0327 - Vampir-Witwen
auch der letzte Tropfen in ihrer Kehle verschwunden war.
Gemeinsam stellten sie die Gefäße wieder auf den Tisch.
Sie sprachen nicht.
Eine Schweigeminute legten sie ein und schauten sich gegenseitig an. Bis Violetta nickte.
»Ihr habt den Trank zu euch genommen. Es war das Blut unseres verstorbenen Mannes, das er einer jeden von uns bei der Trennung zum Geschenk gemacht hatte. Wir wußten, wer er war. Wir haben ihn dennoch geliebt, und wir waren ihm hörig. Niemand hat bisher das Blut mit dem schwarzen Keim getrunken. Wir taten es. Und wir werden nun mit ihm vereint sein, obwohl er nicht mehr unter uns weilt. Ist euch das klar?«
Die drei anderen nickten.
»Dann will ich zum Schluß kommen«, sagte Violetta und erhob sich von ihrem Platz. »Möge er uns die Kraft der Rache geben. Möge er dafür sorgen, daß alles wie geplant verläuft. Wir haben sein Blut getrunken. Für dieses Erbe wollen wir uns bei ihm bedanken. Wir sind wieder eins mit ihm. Er war unser geliebter Mann, er wird es immer bleiben, denn kein anderer Mann führte uns an. Das waren wir ihm schuldig. Dieser faszinierenden Persönlichkeit, dem fast Unsterblichen, dem Freund der Ratten, unserem Baron von Tirano…«
***
Die Kollegen hatten den Toten mitgenommen. Er war ihnen nicht bekannt gewesen, aber in den Labors würden sie versuchen, seine Identität herauszubekommen.
Ich bat sie zum Abschluß noch einmal um ein schnelles Ergebnis, was sie auch versprachen, obwohl sie sich darüber beschwerten, daß ich es immer besonders eilig hatte.
Dafür konnte ich nichts.
Die Conollys warteten im Wohnraum. Bill war zwischendurch nach draußen gegangen. Wo die Fledermaus gelegen hatte, sah er nichts mehr. Regenwasser hatte den Staub weggeschwemmt. Wahrscheinlich war er längst in irgendeinen Gully geflossen.
Ich griff zur Jacke.
»Du willst schon gehen?« fragte Sheila.
»Ja, was soll ich noch hier?«
»Aber es kann doch sein…«
»Nein, Sheila. Die Gefahr ist gebannt. Ich glaube nicht, daß man einen zweiten Versuch starten wird. Ich werde noch eine kleine Mütze voll Schlaf nehmen und hoffe sehr, daß ich zu Dienstbeginn schon ein Ergebnis vorliegen habe.«
»Das müßte zu machen sein«, sagte auch Bill.
Ich verabschiedete mich von Sheila und lächelte ihr noch aufmunternd zu. Bill brachte mich bis an die Tür. »Kann ich noch irgend etwas für dich tun?« fragte er.
»Ja, aber mehr für dich. Halte die Augen offen! Da braut sich etwas zusammen.«
»Nur bei mir?«
»Keine Ahnung. Auf jeden Fall werde ich auch mit hineingezogen.«
»Du bist schon drin, John.«
»Auch das.« Diese Antwort gab ich bereits, als ich den Wagenschlag öffnete. An meinem Freund vorbeifahrend, winkte ich ihm noch einmal zu und lenkte den Bentley auf den Serpentinenweg, der sich durch den Vorgarten schlängelte.
Das Tor stand offen. Ich rollte hindurch und bog nach links in die Straße ein. Hier hätte Bill vor einigen Tagen fast sein Leben verloren, als Zerberus, der Höllenhund, erschien. Ob das Auftauchen des Vampirs und des Killers doch mit diesem Fall zusammenhing?
Ich wußte es nicht, und ich konnte mir auch beim besten Willen keinen gemeinsamen Nenner vorstellen.
Wie dem auch sei, ich würde es erfahren. Allein die Tatsache meiner Existenz lockte die andere Seite immer aus der Reserve, und sie griff ständig an.
Bisher hatte ich die Anschläge gut überstanden. Ich hoffte stark, daß dies auch noch in Zukunft so sein würde.
Drei Uhr morgens war vorbei. Der Himmel zeigte noch ein düsteres Grau. Nicht mehr lange, dann würde die Sonne aufgehen.
London war ziemlich leer. Ich kam sehr gut durch. Die ersten Wagen der Reinigungsfirmen rollten über die Fahrbahnen. Auch zahlreiche Streifenwagen waren unterwegs. Während ich fuhr, dachte ich stets an die zurückliegenden Vorgänge und merkte nicht, wie die Zeit verging.
Ich war regelrecht überrascht, als ich mein Wohnhaus sah. Der Block stach düster in den Himmel. Die Fenster, die noch erleuchtet waren, konnte man an einer Hand abzählen.
Ich steckte den Schlüssel in die Sperre, damit ich sie lösen und das Rolltor zur Tiefgarage öffnen konnte. Dabei merkte ich, daß der Schlüssel hakte. Vielleicht war ich zu müde, jedenfalls maß ich dieser Tatsache keine große Bedeutung bei.
Ich rollte in die unterirdische Halle. Der typische Geruch umwehte mich. Nach Feuchtigkeit und Abgasen stank es. Jeder Bewohner besaß seine eigene Parkbox. Auch ich.
Sukos Harley stand stets neben dem Bentley. Die
Weitere Kostenlose Bücher