032 - Seelenträger
immer wieder tun… und dabei jedes Mal an den Tag denken, an dem du mich getötet hast!«
Quan'rill konnte das Gerede nicht länger ertragen. Wütend riss er das Gewehr in die Höhe und drückte die Mündung in die Halsbeuge des Frevlers. Nur ein kurzes Zittern mit der Flosse trennte ihn noch vor der großen Finsternis.
»Mach schon«, stachelte der Dykaner ihn an. »Töte mich! Damit du mir wieder ein Stück ähnlicher wirst.«
Die Zeit schien einige Herzschläge lang zu gefrieren, als wären sie plötzlich von einem Eisblock umschlossen. Tausend Gedanken jagten Quan'rill gleichzeitig durch den Kopf. Die meisten davon drehten sich um seinen brennenden Wunsch nach Rache, aber einige pochten auch warnend gegen die Innenseite seiner Stirn, um ihn darauf aufmerksam zu machen, dass sich ein Körnchen Wahrheit in den Worten des Frevlers befand.
Abrupt setzte er das Gewehr wieder ab.
»Du hast Recht«, gestand er dem Dykaner. »Wir müssen einen anderen Weg finden, mit euch fertig zu werden. Wenn wir mit dem Schwert gegen euch zu Felde ziehen, sinken wir auf eure Stufe herab.« Und zu Kal'rag gewandt: »Wir nehmen ihn mit ins Labor. Es muss eine Erklärung für das irrationale Verhalten der Frevler geben.«
Die Augen des Dykaners glänzten triumphierend.
»Freu dich nicht zu früh«, warnte Quan'rill. »Ich werde dich sezieren! Und glaube nicht, dass ich dir dabei die Gnade einer Narkose gewähre.«
***
Hykton, 3936/4 Rotationen nach Ei'don
Mit erschöpften Bewegungen entfernte sich Matt von dem Mosaik - mehr konnte er nicht ertragen. Völlig benommen von den Schlachtszenen zwischen Frevlern und Hyktonern wollte er aus dem Hydrosseum entfliehen, doch Bel'ar hielt ihn mit sanftem Griff zurück. »Ganz ruhig. Es war wohl etwas zu viel auf einmal.«
Matt schüttelte den Kopf, um die Ameisenlegion loszuwerden, die über seine Hirnrinde marschierte. Die Episoden aus der Hydriten-Geschichte hatten mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet, doch augenblicklich war er nicht in der Lage, weiteres Wissen aufzunehmen.
Mühsam gelang es ihm, sich wieder zu konzentrieren.
»Was ist los, Sportsfreund?«, dröhnte es über ihm. »Alles in Ordnung?«
So redete vermutlich nur ein Hydrit in allen Ozeanen dieser Welt. Matt blickte in die Höhe und sah seinen Verdacht bestätigt. Es war tatsächlich der quirlige Quart'ol, der über ihnen im Wasser schwebte. Auf seinem Gesicht lag ein ernster, nachdenklicher Zug, der nicht zu seinem jungenhaften Körper passen wollte.
»Es geht schon wieder«, versicherte Matt.
Sofort kehrte das spitzbübische Lächeln zurück, das Quart'ol schon im Klon-Labor zur Schau getragen hatte. Durch verstärkte Wasseraufnahme erhöhte er sein Gewicht und sank zu Matt und Bel'ar hinab.
»Mer'ol hat mich endlich aus seinen Fängen entlassen«, seufzte er theatralisch, wie ein Schüler, der lebend aus dem Zimmer des Rektors entkommen war. Gleich darauf wurde er wieder ernst.
»Mein Assistent benimmt sich manchmal etwas verbiestert, aber er hat stets nur das Beste für mich im Sinn.«
Bel'ar nickte verstehend, doch ihre harten Zügen signalisierten deutlich, dass sie das Kompetenzgerangel mit Mer'ol noch nicht abgehakt hatte.
»Es ist gut, dass du dich mit der Geschichte meines Volkes vertraut machst, Maddrax«, fuhr Quart'ol fort. »In Kürze findet eine Anhörung vor dem hiesigen Tribunal statt, in dem über dein weiteres Schicksal befunden wird. Aber keine Sorge, ich werde für dich aussagen.«
Matt gab ein zustimmendes Blubbern von sich, während er seine Schläfen mit den Händen massierte.
Die Kopfschmerzen ließen langsam nach.
»Gibt es noch irgendetwas, was du wissen möchtest?«, erkundigte sich Quart'ol, um die Gesprächspause zu überbrücken.
»Ja«, antwortete Matt. »Was ist aus diesem Quan'rill geworden, der euch die Fähigkeit zur Seelenwanderung geschenkt hat?«
»Er hat sie lediglich als Erster erforscht«, korrigierte Quart'ol. »All jene, die seinem Beispiel folgten, haben das Quan'rill aus eigener Kraft erlangt. Zur Zeit gibt es knapp fünfhundert von uns, ein ganz exklusiver Kreis.«
Bel'ar gab ein schnaubendes Geräusch von sich, das möglicherweise eine Missfallensbekundung war. Vielleicht gehörte sie nicht zu den erlauchten Seelenwanderern.
»Ich wollte wissen, was Quan'rill jetzt macht«, erinnerte Matthew.
Quart'ol verzog das Gesicht wie ein Vorkoster auf einer Zitronenfarm. Sein Versuch vom Thema abzulenken war kläglich gescheitert. »Quan'rill hat sich völlig aus
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