032
knallte Orin plötzlich sein Messer auf den Tisch und brüllte: „Barde!"
Telor schwang die Beine über die Bank, auf der er saß, und stand auf. Während er zur Estrade ging, schrie Orin: „Es ist doch Sitte, dass Sänger beim Essen singen, nicht wahr? Warum singst du nicht?"
„Ich dachte, du wolltest nicht, dass ich singe, Herr", antwortete Telor, verbeugte und fragte sich, ob Orin verrückt sei.
Der Mann hatte ihm gesagt, er solle sich hinsetzen und essen. Hatte er das vergessen? Nein, das war es nicht. Dieser Niemand hatte sich soeben an die Gepflogenheit irgendeines hohen Herrn erinnert, sich beim Essen von seinem bei ihm weilenden Barden unterhalten zu lassen. In Te-lors Verachtung mischte sich jedoch Angst. Ein ungehobelter Soldat, der versuchte, sich wie ein Herr aufzuführen, war leichter zu kränken als ein Mann, der wirklich von edler Geburt war, und es konnte fatal sein, wenn Orin glaubte, ein fahrender Sänger habe ihn absichtlich vor den Untergebenen beschämen wollen.
Telor richtete sich auf, ging vor den Herrentisch und verbeugte sich wieder. „Es ist nicht bei allen Gelegenheiten und auch nicht bei allen Mahlzeiten Sitte, dass Lieder vorgetragen werden. Oft will ein Herr beim Essen über wichtige Dinge reden und nicht abgelenkt werden oder seine Worte durch die Musik übertönt hören. Andere Herren mögen einfach keine Musik. Ich bin bereit, wenn du mich jetzt hören möchtest."
„Später." Beschwichtigt machte Orin eine Geste, die bekundete, er wolle jetzt keine Musik haben. „Du hast gesagt, du seist aus Malmsbury hergekommen. Wer war dort im Keep?"
„Das weiß ich nicht, Herr", antwortete Telor ruhig, wenngleich ihm klar war, dass er sich erneut Orins Zorn zuziehen könne, wenn er den Eindruck erweckte, Neuigkeiten zurückzuhalten. „Ich habe bei den Mönchen gerastet, und sie hatten keinen wichtigen Gast. Aber vor Malmsbury war ich in Castle Combe und habe bei der Hochzeit von Lord de Dunstanvilles Sohn gesungen. Dort waren viele vornehme Gäste, zum Beispiel Lord William of Gloucester ..."
„Pah! Diese Neuigkeit ist überholt", brummte Orin. „Ich habe frischere Neuigkeiten.
Lord William ist jetzt nicht weiter weg als Lechlade und tobt und haut auf den Putz, weil sein jüngerer Bruder in einem Anfall von Gehässigkeit damit gedroht hat, Faringdon an König Stephen zu übergeben. William wurde zweifellos entsandt, um Lord Philip davon abzuhalten, aber er kann nicht zu ihm, weil der Earl i of Gloucester keine Armee aufstellen wollte, die den König vertreibt."
„Das ist mir tatsächlich neu", sagte Telor, Bewunderung heuchelnd. Ihm kam der Gedanke, dass Eurion, wenn er gehört hatte, Lord William sei so nahe bei Marston, vielleicht zu ihm gegangen war, möglicherweise schon vor dem Überfall durch Orin.
Die Hoffnung belebte ihn, so dass er plötzlich eine sichere Möglichkeit sah, sich nach Eurion zu erkundigen. „Ich war mehr als eine Woche bei den Mönchen in Malmsbuiy", sagte er. „Sie haben mir freundlicherweise erlaubt, ihrer Musik zuzuhören und ihre Lieder meinem kleinen Repertoire hinzuzufügen. Ehrlich gesagt, nahm ich an, ich könne hier mehr der Musik lauschen, als selbst vorzuspielen. Da war ein alter Minnesänger namens Eurion, der ..."
„Du warst zuvor schon hier?" brüllte Orin.
„Ja, Herr", antwortete Telor und zwang sich, sehr überrascht auszusehen. „Ich war mehrere Male hier, um Lieder von dem alten Eurion zu lernen ..."
„Du wusstest also, dass Marston eingenommen war und ich jetzt der neue Herr hier bin?"
„Ja, Herr", sagte Telor wieder. „Aber das geht mich nichts an. Ich möchte jedoch wissen, wohin Eurion gezogen ist, weil er ein großes Repertoire von Liedern hatte und willens war, sie mir beizubringen."
Orin brach in Lachen aus, und die beiden Männer neben ihm brüllten ebenfalls vor Lachen. „Du wirst ihn sehr bald treffen", äußerte er, nachdem das Gelächter sich gelegt hatte. „Und das ist gut so, wenn du so in sein Gewinsel verliebt bist. Man stelle sich vor, er hat gesagt, er würde für mich singen, wenn ich Sir Richard verschone. Als ob er mir eine Hand voll Juwelen und Gold angeboten hätte! Er ist dahin gegangen, wohin alle Barden gehen - in die Hölle."
Telor kochte vor Wut. Er hatte bislang nur geschwiegen, weil er gehofft hatte, Eurion sei noch nicht tot. Er hatte genau wissen wollen, welches Geschick dem alten Mann widerfahren war. Sobald Orin den Tod seines Lehrmeisters bestätigt hatte, sprang er vor.
Mit einer
Weitere Kostenlose Bücher