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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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drohenden Ausdruck an. „Aber das tut er nicht, weil er ein neues Metier lernt, Sohn des Tarn Will. Da er nicht ans Reiten gewöhnt ist, fiel er auf einem Hügel vom Pferd und verletzte sich. Er hat eine gute Stimme und lernt von mir das Harfenspiel. Ich bringe ihm keine andere Lektion bei, und das wirst weder du noch sonst ein Mann hier tun."
    Carys schwieg, zieh sich jedoch zehn Mal eine Närrin, weil sie diese Gefahr nicht der Liste der anderen hinzugefügt hatte, die ihr eingefallen waren und derentwegen sie sich außer Sicht halten wollte. Wäre ihr diese Gefahr in den Sinn gekommen, hätte sie ihr Gesicht verändert, damit der Wächter sich nicht zu ihr hingezogen gefühlt hätte. Jetzt wäre es jedoch sinnlos gewesen, das Aussehen zu verändern. Er würde merken, dass es ein Betrug war, und sich an das Gesicht erinnern, dessen er sich entsinnen wollte. Alles, was sie jetzt tun konnte, war, absichtlich den Kopf umzudrehen, sich zu bücken und Deri zuzuraunen, dass sie sich, sobald man beim Stall war, verbergen und ihr Versteck nur verlassen würde, wenn er drei Mal pfiff.
    Sie hatte sofort gewusst, wovor Telor sie zu bewahren versuchte. Denn schon frühzeitig hatte sie gelernt, dass es Soldaten und männliche Dienstboten waren, die sich am meisten von ihrem dünnen, harten, jungenhaften Körper angezogen fühlten. Da Frauen in einer Burg in der Minderheit waren, entwickelten Männer, deren Lebensumstände sie meistens zwangen, innerhalb der Festungsmauern zu bleiben, oft Gefallen an anderen Männern. Viele redeten sich und anderen jedoch ein, das sei nur notgedrungen der Fall, und wenn sie dienstfrei wären, würden sie Frauen bevorzugen. Bei einigen traf das zu, bei anderen jedoch nicht, und diese wollten ein Mädchen wie Carys und hatten oft die Absicht, sie so zu besitzen, als sei sie ein Junge.
    Sie hoffte, die Tatsache, dass sie absichtlich den Kopf abgewandt hatte, werde als Zeichen für ihr Desinteresse empfunden, und damit sei die Sache erledigt. Dennoch war es besser, sich zu verstecken.
    Trotzdem würde ein anderes Aussehen nützlich sein, da es andere Männer davon abhalten würde, Gefallen an ihr zu finden. Als Telor Teithiwr zum Stall lenkte, stopfte sie hastig das Haar unter die an der Tunika befestigte Kapuze und verzog eine Seite ihrer für gewöhnlich vollen Lippen etwas nach unten. Sie wusste, dass ihr Gesicht, nachdem sie das Haar verborgen hatte, spitz und wenig ansprechend aussah, und Morgan hatte ihr gesagt, dass einem Mann sich der Magen umdrehte, wenn sie den Mund „auf diese Weise" schief zog. Sie hatte nie einen Spiegel besessen und konnte die Wirkung nur beurteilen, wenn sie auf ein stilles Gewässer blickte, glaubte jedoch, dass Morgan die Wahrheit gesagt hatte. Diese Methode hatte schon früher funktioniert, und keiner der Knechte, die jetzt herbeikamen und Deri erfreut begrüßten, warf Carys mehr als einen Blick zu.
    Ein Nachteil war, dass sie Telor nicht ihr „hässliches" Gesicht sehen lassen wollte. Sie wusste, das war dumm, denn er würde verstehen, warum sie sich hässlicher machte.
    Oder sie hätte es ihm erklären können. Sie konnte es indes nicht ertragen, dass er in Gedanken dieses Bild von ihr hatte. Daher hörte sie auf, den Mund zu verziehen, als Telor ihr vom Pferd half. Zum Glück ging er sofort weg und fing an, seine Instrumente und einen langen, flachen Korb von dem von Doralys getragenen Gepäck loszubinden. Deri, der Trittfest und Teithiwr ans Ende des Stalls geführt hatte, hob den Korb auf die Schulter, während er Carys Doralys' Zügel in die Hände drückte.
    „Bring Doralys zu den anderen Tieren." Dann wandte er sich der Gruppe von Knechten zu, die sich nahe beim Stalleingang wieder einem Glücksspiel widmeten.
    „He, Arne", rief er, und einer der Männer schaute auf. „Ich bin bald zurück. Ich wäre dir dankbar, wenn du in der Zwischenzeit einige Minuten erübrigen und dem Jungen zeigen könntest, wie die Schirrung abgenommen wird und man ein Pferd trocken reibt."
    Nachdem Carys ihm gesagt hatte, sie wolle sich verstecken, überraschte seine Bitte sie, doch sie begriff beinahe sofort, dass die Knechte sich gewundert hätten, wenn sie auf der Stelle verschwunden wäre. Es war viel vernünftiger zu verschwinden, wenn sie ihr unwillkommene Arbeit übertragen bekommen hatte. Daher zog sie, nachdem sie Doralys weggeführt hatte, den Mundwinkel noch weiter nach unten und brummte mürrisch, sie sei Lehrling eines Barden und kein Stallbursche. Sie wusste,

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