0318 - Auf der Straße des Grauens
nicht gewählt, damit Gangster ihr Unwesen vor meiner Haustür treiben können.«
Er wählte eine Nummer. Als der Teilnehmer sich meldete, sagte er: »Ich möchte den Gouverneur sprechen. Sagen Sie ihm, dass Earl Leeborn ihn sprechen will.«
***
Das Telefon klingelte. Ich meldete mich.
»Guten Abehd, Jerry«, hörte ich die Stimme des Chefs. »Können Sie sich auf die Socken machen und zur Villa von Earl Leeborn nach Moonachie fahren? Offenbar ist einem seiner Gäste der Schmuck geraubt worden.«
»Wer ist Earl Leeborn?«
»Sein Name steht jeden Tag im Börsenteil der Zeitungen. Zinn, Kohle, Schifffahrt und Erdöl.«
»Den Börsenteil lese ich nie. Ich fühle mich dort in der falschen Gesellschaft.«
Mister High lachte. »In Leeborns Villa werden Sie nur wohlhabende Leute antreffen, garniert mit einigen Filmstemchen.«
»Ist das eine FBI-Angelegenheit?«
»Leider ja! Mister Leeborn überzeugte den Gouverneur, dass der Überfall zwar auf New-Jersey-Gebiet erfolgte, der Räuber aber aus New York kam.«
Gegen den Wunsch eines Gouverneurs ist wenig zu machen. Er hat eine Stimme, wenn über den Etat des FBI entschieden wird, und der Chef eines Districts wie Mister High muss auch diese Seite seines Berufs im Auge behalten.
»Kann ich Phil mitnehmen, Chef?«, fragte ich.
»Einverstanden! Ich rufe ihn an. Sie können ihn abholen, Jerry!«
Eine knappe Viertelstunde später waren Phil und ich in meinem Jaguar nach Moonachie unterwegs. Der Ort liegt auf der anderen Seite des Hudsons und noch jenseits von Jersey-City. Die Umgebung ist hübsch und noch ziemlich ländlich.
Das Haus war im Stil einer Iowa-Ranch erbaut, ein langes, flaches Gebäude mit einem hohen Dach und zwei vorspringenden Seitenflügeln. Es sollte alt und ehrwürdig aussehen und war so neu wie ein eben vom Fließband gerolltes Auto.
In der Halle, einem Raum von den Ausmaßen eines Omnibusbahnhofes, stießen Phil und ich auf eine Horde von mindestens zweihundert Leuten. Sie füllten die Luft mit ihrem Geschnatter und sich selbst mit dem Inhalt der Sekt- und Whisky-Gläser, die Diener auf Tabletts servierten.
»Ich wette, das sind die G-men«, rief jemand bei unserem Anblick. Die allgemeine Aufmerksamkeit wandte sich uns zu. Ich kam mir vor wie ein Ausstellungsobjekt in einer Rummelplatzbude. Im Handumdrehen wurden wir umringt.
Mir rückte eine Blondine gefährlich nahe auf die Pelle. Sie klapperte mit den Wimpern und flötete: »G-man, wie viel Leute haben Sie schon erschossen?«
Ich roch ihr Parfüm, irgendwie teure französische Marke und den Whisky, den sie getrunken hatte, irgendeine mindestens so teure schottische Marke.
Ein großer, grauhaariger Mann mit dem Gesicht eines Geiers zwängte sich durch die Menge.
»Ich bin Earl Leeborn! Kommen Sie mit in mein Arbeitszimmer!« Er wandte sich an seine Gäste: »Macht Platz, Kinder! Seid vernünftig! Die G-men sind zum Arbeiten, nicht zum Feiern hergekommen.«
Meine Blondine rief: »Earl, wenn die Reporter kommen, will ich mit den G-men fotografiert werden, besonders mit dem Großen! Hach, der Junge sieht so hart aus.«
Die anderen brüllten vor Lachen, und Leeborn schrie: »Geht in Ordnung, mein Schatz! Stärk dich vorher noch ein bisschen!«
Er lotste uns durch die Menge in ein mit Holz getäfeltes Zimmer. Ein Diener schloss hinter uns die Polstertür.
Leeborn forderte uns mit einer Handbewegung auf, Platz zu nehmen.
»Wollen Sie einen Drink?«
»Danke, jetzt nicht!«
»Kommen wir zur Sache! Mrs. Mc-Lean ist auf dem Weg zu mir überfallen worden. Man hat ihr den Schmuck und den Pelz geraubt.«
»Wo ist das geschehen?«
Er bereitete die Arme aus. »Ich habe keine Ahnung. Sie wankte nass wie eine Katze herein und fiel auf dem kürzesten Weg in Ohnmacht.«
»Können wir sie sprechen?«
»Der Arzt ist noch bei ihr! Augenblick, bitte!«
Er drückte auf den Knopf der Rufanlage.
»Jerome, ist Dr. Hasfield noch bei Mrs. McLean?«
»Nein, Sir. Er hat soeben seine Behandlung beendet.«
»Führen Sie ihn in mein Arbeitszimmer!«
Ein paar Minuten später kam der Arzt herein, ein untersetzter, weißhaariger Mann mit dem wettergebräunten Gesicht eines Landdoktors. Er passte in diese Millionärsgesellschaft noch schlechter als wir. Seine derben Stiefel hinterließen Schmutzspuren auf dem kostbaren Teppich.
»Einen Drink, Doc?«
»Lehne ich nie ab!«
Leeborn goss Whisky in ein Glas.
Der Arzt trank, schmatzte ein wenig, trank noch einmal und stellte sein Glas mit offensichtlichem
Weitere Kostenlose Bücher