0319 - Götzenbrut
Claudia dem Inspektor ins Gesicht.
»Der Mann aus London, John Sinclair!«
»Er ist hier?« fragte der wie elektrisiert dastehende Suko.
»Nein, nicht mehr.« Sie senkte den Kopf. »John Sinclair… also, John Sinclair ist …«
Suko faßte die Frau an beiden Schultern an. »Sagen Sie nur nicht tot, Claudia.«
Sie nickte und schüttelte gleichzeitig den Kopf. »Ich weiß es doch nicht. Es ist alles so schwierig.«
Obwohl Suko die Zeit im Nacken saß und er diesen Friedhof unbedingt verlassen mußte, drängte er Claudia Darwood, mit wenigen Worten zu berichten, was sich ereignet hatte.
Sie tat es.
So erfuhr Suko all das, was Claudia als Zeugin gesehen hatte, und er wußte auch, daß John verschwunden war.
»Er ist weg«, murmelte er und schüttelte den Kopf. »Verdammt, das kann ich nicht glauben.«
»Aber es ist so, Mister…«
»Ich heiße Suko. Mehr nicht.«
Sie nickte heftig. »Es ist so, wie ich es Ihnen gesagt habe. John Sinclair stürzte sich auf Okastra, und dann geschah es.« Ihr Blick richtete sich nach innen, der Ausdruck ihrer Augen änderte sich. »Auf einmal war er nicht mehr da…«
»Und was sagte Okastra?«
»Er wäre zu einem Geist geworden, der vielleicht die Chance hat, einen anderen Körper zu finden. Wobei nicht sicher ist, ob es sich um einen Menschen oder ein Tier handelt.«
Suko nickte. Er war in diesen Augenblicken deprimiert und dachte darüber nach, daß seine Aktion zu einem Fehlschlag geworden war.
Ein Schuß in den Ofen. Okastra schien ein Gegner zu sein, der ihnen über war.
Und noch ein Name war gefallen. Claudia hatte von dem Götzen Baal gesprochen.
Damit konnte Suko etwas anfangen. Er wußte, daß Baal zu den Götzen gehört hatte, die im Altertum angebetet worden waren.
Reichte dessen Macht tatsächlich bis in die heutige Zeit?
»Was wollen Sie denn jetzt machen?« fragte Claudia leise.
»Wir werden fliehen«, erklärte Suko.
»Und vor wem?«
Der Inspektor erklärte ihr den Grund.
Claudia preßte ihre Hand gegen das Gesicht. »Dann gibt es noch mehr von diesen Spinnen?«
»Es deutet einiges darauf hin.«
»Wo wollen wir uns denn verstecken?«
»Es ist so, Claudia. Ich möchte Sie zunächst einmal in Sicherheit bringen. Ich weiß, daß es in diesem Land so gut wie unmöglich ist, ein Versteck vor den Spinnen zu finden, doch ich kann Ihnen einen weiten Weg nicht ersparen. Sie müssen noch einmal alle Kräfte zusammennehmen. Wir haben zum Glück einen noch fahrtüchtigen Wagen. Mit ihm werden wir über einen Paß fahren, um anschließend den Weg zum Strand hinabzuklettern, wo ich ein Schlauchboot versteckt habe. Nahe der Küste liegt ein Unterseeboot. Das wird sie aufnehmen.«
Bei Sukos Worten hatte Claudia ein Frösteln überlaufen. »Meinen Sie denn, daß wir es schaffen?«
»Das hoffe ich stark.«
Sie nickte. »Na dann…«
Als sie sich umdrehen wollte, hielt Suko sie fest. Sie sollte die Leiche nicht sehen. »Kommen Sie zum Auto. Dort sind wir erst einmal relativ sicher.«
Einen letzten Blick warf Suko noch auf das Grab und auf die an seinem Kopfende stehende Figur, die keine mehr war, sondern ein Jahrhunderte alter Mensch.
Und wieder hatte Suko das Gefühl, als würde der Ahnherr des Bürgermeisters noch leben, aber es war leider nicht die Zeit, jetzt darüber nachzudenken oder nachzuforschen.
Wenn die Frau in Sicherheit gebracht worden war, wollte Suko noch einmal zurückkehren, das nahm er sich fest vor.
Sie gingen zum Fiat. »Leider wird es etwas zugig sein«, erklärte Suko.
»Es fehlt nämlich eine Tür.«
»Das habe ich gesehen.«
»Aber machen Sie sich nichts daraus, Claudia. Besser schlecht gefahren, als gut gelaufen.«
»Ich bin nur froh, daß Sie mich gerettet haben, Suko. Habe ich mich schon dafür bedankt?«
»Noch sind wir nicht in Sicherheit«, dämpfte der Chinese ihren Optimismus und ließ seinen Schützling an der Beifahrerseite einsteigen.
Er selbst nahm auf dem ungewohnten linken Sitz Platz.
Der Schlüssel steckte noch.
»Schnallen Sie sich ruhig an«, sagte Suko, während er den Wagen startete.
Claudia tat es. Dabei drehte sie sogar den Kopf, warf einen Blick zurück und begann zu schreien.
»Die Spinnen!«
Auch Suko schaute nach hinten.
Claudia Darwood hatte nicht gelogen. Sie hatten den Friedhof tatsächlich erreicht und den schmalen Weg überwunden, um sich auf dem Totenacker zu verteilen.
»Jetzt wird es verdammt Zeit«, stellte Suko fest, als er den Zündschlüssel herumdrehte.
»Was kann ich denn tun?«
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