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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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habe."
    Schweigend schüttelte Deri den Kopf, nahm das Bündel mit den zu säubernden Sachen auf und ging zur Treppe. Er hatte den Eindruck, dass Telors Fundus von Gesten und Ausdrucksmöglichkeiten unbeschränkt war und kaum eine davon in der ganzen Zeit, die man zusammen war, wiederholt worden war. Deri konnte nicht fassen, wie Telor es schaffte, sich so viele zu merken, obwohl er wusste, dass dieser die meiste Zeit, die man unterwegs war, dazu nutzte, im Stillen sein Repertoire zu üben.
    Während Telor dem um die Ecke verschwindenden Deri hinterherschaute, stimmte er die Zither. Sobald dies getan war, stellte er sich unter einen der kleineren Gurtbögen und fing zu spielen an. Der eine oder andere Kopf wurde gehoben, und die Frau, deren Stimme Telor erkannt hatte, winkte ihm leuchtenden Blicks zu. Er verneigte sich, nahm die Harfe und eilte die Treppe hinunter, dabei leise an der Zither zupfend, während er zu der Dame ging, die ihn zu sich gewinkt hatte. Zwei Männer, die ihn kannten, riefen ihn beim Namen, doch er entschuldigte sich bei ihnen und versprach zurückzukehren, sobald er seine erste Verpflichtung erfüllt hatte. Telor warf der Dame einen Blick zu, und sie senkte in anzüglicher, bedeutungsvoller Zustimmung die Lider. Er lächelte, hob, eine fröhliche, leicht neckende Frage imitierend, eine Augenbraue und begann zu singen.
    Das melodramatische Lied wurde begeistert aufgenommen, und Telor bekam Geschenke - mehrere Silbermünzen, ein reich besticktes Band, einen kleinen Ring und einige weniger wertvolle Gaben. Der kleine Ring, das letzte, ihm überreichte „Geschenk", war von Lady Marguerite, und als sie ihn ihm in die Hand drückte, murmelte sie: „Oh, eitler Mann, singst du über dich selbst mit diesem ,süßen Atem, der Opfer anlockt'? Wenn die Jagdgesellschaft morgen aufgebrochen ist, werde ich ausreiten."
    Telor fing an, sich vor allen Leuten zu verbeugen und ihnen zu danken. Er gab sich den Anschein, Lady Marguerite nicht gehört zu haben, während er mit flinken Fingern die Geschenke so schnell einsteckte, wie er sie erhalten hatte.
    Da das kleine Lied die Gesellschaft animiert hatte, wurde ein anderes verlangt. Eine Telor zugeworfene Münze begleitete diesen Wunsch. Er fing an, die Ballade über Havelock
    den Dänen zu singen. Die Popularität dieses Stücks unter den normannischen Baronen erstaunte ihn immer, denn es handelte sich um ein englisches Lied, das sein Lehrmeister ins Französische übertragen hatte. Vielleicht gefiel es den Herren, weil die Geschichte aus der Sicht der dänischen Eindringlinge erzählt und darin erklärt wurde, warum es richtig war, dass sie über England herrschten.
    Nach der Ballade ging ein Schauer von Münzen auf ihn nieder, von denen er, nachdem er geübt die Zither unter den Arm geklemmt und das Gewand mit beiden Händen hochgehoben hatte, die meisten mit dem Schurz aufzufangen imstande war. Er hatte jedoch die über seinem Rücken hängende Harfe vergessen. Sie fiel gegen die Zither, so dass er diese beinahe fallen gelassen und es fast nicht geschafft hätte, die Münzen aufzufangen. Ihm entgingen einige, die in die Binsen kullerten und verschwanden. Er blickte zu Boden, bückte sich jedoch nicht. Er bedankte sich nur, verbeugte sich nach rechts und links vor der sich zerstreuenden Zuhörerschar und zog sich rückwärts zum Dais zurück, wo er sich auf die Kante der Estrade setzte, während die Musiker auf der Galerie über ihm zu spielen begannen. Wäre Deri da gewesen, wie das oft der Fall war, hätte er die auf dem Fußboden liegenden Münzen gesucht. Telor fand jedoch, für ihn selbst schicke sich das nicht. In seinem prächtigen Gewand würde er wie ein Narr aussehen, wenn er auf dem Fußboden herumkroch und zwischen den Binsen suchte. Irgendjemand würde lachen und es in Zukunft für einen großen Spaß halten, einen Mann, der über tragische Liebe und heroische Taten sang, im Dreck auf dem Fußboden herumkriechen zu sehen. Alle seine Gönner würden dann absichtlich ihre „Geschenke" ihm so zuwerfen, dass er sie nicht auffangen konnte.
    Er hatte kaum die im Schurz liegenden Gegenstände in den Beutel getan, in dem kleine Piektrums für die Zither, zusätzliche Darmsaiten oder anderer für musikalische Darbietungen nötiger Kleinkram waren, als de Dunstanville rief:
    „Sänger, komm her!"
    Telor stand auf und ging, ein Auge auf die das Essen auftragenden Diener haltend, damit er nicht im Wege war, zur Mitte des Dais und verbeugte sich.
    „Zu

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