0323 - Gefangen am Todesfelsen
Gesicht einer zudem weiß geschminkten Chinesin mit langen Vampirzähnen starrte. Sie fauchte mich an wie ein echter Blutsauger, während sie mit ihren rot geäderten Augen rollte.
Ich ging jetzt aufs Ganze, zog die Beretta und drückte ihr die Mündung gegen die Stirn.
»Wo hält sich das Fratzengesicht versteckt!« zischte ich ihr entgegen.
»Wo, zum Teufel?«
»Ich… ich …« Sie antwortete mir ebenfalls in Englisch und zischte ein »Hau ab!« hinterher.
»Nein!«
Dann tat sie etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Sie schlug die Pistole kurzerhand zur Seite, so daß die Mündung neben ihren Kopf in ein Kissen stach.
Mit dieser Aktion hatte sie mich überrascht, und sie überraschte mich auch mit der nächsten, denn bevor ich es verhindern konnte, hatten ihre beiden Hände zugegriffen.
Ihr Ziel war meine Kehle!
Hart wurde sie umklammert. Zehn Finger drückten zu, schnürten mir die Luft ab. Es dauerte bestimmt drei oder vier Sekunden, bis ich mich gefangen und auf die neue Lage eingestellt hatte.
Ich hatte mich mit der linken Hand auf den Sargrand gestützt und setzte dem Zug einen Gegendruck entgegen. Für mich war das kein Theater mehr, sondern Ernst.
Hier wollte man mich töten!
Meine Kräfte waren größer. Obwohl die Hände sich um meine Kehle gekrallt hatten, gelang es mir, den Oberkörper in die Höhe zu biegen.
Da die Frau nicht losließ, machte sie die Bewegung mit und wurde praktisch von mir aus dem Sarg gehievt.
Eine verrückte Situation. Ein Schauspiel, das vor den Augen zahlreicher Zuschauer ablief, wobei ich noch immer nicht wußte, ob der Vampir echt war.
Eine Probe aufs Exempel konnte ich auf dieser Bühne und unter den Augen zahlreicher Zuschauer nicht versuchen. Hatte ich unrecht und keinen Vampir vor mir, wäre ich ein Mörder gewesen.
Diese Schuld wollte ich auf keinen Fall auf mich laden.
Deshalb schlug ich mit der Beretta zu. Ich hatte weit ausholen müssen und traf sie am Kopf.
Es war kein schwerer Treffer. Sie zuckte zusammen, ließ aber nicht los, und mir wurde allmählich die Luft knapp.
Verdammt, ich mußte mir was einfallen lassen.
Ich brachte meine Hände hoch und zwischen ihre Arme. Dann stieß ich meine eigenen nach links und rechts weg.
Der Griff wurde gesprengt.
Ich hörte einen Wutschrei, als die Frau zurücktaumelte und im Dunkel der Bühne verschwand. »Ich kriege dich. Ich kriege dich…«
So lauteten ihre Worte.
Es war mir egal, was sie sagte. Ich wußte nun, daß ich kein willkommener Gast war.
Ich drehte mich um.
Der Vampir kam aus der Luft.
Ein vielstimmiger Zuschauerschrei erreichte meine Ohren, als der Blutsauger gegen mich prallte. Es war ein Zusammenstoß, dem ich nichts entgegenzusetzen hatte.
Mit dem Rücken prallte ich auf den ersten Sarg, spürte die Hände des anderen an meinen Schultern und wurde hart auf die Totenkiste gepreßt.
Das Gesicht sah ich dicht vor mir.
Weiß geschminkt, aber blutrot die Zähne, die in meinen Hals beißen wollten.
Ich hörte auch Schritte auf dem Bühnenboden. Der weibliche Vampir eilte herbei und blieb in der Nähe stehen. »Ja, töte ihn! Raub ihm das Blut!«
Das alles hörte sich verdammt echt an. Wie die Zuschauer reagierten, ob es unter Umständen zu einer Panik kam, war mir jetzt egal, denn ich hatte etwas Schreckliches festgestellt.
Mein Gegner konnte zwar reden, fauchen und flüstern. Nur etwas brauchte er nicht.
Zu atmen!
Der Vampir war echt!
***
Und wieder war Zeit vergangen.
Ob Stunden oder Tage konnte Mandra Korab nicht sagen. Er befand sich eingeschlossen und völlig verändert unter Deck der verdammten Dschunke. Er konnte denken, fühlen, Stimmungen aufnehmen und sicherlich auch reden oder schreien – nur etwas gelang ihm nicht.
Sich zu bewegen!
Mandra steckte fest und er besaß keinen Körper mehr. Ob er überhaupt noch existierte, wußte er ebenfalls nicht zu sagen. Jedenfalls spürte er ihn nicht mehr.
Nur sein Gesicht war vorhanden.
Zusammen mit den anderen Fratzen befand es sich innerhalb der Bordwand. Es waren schaurige Physiognomien, die sicherlich auf ihre endgültige Befreiung warteten, wie auch Mandra Korab. Sich vorzustellen, das Schicksal für immer und ewig mit den anderen teilen zu müssen, wollte ihm nicht so recht gelingen. Seine Gedanken beschäftigten sich sehr oft mit der Suche nach einem Ausweg. Nur war die Magie des anderen einfach zu stark.
Der andere! Auch Fratzengesicht genannt. Der Dämon, auf den es Mandra ankam. Wegen dieser Schreckensgestalt hatte
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