0321 - Freitag - Mordtag
aufzuhalten. Myxin war ein sehr eigenwilliges Wesen, das genau den Weg ging, den es für richtig hielt. Und dabei ließ er sich auch von keinem aufhalten und dazwischenreden. So war er schon immer, so würde er auch bleiben, davon war ich fest überzeugt. Ich leerte meine Tasse und hatte sie kaum zurückgestellt, als Glenda erschien. Sie war blaß geworden.
»Ist dir wieder etwas eingefallen?« fragte ich.
»Nein, aber Myxin…«
»Was ist mit ihm?«
»Er war plötzlich weg. Einfach verschwunden.«
Ich lächelte. »Nun ja, es ist seine Art, sich auf seltsame Weise zu verabschieden. Das darfst du nicht tragisch nehmen. Außerdem gewöhnt man sich daran.«
»Du hast gut reden«, erwiderte Glenda und wollte in ihrem Büro verschwinden. »Wann kommt Suko eigentlich?« rief ich ihr nach.
»Hat er irgend etwas gesagt?«
»Nein, er wollte nur zu einem Amt.«
»Schon gut.«
Glenda ging wieder, und ich blieb allein im Büro zurück. Natürlich dachte ich über Myxins Worte nach. Sie waren sehr rätselhaft gewesen.
Für mich zur Hälfte unverständlich. Was konnte ein Wesen wie ihn bewegen haben, sich so intensiv um eine Sache zu kümmern, über die er nicht viel wußte. Da gab es eigentlich nur eine Lösung.
Myxin sah eine gewisse Gefahr auf uns zukommen.
Eine Gefahr, die von einem Mörder ausging!
Nur – von welchem?
Ein paar Minuten später kam Suko, schälte sich aus seiner Jacke, grüßte und ließ sich auf den zweiten Stuhl fallen. »Alles erledigt«, sagte er und kam sofort zum Thema. »Glenda berichtete mir, daß du Besuch gehabt hast.«
»Myxin war hier.«
»Und?« Suko schaute mich gespannt an. Schließlich wußte auch er, wie es um Myxin bestellt war. Wenn der kleine Magier so plötzlich erschien, tat er das nicht ohne triftigen Grund.
Ich berichtete meinem Freund und Kollegen von den Dingen, die ich erfahren hatte.
»Das ist herzlich wenig«, sagte der Chinese.
»Der Meinung bin ich auch.«
»Und du hast keinen Verdacht?«
»Nein.«
Suko knetete sein Kinn. »Das ist seltsam«, murmelte er. »Sehr seltsam. Und ausgerechnet heute.«
»Wieso?«
Anstatt mir eine Antwort zu geben, stand er auf und holte aus der Innentasche seiner Jacke eine zusammengefaltete Zeitung hervor. Es war ein Massenblatt. »Ich las sie, als ich warten mußte. Besonders den ersten Artikel.«
»Was ist damit?«
»Lies selbst, John.«
Ich faltete die Zeitung auf. Die politischen Tagesereignisse waren von einem reißerischen Artikel verdrängt worden, der in fetten Lettern auf der ersten Seite stand.
Freitag – Mordtag. Dann folgte der Bericht. Der Reporter erinnerte an ein schauriges Jubiläum. Es war auf den Tag zehn Jahre her, daß der Freitags-Mörder gefaßt worden war. Ein Killer, der immer am Freitag, dem 13. tötete.
Ich überflog den Artikel, in dem der Schreiber noch einmal auf die Einzelheiten der Morde einging. Als ich die Zeitung sinken ließ, sagte ich: »Na und? Was ist damit?«
»Könnte das nicht der Gewalttäter sein, den Myxin gemeint hat? Der Freitags-Killer arbeitete auch mit dem Messer. Er stieß die Klinge jedesmal in den Nacken eines Menschen.«
Erst jetzt begriff ich. Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. In diesem Fall hatte mir auch der Durchblick gefehlt.
»Verdammt, Suko, du kannst recht haben.«
»Wie immer.«
»Hör auf, Mann! Aber ich habe damals mit diesem Fall nichts zu tun gehabt, das weiß ich genau. Außerdem warst du noch nicht in London.«
»Stimmt, das war kurz zuvor. Aber Bill Conolly.«
Ich schlug auf den Schreibtisch. »Richtig. Dein Gedächtnis hat dich nicht im Stich gelassen. Bill war tatsächlich da, und er hatte auch über den Killer geschrieben.« Ich schüttelte den Kopf. »Woher weißt du das alles?«
»Wir sprachen einmal darüber.«
»Ich bewundere dein Erinnerungsvermögen.«
Suko winkte ab. »Das macht nichts. Im Gegensatz zu dir bin ich im Training.«
»Dann kannst du mir ja sagen, wie es weitergehen soll.«
»Das werde ich auch. Der Kerl muß doch noch sitzen, wenn alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Fahren wir in das Zuchthaus und sehen ihn uns mal an.«
»Einverstanden.« Ich schielte auf das Telefon und überlegte, ob ich uns anmelden sollte. Ich ließ es bleiben. Die überraschenden Besuche waren immer die besten.
Wo dieser Killer einsaß, war sehr leicht herauszufinden.
Möglicherweise liefen wir auch einer falschen Spur nach. Wer konnte das schon wissen. Immerhin war es besser, ihr nachzulaufen, als überhaupt nichts zu
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