0327 - Vampir-Witwen
gewundene Einfahrt lief in einer Geraden aus. In der Nacht brannte nur mehr die Notbeleuchtung des Parkhauses.
Die Scheinwerfer des Bentley schufen helle Inseln in das Dämmer.
Wenn ich den Bentley in eine Kurve zog, streiften die langen Finger wie geisterhafte Strahlen über den Lack der abgestellten Fahrzeuge. Die Scheiben warfen das Licht blitzend zurück.
Ich fuhr meinen Bentley in die mir bekannte Parktasche, löschte die Scheinwerfer, stellte den Motor ab und hakte den Sicherheitsgurt los.
Alles Dinge, die ich automatisch tat. Ich schaute auch in Rück- und Innenspiegel.
Diese Maßnahmen waren mir in Fleisch und Blut übergegangen, denn ich war mehr als einmal schon im Parkhaus erwischt und von meinen Gegnern überrascht worden.
In dieser Nacht tat sich nichts.
Ich stieg aus, schloß die Tür ab und wandte mich den Aufzügen zu.
Auf halbem Wege blieb ich stehen. Ein Wagen, den ich bisher noch nie hier gesehen hatte, war mir aufgefallen.
Ein dunkelblauer Rolls!
Ich stutzte und glaubte nicht daran, daß er einem der Mieter gehörte.
Vielleicht hatte jemand Besuch bekommen und den Wagen abgestellt, denn es gab für solche Anlässe stets einige freie Parktaschen.
Die Scheiben waren stark getönt, deshalb konnte ich auch nicht erkennen, ob der Wagen leer war.
Ich wollte noch mein Bett von innen sehen und ging deshalb schneller auf den Lift zu.
Bevor ich die Tür erreichte, hörte ich Schritte. Nicht schleichend, sondern normal. Sie näherten sich von rechts, so daß ich den Kopf drehte, um zu sehen, wer dort kam.
Eine dunkle Gestalt.
Sofort erwachte in mir das Mißtrauen. Wer trieb sich schon nachts in einer Tiefgarage herum und zog sich dabei so an, daß er kaum zu erkennen war?
Ich ließ die Gestalt näherkommen. Sehr schnell erkannte ich, daß es sich bei ihr um eine Frau handelte.
Eine Frau in einem schwarzen Kostüm und einem Schleier, der das Gesicht völlig verdeckte.
»Guten Morgen!« Unter dem Schleier hörte sich die Stimme seltsam gepreßt an, als mich die Frau begrüßte.
Ich erwiderte den Gruß.
»Sie fahren nach oben?« fragte sie mich.
»Ja.«
»Da wollte ich auch hin.«
Jetzt war ich neugierig. »Wohnen Sie hier, Madam?«
»Nein, ich möchte nur jemanden besuchen. Mein Mann ist gestorben, und ich muß jetzt mit einem Menschen darüber sprechen. Hier im Haus wohnen Bekannte von mir.«
»Ah so. Gehört Ihnen vielleicht der Rolls?«
»Ja.«
»Dann ist ja alles klar.«
»Wieso?«
»Ach, wissen Sie, ich war ein wenig mißtrauisch, als ich den fremden Wagen entdeckte. Es ist ja so, man kennt die meisten Fahrzeuge. Wenn dann eines dabei ist, das nicht in den Rahmen hineinpaßt, wird man eben vorsichtig.«
»Ja, das meine ich auch.«
Sie stand fast neben mir. Ich versuchte vergeblich, die Züge hinter dem Schleier zu erkennen.
»Wollen Sie nicht einsteigen, Mister?« fragte sie mich.
»Natürlich, entschuldigen Sie mich! Es macht die Müdigkeit. Ich brauche ein Bett.«
»Das kann ich verstehen.«
Ich zog die Eisentür auf. Nichts warnte mich, ich war auch zu sehr in Gedanken und wollte der unbekannten Frau den Vortritt lassen.
»Nein, nein, nach Ihnen.«
Ich ging vor, schaute in die Kabine hinein und glaubte zu träumen.
Vor mir standen zwei Frauen.
Beide verschleiert, beide schwarz gekleidet. Ebenfalls Witwen.
Da stimmte etwas nicht.
Trotz dieser Vermutung reagierte ich viel zu spät, denn die beiden Frauen vor mir schlugen zu. Ihre Arme wurden plötzlich lang, die Körper streckten sich. Was die Witwen in den Händen hielten, sah ich nicht genau. Jedenfalls etwas Hartes, denn die beiden Schläge erwischten mich an der Schläfe und am Hals.
Ich sah Sterne, taumelte nach hinten und hörte die zischelnden Stimmen der Witwen. Das altbekannte Puddinggefühl erreichte meine Knie und ließ die Beine weich werden.
Noch hielt ich mich aufrecht. Mit aller Macht kämpfte ich gegen eine drohende Bewußtlosigkeit an. Ich schüttelte ein paarmal den Kopf, merkte die dabei entstandenen Schmerzen und ging automatisch weiter zurück, wobei ich mir wie ein Betrunkener vorkam, dessen Glieder mit Blei gefüllt worden waren. Es grenzte schon an ein Wunder, daß ich mich so gut auf den Beinen halten konnte.
Die Witwen kamen. Ich sah sie nur als schwebende Schatten vor mir.
Ihre Stimmen hörte ich jetzt lauter. Sie schrien mir Haßtiraden entgegen, und ich hatte Mühe, überhaupt Kontakt mit dem Boden zu halten.
An meine Waffen kam ich nicht heran. Irgend etwas hatte meinen Arm
Weitere Kostenlose Bücher