0321 - König der Ghouls
ebenfalls. Und du auch – wenn du der bist, für den ich dich halte!« sagte Omurus und sah Professor Zamorra durchdringend an. »Hinter dieser Tür ist er eingesperrt!«
Grausig rasselte der Schlüsselbund in der Hand des Wärters, den Omurus vorschob.
»Aufmachen!« befahl der Kerkermeister…
***
Tina Berner spürte, daß die Schatten der Nacht sie langsam einkreisten. Sie waren überall und das Girl wagte nicht, ihren Weg zu kreuzen.
Doch jede Richtung, in die sie sich wandte, war versperrt. Überall schienen sich diese Schatten aus dem Boden zu erheben.
Es war, als wenn sie schwebten. Und dennoch konnte Tina erkennen, daß ihr Gang ungleichmäßig war wie die Sprünge eines Kaninchens. Aber die dunklen Tücher, die um schwammige Körper wehten, ließen in der unwirklichen Dunkelheit Raum für alle Schreckensfantasien.
Aus den von Tüchern umflatterten Schädeln blickten kaltglitzernde Augen ohne Regung hervor. Tina Berner hörte Schmatzen und sabbernde Geräusche, die ihr eine Gänsehaut über den Körper fließen ließen.
Immer näher schlichen sich die Schreckensgestalten. Tina sah, daß sie sich manchmal niederließen, um zwischen den blanken Knochen zu wühlen. Und plötzlich wußte sie genau, was für unheimlichen Wesen sie gegenüberstand.
Es waren Ghouls. Gräßliche Monster, die sich von den Körpern der Toten ernährten. Gräber wühlten sie auf und verzehrten die totenstarren Körper.
Tina Berner hatte sich schon einmal in der Gewalt von Ghouls befunden und war ihnen fast zum Opfer gefallen. Professor Zamorra gelang es damals in letzter Minute, sie zu retten. [2]
Sie hatte genug gehört über diese dämonenhaften Kreaturen der Nacht. Sie standen an der Schwelle zwischen dem Leben und dem Jenseits. Niemand wußte genau, ob sie tot waren oder lebende Wesen, die von Dämonen besessen waren, die sie zu ihrem grauenhaften Tun trieben: Sie waren wie Wölfe, die ihrem Opfer geduldig folgen. Zu feige zum Angriff. Aber beim ersten Anzeichen von Schwäche sind sie da.
An Professor Zamorras Seite hatte Tina Berner gelernt, daß man sich in keiner Situation aufgeben darf. Wer angstvoll zusammensinkt, der hat schon verloren. Doch wer beherzt auf die Gefahr zugeht und sich wehrt, der hat eine Chance.
»Kampflos bekommt ihr mich nicht!« murmelte das Mädchen als sie erkannte, daß die Kreise der Nachtwesen immer enger wurden.
So schnell es ging, schritt sie auf einen abgestorbenen Baum zu, dessen kahle Äste wie ein mächtiges Spinnennetz in den Himmel ragten.
Mit aller Kraft brach sie einen armdicken Ast ab.
Das Holz war morsch und zerbröckelte an vielen Stellen. Aber ein ungefähr unterarmlanges Stück schien noch recht stabil zu sein.
»Ghouls sind die Schakale der Dämonenwelt!« sagte Tina Berner bei sich. »Und Schakale sind feige. Man vertreibt sie mit einem Prü- gel. Mit diesem hier beispielsweise!« Sie schwang den Knüppel einige Male durch die Luft, daß ein leises Sausen zu vernehmen war.
»Kommt nur, wenn es euch hungert!« sagte sie und bemühte sich um Festigkeit in der Stimme. »Hier gibt es jede Menge Knüppelsuppe. Und blaue Flecken zum Dessert!«
Den Stock mit beiden Händen in schlagbereiter Angriffsposition haltend setzte Tina Berner ihren Weg fort.
Doch sie erkannte, daß die Kreise der Ghouls immer enger wurden. Schon sah sie die abgrundtief häßlichen Gesichter der Leichenfresser. Sie vernahm das Schnalzen klebriger Zungen und hörte das Knirschen von Zähnen.
Die grünschwarzen Leiber der Bestien waren wie aus einer gallertartigen Schleimmasse geschaffen, die Tina Berner an einen gräßlichen Tintenfisch erinnerte, und die Schädelform war die grauenhafte Parodie dämonischer Macht auf das Gesicht eines Menschen.
Schwammige Arme langten nach Tina Berner. Schon spürte sie, wie die Horrorwesen sich hinter ihr an sie heranmachten.
Glibberige Finger glitten über ihre nackte Haut. Ekelerregendes Gefühl überfloß sie bei dieser Berührung.
Tina Berner wirbelte herum und schlug mit dem morschen Ast blindlings zu, als sie spürte, daß die Ghouls sie fast auf Greifnähe erreicht hatten.
Immer wieder rutschten die glibberigen Finger über ihren Körper, ohne Halt zu finden. Wie Schlangen glitten die Hände der Ghouls um ihre Arme und Beine.
Blindlings schlug Tina Berner zu. Ihr Körper kreiselte herum, und die Hiebe fielen hageldicht.
Kreischen und Quieken um sie herum signalisierte die Treffer. Die Ghouls verspürten Schmerz.
Das gab dem Girl neue Hoffnung und
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