert machte, wurde er emporgehoben. Einer der Fangarme hatte sich um seine Hüfte geringelt und obwohl er mit Armen und Beinen strampelte und versuchte, sich aus der lederartigen Gallertmasse zu lösen, gelang es ihm nicht, sich freizukämpfen.
Schon glaubte der Junge, daß ihm die letzte verbliebene Luft hinausgequetscht würde, als ihn der Krake mit dem Kopf über die Wasseroberfläche drückte.
Der Druck des Fangarms um seinen Körper wurde so weit gelockert, daß er tief durchatmen konnte. Mit weit aufgerissenen Augen mußte Ullich das Ende der Jacht »Angelina« mit ansehen. Von Sabine Janner war keine Spur zu erkennen. Doch er war gefangen und ihm war jetzt nicht möglich, sich um das Mädchen zu kümmern.
Dieser Polyp war kein gewöhnlicher Tintenfisch Der hätte ihn bereits hinab ins tiefe Wasser gezerrt und verspeist. Doch der Teufel hatte immer besondere Pläne mit Opfern, die er sicher zu haben glaubte.
Michael Ullich sah, wie der Bug der »Angelina« als letztes in einem Wasserstrudel verschwand. Dann erschien die See für ihn tot.
Bevor er einen weiteren Gedanken fassen konnte, zerrte ihn der Polyp bereits mit sich. Einige Male machte Ullich den Versuch, an sein Tauchermesser zu kommen. Doch gerade hier hatte ihn der Fangarm gepackt und der harte Griff des Messers drückte schmerzhaft gegen seine Haut.
Der Krake sorgte dafür, daß er genügend Luft bekam, obwohl ihm die Gischt der Wellen manchmal den Atem nahm.
Er konnte nicht sagen, wie lange der Oktopus mit ihm geschwommen war. Über den Wellenkämmen sah er in ungefähr 300 Metern die Insel Koro-Koro mit ihrer üppigen Vegetation. Er erkannte eine Siedlung am Meer und hörte die Stimmen vom Ufer, die aufgeregt schrien.
Braunhäutige Menschen wiesen auf das in raschem Tempo schwimmende Seeungeheuer.
Michael Ullich wußte, daß es sinnlos war, um Hilfe zu rufen. Den raschen Kraken hätte nicht einmal ein Motorboot eingeholt. Dazu kam, daß er sein Opfer im Falle eines Angriffs ganz sicher in die Tiefe gezerrt hätte.
Von der abergläubischen Furcht der Südseeinsulaner vor so einer Bestie mal ganz abgesehen.
Michael Ullich mußte warten, was das dämonenhafte Wesen mit ihm vorhatte. Erst dann konnte er seine Chancen abwägen. Die gigantische Kraft des Kraken hatte er schon verspürt.
Waren erst Minuten oder bereits Stunden vergangen? Plötzlich änderte der Oktopus den Kurs und strebte dem Ufer entgegen.
Kurze Zeit später spürte Michael Ullich einen sanft ansteigenden Sandstrand unter den nackten Fußsohlen. Der Krake stellte ihn hin und ließ ihn los.
Verwundert starrte der Junge die Bestie an, die auf ihre Tentakel gestützt langsam dem Wasser entstieg. Eins der Tentakel hielt den Griff des Schwertes Gorgran umklammert.
»Mitkommen!« vernahm Ullich die brüchige Stimme des Kraken.
»Nicht weglaufen… weglaufen zwecklos … mitkommen!«
»Der kann ja reden!« stieß Michael Ullich erstaunt aus.
»Ein Experiment von Doktor Masters!« meldete sich in Michael Ullichs Gehirn die Stimme des Dämonen Manona. »Der Krake hat verschiedene Fähigkeiten, die ihn einem menschlichen Wesen überlegen machen. Wie du siehst, kann er auch an der Luft leben. Er kann sich bis zu einem gewissen Grade durch Sprache verständlich machen und… er hat eine halbprimitive Intelligenz. Genug davon, um sie im Kampf einzusetzen. In einem Kampf auf Leben und Tod mit dir – Michael Ullich!«
»Wer bist du? Und woher kennst du meinen Namen?« fragte der Junge, der von einem Tentakel des Kraken in Richtung auf das Ufer geschoben wurde.
Das Wasser der Südsee umspielte seine Oberschenkel als er einen Hieb von einem Tentakel bekam, der wie die Schnur einer Lederpeitsche wirkte. Sein fast nackter Körper zuckte zusammen. Doch er beherrschte sich, um sich den aufrasenden Schmerz nicht anmerken zu lassen.
»Du verstehst es, den
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