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gekleideten Zwerg zu belästigen, weil sie befürchten mussten, er werde sich bei seinem Herrn beschweren. Mit diesem Gedanken traf Telor seine Wahl,
und da er zwei Mäntel erstand, erzielte er einen besseren Preis.
Die Vorstellung, Deri werde einigermaßen beschützt sein, erleichterte Telor ungemein, da er wirklich nicht wollte, dass der Zwerg mit ihm und Carys im selben Raum war. Er hatte begriffen, dass die beste Möglichkeit, sie hinreichend zu erregen, damit sie zuließ, dass er mit ihr schlief, die war, welche Deri vorgeschlagen hatte - ein weiches Lager in der Abgeschiedenheit eines versperrten Raums - , und nun konnte er sich diese Möglichkeit zu Nutze machen, ohne Gewissensbisse haben zu müssen.
Keiner der Ställe, an denen er vorbeikam, konnte die Pferde aufnehmen, und der Drang, schnellstens zu Carys zurückzukehren, bewog ihn, nicht noch mehr Zeit damit zu vertrödeln, nach anderen Ställen zu suchen. Als er zu einem Stall gelangte, der in der Nähe der Straße war, in der sich das Speisehaus befand, kaufte er einen Sack Getreide und einen Ballen Heu zum Mitnehmen. Mittlerweile war ihm aufgefallen, dass fast alle Fackeln, die Geschäfte kennzeichneten, verlöscht, die im Freien aufgestellten Auslagen verschwunden und die Fensterläden geschlossen waren. Aus den wenigen Läden, in denen Kunden noch feilschten, drang kaum genügend Licht, um die Nebenstraße zu erkennen, in der das Speisehaus stand.
Bestimmt war es zu spät, um an diesem Abend noch Lord William aufzusuchen, insbesondere, wenn er, Telor, sich die Zeit nehmen musste, die Kleidung zu wechseln. Seine sich hebende Stimmung wurde durch einen Anflug von Schuldbewusstsein getrübt. Er wusste sehr gut, dass in der Unterkunft des mächtigen Herrn Wächter wach sein würden, denen er seinen Namen nennen konnte, was vielleicht dazu beitrug, dass er am nächsten Tag nicht stundenlang warten musste. Er fragte sich jedoch, warum er sich die stundenlange Warterei ersparen wolle. Er hatte kein Ziel und nichts zu tun. Da er nicht gezwungen war, irgendwo aufzutreten, und viel Geld im Beutel hatte, blieb ihm Zeit genug, darauf zu warten, dass Lord William ihn vorließ, wohingegen Carys, falls sie eingeschlafen war, ehe er zurück war, und dann von ihm geweckt werden musste, verärgert und unwillig sein mochte. Und er hatte ihr versprochen, dass er sie nicht bedrängen werde, wenn sie Nein zu ihm sagte.
Er war halb überzeugt, richtig zu handeln, bevor er das Speisehaus erreichte, und als er auf den Hof ritt und Ca-rys eilig die Leiter hinunterstieg, die auf den Dachboden führte, verschwendete er keinen weiteren Gedanken mehr an Lord William. In der Hast, schnell abzusitzen, wäre er fast vom Pferd gefallen, und als er bei Carys war, drückte er sie fest an sich. Es war ihm gleich, was der Wirt denken mochte, falls dieser aus der Hintertür schaute und ihn und Carys sah.
„Was stimmt nicht?" flüsterte er.
„Es ist alles in Ordnung", antwortete sie und lachte verlegen auf. Ihre Stimme hatte jedoch gebebt. „Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich kann einfach das schreckliche Gefühl nicht loswerden, dass uns ein großes Unglück zustoßen wird, und die ganze Zeit, in der du fort warst, hatte ich den Eindruck, du seist in Schwierigkeiten. Oh, Telor, ich fürchte mich so, ich fürchte mich so sehr, und ich weiß nicht, wovor."
Er küsste sie aufs Haar und streichelte sanft ihren Rücken. Unwillkürlich überlegte er, ob das, was ihr Angst mache, der Gedanke an den Beischlaf sei, der, wie sie denken musste, jetzt unweigerlich stattfinden werde. Er wollte sie jedoch nicht auf diesen Einfall bringen, falls sie diesen Gedanken verdrängt hatte. Daher sagte er nur in fröhlichem Ton: „Aber hier bin ich, wie du siehst, und sicher zurückgekehrt!
Komm, lass uns die Pferde versorgen, ehe wir nach oben gehen."
„Du gehst nicht wieder aus?" fragte sie und schien den Atem anzuhalten.
Telor verstärkte den Druck seiner Arme ein bisschen und überlegte, ob sie wolle, dass er wieder weggehe, mochte ihr jedoch nicht das Gefühl der Sicherheit geben, das sie, wie er befürchtete, haben wollte. Dann schüttelte er den Kopf und ließ sie los. Zu seiner Überraschung bemerkte er, dass sie zittrig lächelte. Und als sie ihm erzählte, Deri habe die jetzt im Hof angebundenen Pferde trocken gerieben, klang ihre Stimme fester als vorher, und sie atmete auch nicht mehr so schnell. Er wäre zufrieden gewesen, hätte sie ihm nicht dauernd kurze Blicke zugeworfen,
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