0319 - Götzenbrut
sie dem Tal entgegenrollte.
Dann wurde es wieder still.
»Das war knapp«, flüsterte Claudia.
»Sind Sie verletzt?«
»Nein, nur Schrammen.«
»Okay, dann weiter.«
»Sie geben wohl nie auf, was?«
»Wenn es sich eben vermeiden läßt, nicht.«
Suko setzte den Weg fort. Er mußte sich sehr stark auf seine nähere Umgebung konzentrieren, deshalb hatte er keine Zeit, darüber nachzudenken, wo sich die Spinnen befanden.
Aber Claudia tat es.
Sie drehte den Kopf, ohne allerdings den kletternden Suko dabei zu behindern.
Claudia Darwood hatte bisher genug von den Spinnen gesehen und sie ja selbst aus der Nähe erlebt, sie wußte, daß sie schnell waren, deshalb fand sie es nicht einmal als überraschend, daß sie und Suko bereits von einigen Spinnen überholt worden waren oder sich die gefährlichen Tiere zumindest auf gleicher Höhe befanden.
Diese Monstren auf acht dünnen Beinen konnten sich wesentlich schneller die Wand hinabbewegen als die Menschen. Sie brauchten dazu nicht einmal ihre Netze zu spannen.
»Wenn wir es tatsächlich schaffen, sind sie schon unten und erwarten uns«, sagte Claudia mit stockender Stimme.
Suko erwiderte nichts. Voll konzentrierte er sich auf den Abstieg.
Die Galerie hatte er inzwischen verlassen müssen. Er hing förmlich an einer Wand, krallte sich fest und spürte das Gewicht der Frau auf seinem Rücken immer mehr als drückende Last.
Ein schweres Stück Arbeit lag vor ihm. Suko senkte den rechten Fuß.
Mit der Spitze suchte er nach Lücken im Gestein, fand auch eine, klemmte für einen Moment fest, zog das eine Bein nach und suchte nach der nächsten Lücke.
Er fand sie.
Und er ließ die Wand hinter sich.
Wieder lag eine der Rinnen vor ihm. Sie führte sehr schräg nach unten und endete dort, wo ein winziger Sandstrand begann, der die zungenartige kleine Bucht einrahmte. Dort war Suko auch an Land gegangen und hatte sein Schlauchboot versteckt.
Plötzlich waren zwei Spinnen da.
Wieder wurden sie von Claudia zuerst gesehen. Sie kamen von der linken Seite. Schräg liefen sie über die steil abfallende Felswand auf die beiden Kletterer zu. Eine befand sich mit den Menschen auf gleicher Höhe, die andere ein wenig darüber. Sie würden Suko und Claudia Sekunden später erreichen.
Für beide wurde es Zeit.
Suko mußte sich blitzschnell entscheiden. Weiterlaufen konnte er nicht mehr, die Spinnen würden sich über sie stürzen und versuchen, sie zu verschlingen.
Klettern konnten sie nicht mehr.
Es gab nur eine Möglichkeit.
Sie mußten die im Laufe der Zeit entstandene Felsrinne hinabrutschen und darauf hoffen, daß sie diesen gefährlichen Weg heil überstanden.
»Halten Sie sich gut fest!« rief Suko. »Es geht los!«
»Wie denn?«
In diesem Augenblick öffnete die sich ihnen am nächsten befindliche Spinne ihr Maul. Sie schauten in diese unheimliche Öffnung und sahen auch die gefährlichen dreieckigen Zähne, die ihnen wie Messer entgegenleuchteten.
Da ließ Suko los. Sofort rutschte er ab. Er hörte Claudias Schreien und versuchte, seinen Oberkörper während des Falles gegen die glatte Fläche der Felsrinne zu drücken.
Es wurde eine Tortur. Mehrmals schlug Suko gegen den Fels, Claudia schrie noch immer, und der Inspektor hoffte inständig, daß sie im weicheren Sand der kleinen Bucht aufkamen.
Der Aufprall war dennoch mörderisch.
Bisher hatte sich Claudia an dem Inspektor festklammern können, das war vorbei, als sie in den Sand und nicht auf einen aus ihm ragenden Felsen schlugen.
Claudia schrie. Sie überschlug sich und auch Suko kippte nach hinten, wobei er seinen austrainierten Körper zusammenzog und die Wucht des Schwungs ausnutzte, um mit einer Rolle rückwärts wieder geschmeidig auf die Füße zu kommen.
Im selben Augenblick knickte er nach rechts ein. Selbst Suko schrie vor Überraschung, denn er spürte, den stechenden Schmerz in seiner Kniescheibe. Er fiel nicht zu Boden, sondern blieb in einer schiefen Haltung stehen, wobei er sich auf das Knie konzentrierte, von dem der Schmerz abstrahlte.
Claudia hatte sich aufgesetzt. Sie schaute Suko aus angstgeweiteten Augen entgegen. »Sind Sie verletzt?«
»Kaum.«
»Können wir denn weiter?«
»Sicher, Claudia. Kümmern Sie sich um das Boot. Bitte – und schnell.«
»Wo ist es denn?«
Suko deutete an Claudia vorbei auf eine Felsnase, unter der Suko das Schlauchboot versteckt hatte.
»Ich sehe es.«
»Dann ziehen Sie es vor!« Mehr sagte Suko nicht, denn er wollte sich auf die Spinnen
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