032
wieder zu. „Mach es. Jetzt. Lass mich nicht warten."
Caiys biss sich auf die Unterlippe, und ihre Augen füllten sich mit Tränen, aber sie ging das Tuch aus Telors Satteltasche holen, in dem die Nähsachen eingewickelt waren. Deri, der blasser als Telor war, hatte dessen Beutel geöffnet und zerrte die darin enthaltenen Ersatzsaiten auseinander. Sein und Carys' Blick trafen sich, als sie ihm schweigend das Tuch hinhielt, und in seinen Augen stand so viel Angst, dass sie die Lippen zu etwas verzog, was, wie sie hoffte, ein beruhigendes Lächeln war. Dann nickte sie.
„Wenn du dich auf Telors Oberschenkel setzt, kann er sich nicht bewegen. Ich drücke seine Schultern nach unten ..."
„Ich sagte, dass ich keine Kuh bin", warf Telor ziemlich indigniert ein. „Ich trete nicht um mich."
Jetzt bedachte Carys ihn mit einem Lächeln, das ein bisschen natürlicher geworden war. „Aber du könntest zucken, und es wäre sehr schlimm, wenn du Deri dadurch dazu bringst, dich irgendwo zu stechen, wo es nicht nötig ist. Er würde sich schrecklich fühlen."
„Auch ich würde mich schrecklich fühlen", bemerkte Telor mit Galgenhumor.
Nach vielem Hin und Her war es Deri gelungen, die Wunde zu vernähen. Carys schnitt die Darmsaite mit einem ihrer Dolche durch. Deri ließ das Werkzeug fallen und rannte zum Bach, wo er auf die Knie sank und sich übergab, während Carys in lautes Schluchzen ausbrach. Telor machte die Augen auf.
„Ihr beide müsst nicht alles für mich machen. Auch ich kann heulen und mich erbrechen."
Carys wäre fast erstickt, denn beim Weinen musste sie lachen. Plötzlich beugte sie sich vor und drückte Telor einen Kuss auf die Lippen. Das war keine sehr befriedigende Zärtlichkeit. Ihre Münder passten nicht gut aufeinander, und die Liebkosung war viel zu kurz, um als Versprechen für die Zukunft empfunden zu werden. Mehr noch, genau in dem Augenblick, da sie Telor küsste, war die Gefühlsaufwallung, die sie dazu gebracht hatte, vollkommen vergessen und wurde von Sorge verdrängt. Telors Lippen waren eiskalt!
Sie rief Deri, sprang auf und rannte zum Gepäck. Sie zerrte alle Decken hervor und hastete zu Telor zurück, um zwei davon über ihn zu breiten, wusste jedoch, sie würden nicht reichen.
„Er ist kalt, so kalt", äußerte sie. „Er darf nicht auf der Erde liegen."
„Leg eine zusammengefaltete Decke neben ihn", schlug der Zwerg vor, „und geh dann an die andere Seite. Ich werde ihn so weit anheben, dass du die Decke unter ihm ausbreiten kannst."
„Wir müssen ihm erst einen Verband um die Rippen anlegen, ehe wir ihn bewegen."
„Wir sollten ihn den kleinen Hang dort hinaufschaffen, wo die große Eibe ist", meinte Deri. „Dort hätte er es wärmer und könnte auf den herabgefallenen Nadeln liegen. Die Zweige sind tief genug, um die Zeltbahnen daran zu hängen. Ich weiß einen Weg, wie wir ihn aufrecht hinsetzen können, ohne ihm zu viel wehzutun."
Die Ausführung dieses Plans wurde dadurch erreicht, dass man Telor sagte, er solle sich so steif wie möglich machen. Deri hob ihn von hinten an. Das blutige Hemd wurde als Wickel verwendet. Deri schnitt den Saum an einer Seite auf, so dass dieser wieder vernäht werden konnte, wenn das Hemd nicht mehr als Bandage gebraucht wurde. Carys wickelte es fest um Telors Oberkörper und band es an seiner rechten Seite fest. Deri schob einen Haufen trockener Eibennadeln zusammen, machte daraus eine Art Lager und breitete eine gefaltete Decke darüber. Dann wollte er Telor tragen, doch der bestand darauf, es sei weniger schmerzhaft, wenn er ginge, und das brachte er auf Deris breite Schulter gestützt fertig. Mit ausgestreckten Armen folgte Carys dicht hinter ihm, um ihn notfalls aufzufangen.
Nachdem Telor auf der Decke lag, gingen Deri und Carys von ihm weg, damit er schlafen konnte. Carys steckte den Dolch in die Scheide und suchte dann die Nähnadel, die Deri neben Telor ins Gras hatte fallen lassen. Sie zog den blutigen Rest der Darmsaite aus dem Nadelöhr, wischte die Nadel sorgfältig ab und steckte sie wieder in das Tuch. In der Zwischenzeit hatte Deri die Habseligkeiten, die Carys in der Hast beim Aufrollen der Decke verstreut hatte, eingesammelt, Teithiwr und Trittfest abgesattelt und sie zum Saufen an den Bach geführt.
„Gehört dir das?" fragte Deri und hielt Carys den blutigen Dolch hin, den sie in die Hinterpausche von Teithiwrs Sattel gestoßen hatte.
„Ja", antwortete sie, nahm den Dolch entgegen und reinigte ihn.
„In Castle
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