0325 - Sie tanzten, wenn die Ratte pfiff
haben, dass Mr. High kurz vor seinem Verschwinden mit Ihnen gesprochen hat. Wir erhofften uns von Ihnen eine Aufklärung über den Inhalt dieses Gespräches und damit vielleicht auch eine Erklärung für Mr. Highs Verschwinden. Und nun sagen Sie uns, Sie könnten uns gar nichts sagen, denn Sie hätten Mr. High versprochen, niemandem etwas davon zu erzählen!«
»Ich habe euch schon einmal gesagt«, schnaufte Wilding, »dass ich lediglich versprochen haben, keinem Menschen zu erzählen, was High von mir wollte. Wenn ihr ein bisschen Grips hättet, würdet ihr mal nachdenken und bestimmt auf Fragen kommen, die in dieselbe Richtung zielten wie die, die mir euer Chef gestellt hat. Statt beleidigt herumzuknurren, solltet ihr wirklich mal euren Grips anstrengen. Ich habe immer gehört, die Burschen vom FBI wären die durchtriebensten Detectives, die in der Welt herumliefen. Bei euch merkt man nicht viel davon.«
***
Er beugte sich vor und beschäftigte sich mit seinem Kaffee. Ich war ziemlich in Rage, aber ich zwang mich zur Ruhe. Gut, Wilding hatte vielleicht recht. Es musste irgendwelche Zusammenhänge geben, die wir nicht sahen. Mr. High war verschwunden und suchte Richard David Ackerman. Horrace Wilding hatte zu einer Bande gehört, die vor rund dreißig Jahren von Richard Ackerman geleitet worden war. Welche Verbindung gab es jetzt zu Mr. High?
»Hören Sie mal, Wilding«, brummte Phil auf einmal. »Erzählen Sie uns ein bisschen über Ackerman. Ich meine, über den Boss der Bande, zu die Sie seinerzeit gehört haben.«
Horrace Wilding strahlte übers ganze Gesicht.
»Auch ein blindes Huhn findet manchmal ein Korn«, sagte er. »Tja, was soll man da groß erzählen. Er war ein rabiater Bursche. Wer ihm widersprach, konnte von Glück reden, wenn ihm das nicht mehr als ein paar ausgeschlagene Zähne eintrug. Als wir seinerzeit die Geschichte mit dem Lohnbüro planten, war unter uns abgemacht worden, dass auf gar keinen Fall dabei jemand umgelegt werden sollte. Niemand von uns hatte Lust, auf den elektrischen Stuhl zu kommen, wenn die Sache schief gehen sollte.«
Ich nippte ganz in Gedanken erneut an meinem Kaffee. Wildings Andeutung von dem blinden Huhn deutete ja darauf hin, dass Phil irgendwie auf die richtige Fährte gekommen war, aber ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie diese Fährte aussehen würde. Umso gespannter hörte ich Wildings Erzählung zu.
»Zuerst sah es so aus, als klappte alles«, fuhr der alte Mann fort. »Aber dann ging es eben doch schief. Der Werkschutz war viel schneller hinter uns her, als wir gerechnet hatten. Auf der Straße verloren zwei von uns die Nerven. Entgegen unserer ursprünglichen Abmachung rissen sie die Tommy Guns hoch und schossen zurück, um den Werkschutz an unserer Verfolgung zu hindern…«
Wilding schloss die Augen. In seinem Gesicht zuckte es.
»Es war eine ziemlich belebte Straße«, sagte er heiser, »Von einer der beiden Salven aus den Tommy Guns wurde eine Passantin getroffen, die mit ihrem Jungen spazieren gegangen ist. Später im Prozess kam das ja alles bis in die Kleinigkeiten raus. Also, die Frau brach zusammen, schrie fürchterlich und starb innerhalb der nächsten Minuten.«
»Wer hat die Frau erschossen?«, fragte Phil.
»Ackerman«, sagte Horrace Wilding schwer »Richard David Ackerman. Unser Boss. Derselbe Halunke, dem es als einzigem von uns gelang, zu entkommen. Er wurde in Abwesenheit zum Tode verurteilt, aber was heißt das? Er lebt ja heute noch. Und dieser Schuft hat den größten Teil der Beute mitschleppen können. An die sechzigtausend Dollar. Wenn er mir heute zwischen die Finger geriete, würde ich ihm noch jetzt den Hals umdrehen.«
Ich hatte die Stirn gerunzelt, Kaffee und die im Aschbecher qualmende Zigarette vergessen und wartete gespannt darauf, dass nun endlich die Erklärung kommen würde. Die Erklärung für die Zusammenhänge, die wir nicht ahnten.
Sie kam tatsächlich. Sie kam, weil Phil, ohne es selbst zu wissen, die einzig richtige Frage stellte. Und diese Frage lautete schlicht und einfach: »Wilding, wie hieß die Frau, die damals erschossen wurde?«
Horrace Wilding stand auf.
»Endlich«, sagte er. »Diese Frau hieß High. Der Junge, der seine Mutter auf dem Pflaster sterben sah, hieß John D. High. Es war nämlich seine eigene Mutter, die Richard David Ackerman da erschossen hatte…«
***
»Schweinerei!«, fluchte der dicke, ungefähr vierzigjährige Mann mit dem vollen, roten Gesicht, der
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