0316 - Krakenfluch
Blondhaar bis auf die Schultern fiel, »Ich nehme an, Sie haben das aus meiner Personalakte!«
»Nein, das hat mir der Chef selber gesagt. Der erwartet Sie nämlich schon sehnlichst. Augenblick, ich melde Sie an!«
Sie drückte auf einen Tastenknopf.
»Der angemeldete Besuch ist da!« sagte sie ins Mikrofon. »Soll ich sonst noch etwas erledigen, bevor ich Feierabend mache?«
»Ruf bitte in Bonames an. Micha soll rüberkommen. Der hat schon zu lange im Schwimmbad den hübschen Girlies nachgestarrt. Und nun schick Sabinchen mal rein, Daggi!«
»Ich heiße nicht Daggi!« fauchte das Mädchen ins Mikrofon, und im Zorn wurde ihr leicht gerötetes Gesicht noch hübscher. »Du weißt ganz genau, daß ich diesen Namen nicht leiden kann. Merk dir das!«
»Mann, wie redest du denn mit dem alten Eisenfresser!« stieß Sabine hervor und rutschte automatisch in den Ton, der ihr am besten lag. Sie mochte es nicht so gern auf die Förmliche. Aber was soll man tun, wenn man in die Chefetage geht. Sie trug jetzt statt der modischen Jeans, dem knappen T-Shirt und der saloppen Jacke einen Hosenanzug nach dem neusten Trend mit einer Bluse, die teurer war als sie aussah.
»Big Stephan ist nicht drin!« flüsterte das Vorzimmermädchen.
»Der macht Urlaub. Der Kronprinz hat Stallwache in der Chefetage!«
Das bedeutete, daß Carsten Möbius selbst sie hergerufen hatte.
Dem Vernehmen nach ging es um wichtige Projekte. So wichtig, daß man sogar die »Albatros«, den Privat-Jet des Konzerns, nach Bengasi beordert hatte, um Sabine Janner von Libyen direkt nach Frankfurt zu bringen.
Da mußte eine ganz dicke Sache am Kochen sein.
Entschlossen schob sich Sabine Janner am Schreibtisch des Mädchens vorbei und drückte auf den Knopf der Sprechanlage.
»Hier ist auch nicht Sabinchen, sondern Sabine!« fauchte sie, daß Carsten Möbius drinnen die Ohren dröhnten.
»Richtig gemacht! Die Sprache versteht er ganz gut!« lächelte ihr das Mädchen hinter dem Schreibtisch zu. »Ich heiße Dagmar Holler und bin noch nicht lange hier. Er muß erst noch erzogen werden!«
»Da hast du dir aber viel vorgenommen!« stöhnte Sabine. »Ich kenne den Kronprinz von einem turbulenten Abenteuer in Libyen. Damals haben wir gegen Sandgeister und einen fürchterlichen Zauberer namens Amun-Re gekämpft. Ohne Professor Zamorra wären wir verloren gewesen. [1] Ich finde ihn sehr nett – richtig lieb! «
»Hauptsache, du hast ihn nicht zu lieb !« klang Dagmar Hollers Stimme gefährlich leise.
»Keine Angst. In mir hast du keine Konkurrenz!« lachte Sabine Janner, die eine Situation richtig einschätzen konnte.
Dagmar Holler schwieg. Und dieses Schweigen bedeutete mehr, als ob sie Bände gesprochen hätte. Sabine spürte, daß sich das Girl in Carsten Möbius verliebt hatte. Doch das schien dieser offensichtlich noch nicht zu begreifen. In Gefühlsdingen war Carsten Möbius ein Spätzünder, wenn es um Mädchen ging.
Doch das ging sie, Sabine Janner, nichts an. Wenn es das Geschick wollte, daß die beiden zueinander kamen, dann geschah es eben. Sabine hatte von Zweierbeziehungen eine andere Auffassung. Wenn sie jemanden gern mochte, dann zeigte sie es auch. Wenn sie mit einem Jungen zusammen sein wollte und die Gelegenheit ergab sich, dann tat sie, was sie wollte. Das Heute alleine zählte. Wer konnte wissen, was der nächste Tag brachte.
Die Erwähnung von Michael Ullich hatte ihr einen Stich im Inneren versetzt. Sie hatte seit jenen turbulenten Ereignissen in der Wüste oft an ihn gedacht. An jene Wüstennacht im Palmenhain, wo sie sich geliebt hatten. Und an die Gefahren, die sie gemeinsam durchstehen mußten, bis Professor Zamorra sie buchstäblich in letzter Sekunde vor dem grausamen Zauberer Amun-Re gerettet hatte.
In vielen einsamen Nächten im Wüstencamp bei der Bohrstelle hatte sie in ihren Träumen sein offenes Gesicht mit dem jungenhaften Lachen und den halblangen, in der Mitte gescheitelten blonden Haaren gesehen. Sie gab sich offen zu, daß sie sich danach sehnte, noch einmal in seinen Armen zu liegen, die Wärme seines Körpers zu verspüren und im wilden Liebestaumel die Welt um sich herum zu vergessen.
»Wenn hier eine Verschwörung stattfindet, dann will ich mitmachen!« klang eine sympathische Stimme durch den Raum. Die beiden Mädchen fuhren herum. Carsten Möbius hatte die Tür geöffnet und streckte seinen Kopf heraus.
»Wir haben uns nur unterhalten!« sagte Dagmar Holler.
Ȇber so kleine Geheimnisse, welche die Herrn
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