0326 - Der heulende Tod
Schließfach erkundigt«, sagte der Angestellte der Manhattan State Bank. »Darf ich bitte Ihre Legitimation sehen?«
Ich legte ihm meinen FBI-Ausweis auf die Marmorplatte. Er prüfte ihn wie eine 1000-Dollar-Note auf Echtheit.
»Es tut mir leid, Agent Cotton. Das genügt leider nicht. Aber sonst bin ich Ihnen gern behilflich.«
»Was heißt das? Ich muss dringend an den Safe.«
»Darüber entscheidet das Direktorium. Wenn Sie sich bitte dorthin bemühen wollen, Sir. Wenn Sie den Schlüssel hätten, wäre es einfacher.«
»Hatten denn der andere den Schlüssel?«
»Selbstverständlich! Das ist doch die Legitimation.«
»Dann nehmen Sie jetzt einfach einen Ersatzschlüssel.«
»Es gibt dafür keinen Ersatzschlüssel. Jeder Safe hat zwei Schlösser. Beide müssen zur gleichen Zeit geöffnet werden. Den Schlüssel zu dem einen Schloss haben wir. Das andere Schloss hat zwei Schlüssel. Die erhält der Mieter. Zum Öffnen weist er seinen Schlüssel als Legitimation vor. Ich gehe mit ihm und schließe gleichzeitig das zweite Schloss auf. Damit ist der Safe geöffnet. Verliert der Kunde seinen Schlüssel, wird der Safe auf seine Kosten aufgeschweißt. Das scheinen Sie zu wünschen, Sir. Obwohl Sie noch nicht zu unseren Kunden gehören.«
»Genau das wünsche ich.«
»Aber nicht ohne Beschluss des Direktoriums«, wiederholte der Bankbeamte unerschütterlich. »Es genügt auch schon die Unterschrift des Präsidenten Mr. McGreens.«
»Also los. Besorgen Sie sie bitte«', verlangte ich.
Einige Zeit später waren alle notwendigen Formalitäten erledigt. Der Schweißer begann bereits seine Arbeit.
Die Safekammer war wie ein Grabgewölbe. In meterdicken Beton eingemauert lag ein Stahlkasten neben dem anderen. Das Auf schweißen der kleinen Panzertür von Nr. 1943 würde zwei Stunden dauern, belehrte mich der Fachmann. Obwohl ich mir vorstellen konnte, was ich vorfinden würde, blieb ich dabei. Inzwischen befragte ich den Safebewacher über den Mann, der eine halbe Stunde vor mir, kurz nach Öffnung der Bank, den richtigen Schlüssel vorgewiesen hatte.
Er beschrieb ihn als einen Boten, der Flower Agency, eine Agentur, die nicht nur Blumen auslieferte, sondern auch Botenaufträge aller Art ausführte. Es würde leicht sein, ihn ausfindig zu machen. Ich bezweifelte jedoch, ob er uns weiterhelfen konnte. Dafür waren die Burschen zu geschickt. Welche Burschen? Nutzte es mir was, wenn ich sie immerhin schon »die Organisation« nennen konnte?
Ich hatte mich getäuscht. Der angeräucherte Safe war nicht leer. Für 75 Dollar Stierleder lag darin. Eierschalenfarbig und unerhört schick.
Nun fingen die Burschen auch noch an, mit mir Scherze zu treiben. Nie war ich entschlossener, als in diesem Augenblick, die Organisation auffliegen zu lassen.
***
Phil prüfte die Arbeitsresultate unserer Elektronengehirne. »Du wirst staunen, mein Junge« sagte er zu mir.
»Mach’s nicht so spannend. Was ist der gemeinsame Nenner bei unseren drei Raketentoten?«
»Erstens waren alle drei Nichtraucher.«
Ich fragte mich, ob Phil durch den Bombenangriff Schaden erlitten hätte. Aber er ließ mich zappeln.
»Zweitens waren alle drei im Alter von fünfzig bis sechzig Jahren. Genauer: Von zweiundfünfzig, Hosten, über siebenundfünfzig, Webster, bis neunundfünfzig, Goldenboom.«
»Das hätten wir notfalls auch ohne die Roboter herausgefunden.«
»Und alle drei haben im Krieg wichtige Zivildienste der Landesverteidigung übernommen und für den symbolischen Ehrendollar jährlich gearbeitet. Webster als Techniker sowieso. Hosten als Logistiker der Nachschublinien und Goldenboom als Organisator der kriegswichtigen Industrieumstellungen. Selbst wenn sie sich da bei ihren verschiedenen Aufgabenstellungen im riesigen Apparat des Pentagons getroffen haben sollten, so lernten sie sich spätestens in Dezember 1945 in Acapulco kennen. Das Pentagon spendierte seinen verdienstvollen Leuten nach dem Kriegsende einen zweimonatigen Urlaub in dem mexikanischen Luxusbad. Alle drei waren zur gleichen Zeit da.«
»Lass uns die Listen mit den Namen aller Urlaubsteilnehmer anfordern. Ich wette mit dir mein Monatsgehalt gegen ein Paar Ärmelschoner, dass wir auch noch einen vierten Bekannten dort antreffen.«
»Wen?«
»Randolph Corner, jetzt Präsident der E. B. C.«
Phil wollte nicht einmal einen schäbigen Einsatz riskieren. »Jetzt wird aber noch was anderes klar. Hier!« Er warf mir den Akte Williamson über den Tisch. Er war dünn. Viel hatte
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