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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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gerannt und hast die Wachen gerufen?"
    „Ich wollte nicht, dass die Männer misshandelt oder gehängt werden", antwortete Carys. „Ich wusste auch nicht, dass am unteren Tor Wachen sind. Aber ich habe die Männer sehr rasch vom Stehlen abgehalten. Ich habe ihnen gesagt, dass ich dir das sagen würde, und du würdest das dann Telor sagen, und er würde das dem Herrn sagen, der sie bis ans Ende der Welt verfolgen lassen würde."
    Deris Miene war weicher geworden, doch er drohte Ca-rys mit dem Zeigefinger. „Du hättest wegrennen sollen, ehe du die Männer bedroht hast, nicht danach. Es ist nicht so, dass mich der Zwischenfall stört. Ich habe die kleine Übung genossen. Aber vielleicht wäre ich nicht rechtzeitig hier gewesen, und du hättest gewiss nicht das genossen, was mit dir passiert wäre." Er bedeutete Carys, sich ihm anzuschließen, und ging auf den Stall zu.
    „Nein, nein", wandte sie ein und faltete, während sie neben ihm herging, das Kleid zusammen. „Ich bin keine Närrin. Ich war oben auf den Dachsparren der Scheune, als ich den Männern sagte, ich würde sie bezichtigen, sie hätten stehlen wollen."
    Carys schilderte die Umstände und erwähnte Telors Hemd, das sie nicht hatte verlieren wollen.
    „Kind", erwiderte Deris sehr weich. „Wie kannst du denken, dass er oder ich gern sähen, dass du geschlagen oder getötet wirst, weil du ein Hemd verloren hast!"
    Einen Moment lang starrte Carys ihn ausdruckslos an. „Das war dumm", äußerte sie dann langsam. „Ich weiß nicht, warum ich . . . Ich nehme an, ich habe das getan, weil Ulric so dumm war. Er hätte auch nicht gewollt, dass mir ein Leid geschieht, aber er konnte nicht so weit vorausdenken, um zu beurteilen, was passieren würde. Daher hätte er mich geschlagen, wenn ich das Hemd verloren hätte, und . . . und ich bin so hohlköpfig geworden wie er." Sie erschauerte heftig, lachte dann und fuhr fröhlich fort: „Oh, da ich meinen Hals für das Hemd riskiert habe, nehme ich an, dass es besser ist, es vom Dach zu holen."
    Deri schaute ihr hinterher, als sie leichtfüßig über den Hof rannte und zum Dach hochsprang. Einen Moment lang hing sie mit einer Hand daran, während sie mit der anderen das Hemd ergriff. Dann sprang sie wieder geschmeidig zu Boden. Deri bewunderte ihre Gewandtheit. Offenbar hatte sie nicht übertrieben, als sie behauptete, eine ausgezeichnete Seiltänzerin zu sein.

    „Es tut mir Leid, dass ich deine Übungen verpasst habe", sagte er. „Ich freue mich schon darauf, dich bei der Arbeit zu sehen."
    „Ich werde dir meine Kunststücke vorführen, sobald ich Trittfest abgesattelt habe", rief Carys über die Schulter zurück, derweil sie zum Brunnen trottete, um das Kleid zu holen.
    „Ich werde mich um Trittfest kümmern", sagte Deri. „Ich möchte, dass du etwas anderes tust."
    „Ich kümmere mich gern um die Pferde", wandte Caiys ein. Sie befürchtete, Deri wolle, dass sie eine für Frauen bestimmte Aufgabe erledigte, die zwar leichter, aber zeitraubender sein würde.
    Er lachte. „Es wird dir gefallen, und außerdem denke ich, dass ich Trittfest nicht absatteln werde. Ich reite besser zum Turnierfeld zurück und erzähle Telor, was geschehen ist. Er sollte Bescheid wissen, falls Joris auf den Einfall kommt, sich bei de Dunstanville zu beschweren, dass er verprügelt wurde."
    Carys kicherte. „Von einem Jungen und einem Zwerg? Glaubst du, er wird sich darüber beschweren? Oder denkst du, dass der Herr ihm glauben wird?"
    „Oh, der Herr wird ihm glauben." Boshaft verzog Deri die Lippen und erzählte Carys dann von einer Rauferei, die er bei einem früheren Besuch mit mehreren von de Dunstan-villes Männern gehabt und bei der er drei Gegner zu Boden geschleudert hatte. „Gleichviel, ich meine, Telor sollte wissen, dass diese drei Männer Diebstahl im Sinn gehabt haben", setzte er hinzu. „Man kann nicht sicher sein, dass einer von ihnen nichts entwendet hat, während die anderen beiden dich suchten."
    Carys nickte, da sie denselben Gedanken gehabt hatte. Dann sagte sie unbehaglich:
    „Es stört dich nicht, dass ich mich Joris' Truppe nicht anschließen werde oder den anderen Gauklern?"
    „Nein, und auch Telor wird das nicht stören. Wir haben beschlossen, nach Oxford zu reisen. Vielleicht findest du dort eine Truppe." Deri wies auf das hinter dem Sattel festgebundene Bündel. „Bind das ab!" befahl er, und sobald das geschehen war, stellte er den rechten Fuß in die Lederschlinge, die so tief hing, dass er den

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