0320 - Der Fluch von Babylon
abschossen wie einen Hasen.
Den Schmerz spürte Suko kaum in seinen tauben Händen, aber er sah, daß Blut aus der Wunde rann. Einen Vorwurf konnte er Judith nicht machen.
Sie hatte im Eifer des Gefechts mit der Schwertspitze neben den Fesseln auch noch die Hände erwischt.
Aber sie waren frei.
Als Suko das bemerkte, hatte sich die Frau bereits hingekniet und schnitt an den Fußfesseln herum. Auch hier traf sie die Knöchel, das spielte keine Rolle mehr. Judith hatte ihre Aufgabe erledigt. Suko war frei – und brach zusammen.
Er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Der Blutstau war zu stark gewesen. Er ärgerte sich, daß er fast wie im Zeitlupentempo nach vorn sank und auf die Knie fiel.
»Mensch, Inspektor, reißen Sie sich zusammen.« Winter hatte gut reden, denn Suko war total erschöpft.
Er brauchte die Pause.
Dann waren die Soldaten da.
Vier zählte der Chinese, als er den Kopf drehte und zur linken Seite schaute.
Die konnte die Frau nicht schaffen, und er war viel zu schwach, um eingreifen zu können. Suko gelang es nur mühsam, sich auf die Seite zu wälzen, dann hob er einen Arm, winkelte ihn an und schob die Hand mühsam unter die Jacke. Er wollte an die Beretta heran.
Die Dämonenpeitsche zu ziehen, war ihm nicht möglich.
Er hörte die Schreie der Männer und sah, wie sich Judith zum Kampf stellte.
Die Klinge war zu schwer für sie. Es bereitete ihr Mühe, den Arm in halber Höhe zu halten.
Die Auseinandersetzung spielte sich hinter den Pfählen ab. Im Raum zwischen Mauer und den Gefesselten.
Winter und die anderen konnten nicht erkennen, was geschah, aber der Erste Offizier und auch zwei seiner Kameraden feuerten Suko an.
»Mensch, Junge, stell dich! Komm hoch…«
Suko hatte es schwer.
Er kam zu spät.
Die vier Soldaten hatten die tapfere Frau bereits erreicht. Bevor sie zuschlugen, fächerten sie auseinander, so daß sie Judith in die Zange nehmen konnten.
Sie hatte es besser gemacht und hielt den Griff der Waffe jetzt mit beiden Händen fest. So gelang es ihr, das Schwert in die Höhe zu stemmen, um auch Schläge führen zu können.
Zwei Soldaten griffen sie von vorn an, die anderen beiden waren in ihren Rücken gelangt, und sie besaßen die verdammten Streitäxte.
Mit dem Mut einer verzweifelten, zu allem entschlossenen Frau stürmte Judith vor. Sie warf sich den Kriegern entgegen, schwang ihr Schwert von einer Seite zur anderen, und es gelang ihr tatsächlich, die ersten beiden Stöße zu parieren.
Das helle Klingen der Waffen schallte durch die Nacht. Es erreichte auch Sukos Ohren, dem es mittlerweile gelungen war, die Beretta aus der Halfter zu ziehen.
Dennoch bereitete es ihm große Mühe, die Pistole zu halten. Sie war einfach zu schwer und seine Hand zu schwach. Immer wieder sank die Mündung nach unten und deutete zu Boden.
Durch das letzte Parieren beflügelt, griff Judith selbst an. Sie tat es ohne jegliche Kenntnisse irgendwelcher Kampftechniken und ging voll in die Krieger hinein.
Zwei Schneiden klirrten gegeneinander, Funken stoben auf, Judith spürte einen reißenden Schmerz an der Hüfte, als es sie dort erwischte, und sie war gleichzeitig dem Tod nahe, denn hinter ihr hatte sich der Babylonier mit der Streitaxt in der rechten Hand hoch aufgerichtet.
Er war ein finsterer Mensch. Wild, verwegen, vollbärtig und blutrünstig.
Die Axt fuhr nach unten, aber nicht der Schuß.
Suko hatte es endlich geschafft, die Beretta in die Richtung der Kämpfenden zu drehen und kurzerhand abgedrückt. Die rechte Hand hatte er dabei mit der linken unterstützt, um wenigstens eine gewisse Chance der Treffsicherheit zu haben.
Den Krieger mit der Streitaxt erwischte es. Er sprang in die Höhe, riß seine Waffe mit, und Suko sah das Blut von der Klinge tropfen.
Da wußte er Bescheid.
Er hatte der Frau nicht mehr helfen können und nur die Gewißheit, den Mörder in den Tod geschickt zu haben.
Der Mann taumelte zurück, hielt sich noch für einige Schritte auf den Beinen, bevor er zusammenbrach und liegenblieb. Vielleicht zwei Armlängen von der schwarzhaarigen Frau entfernt.
Suko kroch auf sie zu. In den Augen des Inspektors schimmerten Tränen. Er wußte, daß es seine Lebensretterin nicht überstanden hatte.
Ihr vorhergesagtes Schicksal erfüllte sich in diesem Innenhof.
Die drei restlichen Krieger hatten den Schuß gehört und waren völlig geschockt.
Sie kannten weder Gewehre, Kanonen, Revolver noch irgendwelche Geschütze. Für sie gab es nur die Hieb- und
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