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032

Titel: 032 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Seiltänzerin
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Bewegung riss er die Laute von der Schulter und versetzte dem verblüfften Hauptmann einen Schlag gegen die Schläfe, während er noch mehr als einen Fußbreit vom Tisch entfernt war. Beim letzten Schritt, der ihn mit den Oberschenkeln gegen den Tisch brachte, ließ er die zerbrochene Laute fallen, zog das Essmesser und beugte sich vor, um Orin zu treffen, der sich geduckt hatte, als die Laute zu Boden krachte. Telor hatte die Distanz perfekt abgeschätzt. Das Messer, obwohl es kurz war, hätte sich in Orins Hals gleich unter dem Ohr gebohrt und dort eine große Ader durchtrennt. Aber am Tisch befanden sich drei Männer, die alle im Kampf erfahren waren, und das Messer traf das Ziel nicht. Der hinkende Mann war rückwärts über die Bank gefallen und lag so still wie ein Toter da. Orin, der sich zurückgebeugt hatte und zur Seite ausgewichen war, um Telors Dolch zu entgehen, war aus dem Gleichgewicht geraten und hilflos. Der dritte Mann jedoch schlug mit einem Bierkrug auf Telor ein und versetzte ihm einen wuchtigen Schlag, ebenfalls gegen die Schläfe. Benommen fiel Telor über den Tisch, durch die Wucht des Schlages zur Seite geworfen, so dass die Tischplatte von den Böcken gestoßen wurde und auf dem Fußboden landete.
    Dieser Zwischenfall rettete Telor das Leben, zumindest im Augenblick. Der zweite Streich, der gegen ihn mit einem Schneidemesser, das von dem umfallenden Tisch gerissen worden war, geführt wurde, ging vollkommen an ihm vorbei, und ehe ein dritter erfolgen konnte, sprang Orin auf, ergriff die Hand seines Gefolgsmanns und schrie: „Nein!" Der Gefolgsmann schaute ihn ungläubig an. „Ein rascher Tod wäre zu leicht", fuhr Orin nun in zufriedenem, selbstgefälligem Ton fort und winkte die wenigen Soldaten, die aufgesprungen waren, vom Tisch fort.
    Alles war so schnell geschehen, dass niemand außer Orin etwas gesagt hatte. Jetzt äußerte er: „Esst weiter. Wir werden diesen Hund Stück für Stück auseinander reißen, als warnendes Beispiel für andere Leute, damit sie wissen, was ihnen blüht, wenn sie einen von uns angreifen. Aber wir werden auf besseres Wetter warten müssen, damit wir die Leibeigenen zusammenrufen und bequem im Hof zu Werke gehen können, wo jedermann alles gut sieht." Er winkte zwei Männer zu sich, die dem Tisch am nächsten waren. „Bindet den Barden und werft ihn in einen Schuppen, der versperrt werden kann."
    Dann schaute er den hinkenden Mann an, der immer noch bewusstlos war, und lächelte. „Der Sänger ist kräftiger, als er aussieht. Er wird lange den Tod herbeiflehen, bis er stirbt."
    Carys und Deri gingen mit den Männern, die im Stall gewesen waren, zum Essen. Sie wurden mit einigen neugierigen Blicken bedacht, besonders Deri. Sie hatten jedoch den Gesprächen der Männer entnommen, dass die neuen Dienstboten aus verschiedenen Dörfern zu den unterschiedlichsten Zeitpunkten hergeholt worden waren und sich noch nicht so gut kannten, wie das in den meisten Herrenhäusern bei Dienern der Fall war. Da Deri ängstlich war, übertraf er sich in seiner üblichen Freundlichkeit, und Carys hatte durch harte Lektionen Vorsicht gelernt. Außerdem entmutigten ihr hässliches Gesicht und Deris Deformation Annäherungsversuche.
    Man holte sich Brot und Stew und konnte sich wieder in den Stall zurückziehen, ohne mit jemandem gesprochen zu haben.
    Man stärkte sich, und nach dem Essen trennte man sich und schlich wieder zu den Männern, um sie zu belauschen, erfuhr jedoch nichts Neues. Schließlich ging Deri zu der Stelle zurück, wo die Reittiere angebunden waren, und legte sich zum Schlafen hin. Carys hörte noch eine Weile länger zu, wurde durch die uninteressanten Gespräche jedoch zu Tode gelangweilt. Schließlich gab sie ihren Lauscherposten auf, setzte sich zwischen den Pferden und der Stallwand in den Schatten, untersuchte ihr Seil und wickelte es wieder auf.
    Wahrscheinlich war sie eine Weile eingeschlafen gewesen, denn sie wachte plötzlich auf und merkte, dass Doralys an dem in ihrem Schoß zusammengerollt liegenden Seil knabberte. Sie untersuchte es erneut, sah, dass es unbeschädigt war, und schlang es sich um die Schulter, um sicher zu sein, dass es keinen Schaden nahm. Dann schlang sie die Arme um die Beine, stützte das Kinn auf die Knie und dachte plötzlich daran, wie anders ihr Leben geworden war, seit sie in Morgans Truppe gewesen war.
    Nach einiger Zeit fiel ihr auf, dass es nicht mehr regnete. Sie atmete tief durch, beugte sich zu Deri und schüttelte

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