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die Harfe aus dem Überzug, Deri, und binde dieses Stück Schnur an die Spitze und das Fußgestell. Ich werde sie mir über die Schulter hängen."
Deri nahm die Schnur, die Telor aus einem seiner Beutel geholt hatte, und fing an, sie an der Harfe zu befestigen. Dabei sagte er über die Schulter: „Ich nehme deine Sachen in den Stall mit und werde sehen, ob ich den Dreck herausklopfen kann.
Dann werde ich mit Carys - nein, Caron, wie du sie genannt hast - in den Außenhof gehen. Wir können dort essen. Nachdem ich sie - nein, ihn - im Stall zum Schlafen untergebracht habe, komme ich mit den Sachen zurück, die du morgen tragen kannst."
Telor war überrascht darüber, dass die Aussicht, mit Carys zum Jahrmarkt zu gehen, bei Deri nicht die übliche Reaktion auf die Erwähnung des Königs oder des Krieges ausgelöst hatte. Er vermutete, dass Carys nicht viel für Zwerge übrig hatte, und befürchtete, sie könne Deri unabsichtlich kränken. Andererseits schien sie gewillt zu sein, in Deris Gesellschaft zu verweilen. Daher fand Telor, es sei besser, nichts zu sagen, doch er empfand Unbehagen und wollte wissen, was sich tat.
„Ja, komm zurück", sagte er. „Ich brauche etwas, in dem ich schlafen kann. Und du bringst mir besser mit den anderen Sachen auch meine Stiefel und meine rote Lederweste. Ich hoffe, dass die Leute morgen alle auf die Jagd gehen und nicht vorhaben, sich darin zu üben, wie sie sich gegenseitig bei einem Turnier umbringen können, aber dennoch bereite ich mich besser auf das Schlimmste vor."
„Was meinst du mit ,das Schlimmste'?" fragte Deri. „Wenn die Leute jagen, hast du nichts zu tun. Sie werden jedoch von dir erwarten, dass du bei einem Turnier heroische Lieder singst, und dank ihrer Eitelkeit kannst du dir einen Batzen Geld verdienen."
Telor lächelte. „Ich werde genug zu tun haben, selbst wenn die Männer auf die Jagd gehen sollten. Die Damen wollen Unterhaltung haben, und einige sind sehr freigebig."
„Sei vorsichtig", äußerte Deri säuerlich. „Ein Mann kann einer Dame wegen den Kopf verlieren."
Wenngleich Telor über die Doppeldeutigkeit von Deris Bemerkung lachte und dem Zwerg leichthin versicherte, er sei immer sehr vorsichtig, empfand er doch einen leichten Schreck, als ihm bewusst wurde, dass Deri das, was er gesagt hatte, auch genau so gemeint hatte, ohne dabei an körperliche Freuden zu denken. Und nach dieser Erkenntnis kam ihm Carys' kleines Fuchsgesicht in den Sinn, und er verspürte ein Ziehen zwischen den Lenden. Mit größter Anstrengung verdrängte er das Bild und rief sich absichtlich Bilder von mit Juwelen geschmückten und duftenden Damen ins Gedächtnis, die unten auf ihn warteten. Er entsann sich der weißen Haut dieser willigen Frauen, ihrer zierlichen Hände mit den polierten, glänzenden Fingernägeln, den weichen und warmen Körpern. Er wollte nicht an den anderen Körper denken, den durch Arbeit gestählten, harten, der sich abweisend vor ihm zusammengekrümmt hatte.
Und dann erhob eine vertraute weibliche Stimme sich kurz über das allgemeine Gemurmel. Telors üblicher Sinn für pikante Begegnungen kehrte zurück, das leichte Ziehen in den Lenden, das, wie er wusste, ihm schwere Lider machte und den Augen einen aufreizenden Glanz verlieh, den nur Frauen zu bemerken schienen. Bei einem großen Fest waren die Damen viel freizügiger und abenteuerlustiger, als wenn sie bei sich zu Haus waren, wo jedermann sie kannte. Es war viel leichter, an einem Ort, der voller Fremder war, der Aufmerksamkeit zu entgehen, und mehr als eine Dame würde wahrscheinlich wagen, sich mit ihm einzulassen. Zweifellos würde er dann, wenn er befriedigt war, Carys vollkommen vergessen haben.
„Telor ..." begann Deri unsicher.
Telor merkte zerknirscht, dass seine Gedanken sich wohl in seiner Miene gespiegelt hatten, denn er wusste, dass Deri sich Sorgen machte, wenn er sich mit edlen Damen beim Liebesspiel vergnügte, von denen eine jede, wenn er ihr missfiel, ihn im Handumdrehen einen Kopf kürzer hätte machen lassen können. In gewisser Weise trug das zu dem Prickel bei, aber Telor wollte nicht, dass Deri sich Sorgen machte.
„Ich habe keine Einwände gegen ein Turnier", sagte er, das Thema wechselnd, „nur gegen die Reihenfolge der Ereignisse. Das Turnier wird früher oder später abgehalten werden, und ein Zeitraum von einigen Tagen gibt den Tur-nierkämpfern die Zeit zu vergessen, dass ich dann dieselben Liedervortrage, die ich schon heute Abend gesungen
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