0325 - Die Loge der Henker
Augenblicks stören!« klang es unter einigen Kutten hervor. Doch der Vorsitzende hob die Hand.
»Sie sollen reden, so lange sie es noch können!« bestimmte er.
»Denn sonst nehmen wir ihnen die Möglichkeit, öffentlich Buße zu tun und Gott um Verzeihung anzurufen!«
»Dieses Recht haben wir dem Zauberer auch nicht eingeräumt!« wurde entgegnet. »Werwölfe sind schlimmer als Zauberer!«
»Aber wir haben doch schon erklärt, daß wir keine Werwölfe sind!« schrie Pierre Lacom. »Solche Biester gibt es nicht. Nur in den alten Sagen und in Fantasien. Ich schwöre bei Gott, daß ich die Wahrheit sage!«
»Dieser scheint ein besonderer Diener des Teufels zu sein!« erklärte ein Kuttenträger. »Der Satan hat ihm Macht verliehen, den Namen Gottes zu mißbrauchen. Ihr wißt, was das bedeutet?«
»Die Befragung mit der Folter… und den Tod in den Flammen!« hörte Pierre Lacom sein Urteil dumpf aus den Kapuzen flüstern.
»Beweist uns, daß wir Werwölfe sind!« forderte Pierre heraus.
»Wir brauchen keine Beweise – wir haben euer Geständnis!« gab der Vorsitzende der Dämonenhenker zurück. »Für die Hinrichtung genügt das vollständig. Vielmehr gebe ich euch die Möglichkeit, mir glaubhaft klar zu machen, daß ihr keine Wölfe in der Gestalt von Menschen seid!«
»Aber… wie sollen wir das beweisen?« fragte Philippe. »Wir wissen doch gar nichts über Werwölfe … oder nur das, was man so aus Gruselfilmen und Gespensterromanen kennt!«
»Werwölfe haben zusammengewachsene Augenbrauen – wie ihr sie auch habt!« erklang die Stimme des Schriftführers. »Und sie haben einen behaarten Körper – wie ihr!«
»Aber es soll Menschen geben, die aufgrund einer Drüsenkrankheit am ganzen Körper mit Haaren wie mit einem Fell bedeckt sind!« schrie Philippe laut. »Das müßten dann doch auch Werwölfe sein. Oder«, fügte er mehr für sich selbst hinzu. »Sie sind sicher ein Grund für die Werwolfslegende!«
»Warum machen wir nicht die Probe mit ihnen?« fragte ein Dämonenhenker.
»Weil es bereits in der Nacht ist und der Teufel sie da zu schützen versteht!« gab der Vorsitzende zurück. »Ich bin sicher, daß sie sich sofort verwandeln, wenn wir den Wolfspelz unter ihrer Haut finden!«
»Aber ich bin dafür, daß wir die Angelegenheit genau überprüfen!« mischte sich ein anderer Dämonenhenker ein. »Das Leben eines Menschen ist zu kostbar, als daß man nur dem äußeren Anschein glauben dürfte. Wir hätten heute morgen in unserer Verblendung fast eine Unschuldige getötet. Wenn Padre Domingo nicht gekommen wäre, dann lastete auf unser aller Seelen jetzt das Leben eines Menschen!«
»Aber die beiden Franzosen haben doch ein Geständnis abgelegt!« wandte Esteban Sanchez ein, der sich unter der Kapuze des Vorsitzenden verbarg. Miguel Lopez war es, der Bedenken hatte. Und insgeheim war der Bürgermeister froh, daß ein anderer eine neue Untersuchung forderte, die er nur allzu gern gewährte. Doch er selbst hätte, wenn er bei der Urteilsverkündung zauderte, zu viel Autorität eingebüßt.
»Sie haben es widerrufen!« gab Lopez zu bedenken. »Sie sagten, daß sie uns einen Schreck einjagen wollten. Für sie scheint es keine echten Werwölfe zu geben. Gerade unser verehrter Bürgermeister«, er räusperte sich bezeichnend, »behauptet ja immer, daß die Menschen im Tiefland, also südlich der Berge, ganz anders sind als das Volk, das auf den Höhen lebt!«
»Ich gebe zu, da ist etwas dran!« erklärte Esteban Sanchez.
»Handeln wir nicht vorschnell, sondern versuchen wir sicher zu gehen, daß die beiden Beklagten tatsächlich schuldig sind!« rief Miguel Lopez. »Ein Leben zerstören ist sehr einfach. Aber wer einmal dahingegangen ist, den kann kein Mensch zurückholen. Wenn wir sie töten, ohne daß ihre Schuld zweifelsfrei erwiesen ist, dann laden wir jeder für sich uns eine Todsünde auf die Seele.«
»Was schlägst du vor? Wie sollen wir den Fall untersuchen?« klang es ringsum im Sprachgewirr.
»In der alten Überlieferung heißt es, daß die Verwandlung vom Menschen zum Wolf einige Zeit in Anspruch nimmt!« rief Miguel Lopez mit lauter Stimme. »So wie die beiden Gefangenen gebunden sind, können sie keinen Fingerbreit von der Stelle. Wir werden aus Ästen zwei Gestelle bauen, auf denen wir zwei Flinten so ausrichten, daß ihre Läufe genau auf die Herzen der Gefangenen zeigen. Die Waffen werden mit Silberkugeln geladen, und zwei Mann von uns legen die Finger an den Abzugbügel.
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