0325 - Das Zeitexperiment der Verbannten
die Akustoden abnahm und sie ihm übergab, weil er an der Reihe war.
Er schob sich die Gabel über den Kopf, schaltete das Band ein und lehnte sich zurück.
Zwanzig Minuten lang dröhnten die Laute einer Stimme auf ihn ein, die so moduliert war, daß ihre Aussage möglichst tief in das Bewußtsein des Hörers eindrang. Es war eine mechanische Stimme, obwohl niemand das auf eine bloße Hörprobe hin hätte entdecken können. Sie sprach monoton, solange es um das Aufzählen statistischer Daten ging, und kam merklich bewegt, wenn Dinge berichtet wurden, die aus dem Rahmen des Alltäglichen fielen. Sie war wirkungsvoll. Charlie glaubte zu spüren, wie die Zahlen, Daten und Begriffe durch die Gehirnrinde drangen und sich irgendwo weit unten niederließen, wo sie ihm zur Verfügung stehen würden, wann immer er sie brauchte.
Trotzdem war er, als das Band abgelaufen war und anhielt, enttäuscht. Er wußte, daß der Zielplanet Pfranat hieß und daß er vermutlich die Heimatwelt der Gurrads war, mit denen die Flotte kürzlich in Verhandlungen gestanden hatte. Man nahm an, daß die Gurrads von einer Kontrollkraft, die sich die Zweite Schwingungsmacht nannte, von ihrem Heimatplaneten vertrieben worden waren, weil sie sich anheischig gemacht hatten, eine Art Zeitmaschine zu bauen. Pfranat war fünfzehntausend Lichtjahre vom derzeitigen Standort der Flotte entfernt, und der Flug dorthin würde, wenn es keine Störungen gab, rund acht Stunden dauern.
Das war alles, was über Pfranat oder das bevorstehende Unternehmen gesagt wurde.
Der Rest befaßte sich mit den Gurrads, ihren Eigenheiten, ihrer Denkweise, ihrer Technologie und so fort. Der Grund war klar. Pfranat war eine Gurrad-Welt. Es mochte von Nutzen sein zu wissen, wer die Gurrads waren, bevor man Pfranat betrat.
Trotzdem war Charlie Weasel enttäuscht. Er konnte sich des Verdachts kaum erwehren, der Mann, der das Band herstellte, hätte nur deswegen so lange über die löwenmähnigen Gurrads gesprochen, um zu vertuschen, daß er über Pfranat und die Gefahren, die ihnen bevorstanden, nichts wußte.
Derselben Ansicht war Inka, nachdem er sich das Band angehört hatte. Sie kamen aber nicht mehr dazu, sich in die bei solchen Anlässen übliche Diskussion zu verstricken. Der Interkom rief sie zum Kommandostand.
*
Im Kommandostand wartete eine Ordonnanz, die die drei Mathematiker ein halbes Deck weiter in die Tiefe und zu den Privatgemächern des Arkoniden führte. Beim Durchqueren des Kommandostands fand Charlie Weasel Gelegenheit, den Panoramaschirm in Augenschein zu nehmen. Die IMPERATOR III befand sich bereits im Linearflug. Navo-Nord, von wo sie vor kurzem aufgebrochen waren, lag schon Hunderte von Lichtjahren weit zurück.
In einem nicht allzu großen, jedoch mit erlesener Eleganz eingerichteten Raum erwarteten sie zwei Personen, denen Charlie vor ein paar Stunden schon einmal gegenübergestanden hatte: Atlan und Roi Danton. Danton trug nach wie vor sein Stutzergewand. Inka musterte ihn mit einem nicht sonderlich respektvollen Blick.
„Die Herren Mathematiker': lächelte der Arkonide. „Leutnant Weasel wir kennen uns. Ich darf Sie bitten, mir die beiden anderen Herren vorzustellen."
Charlie streckte den Arm aus und wies der Reihe nach auf seine Gefährten.
„Opa", sagte er unbefangen, „und Inka."
Atlan schenkte ihm einen undurchdringlichen Blick.
„Opa", wiederholte er gedankenvoll „und Inka."
Charlie beeilte sich, seinen Fehler wettzumachen.
„Bitte um Verzeihung, Sir. Captain Andersson und Leutnant Katz."
Der Arkonide verneigte sich leicht in Richtung der beiden Mathematiker.
„Ihnen, meine Herren, fällt bei diesem Unternehmen womöglich die wichtigste Aufgabe zu", ging Atlan ohne weiteres Zögern zur Sache über. „Wir kennen die Bedingungen nicht, unter denen wir zu Werke gehen müssen. Ganz gleichgültig, wieviel unsere Analytiker von Bord aus vor der Landung über die Umstände auf Pfranat herausfinden können - blitzschnelle Erfassung von Details an Ort und Stelle wird auf jeden Fall vonnöten sein. Ich denke an die Verwendung mathematischer Modelle..."
„Logischer", warf Inka ein und machte zu seiner Respektlosigkeit ein völlig unbewegtes Gesicht.
„Bitte?"
„Logischer Modelle, Sir. Mit Hilfe von mathematischen Modellen können Sie die Entwicklung des Wetters erfassen. Um einen Gegner zu verstehen, brauchen Sie ein logisches Modell."
Roi Danton grinste jetzt. Der Arkonide zeigte sich leicht irritiert.
„Die Idee war
Weitere Kostenlose Bücher