0328 - Die Bestie aus dem Todestal
Wänden, dazwischen waren die Nachtkonsolen und das Fenster. Bill trat hinzu, öffnete es, indem er es hochschob, und ließ Frischluft und ein halbes Dutzend Mücken eindringen. Die Insekten störten ihn nicht; seit Jahren schon hatte er mit ihnen einen Vertrag. Er ließ die Stechinsekten in Ruhe und diese ihn. Nebenan rauschte Wasser.
Bill sah zum Feuerball der untergehenden Sonne hinüber. Er wünschte sich plötzlich nichts sehnlicher als einen Whisky. Er ahnte, daß es Schwierigkeiten geben würde. Vielleicht mit dem Ungeheuer, vielleicht mit den Menschen dieses Landstrichs, vielleicht mit Tandy Cant.
Bill atmete die Abendluft ein. Sie kam vom Westen, brachte den Geruch der Wüste mit sich. Irgendwo da draußen, nur ein paar Meilen entfernt, begann das langgestreckte Tal des Todes, das Abenteurern zur Erprobung ihrer Überlebenskünste und Autofirmen für Hitzetests ihrer neuentwickelten Prototypen diente. Wer das Tal des Todes unbeschadet überstand, überstand alles andere auch.
Der tiefste Punkt der Vereinigten Staaten, und auch der heißeste Punkt. Bill wußte nicht, ob es irgendwo auf der Welt einen Landstrich gab, in dem größere Hitzegrade herrschten als hier.
Das Wasserrauschen hörte auf. Nach einer Weile tauchte Tandy Cant auf. Sie trug nur ein Handtuch, das sie sich um den Kopf geschlungen hatte, um das nasse Haar zu schützen, und ließ sich unbekümmert neben ihrem flachen Köfferchen auf das Bett sinken.
Bill starrte sie an.
Er verglich sie wieder mit Manuela Ford. Das Gesicht war ähnlich, der Körper… es gab Unterschiede. Zu große Unterschiede. Und doch war etwas an diesem Mädchen, das ihn reizte, herausforderte.
Er atmete tiefer.
»Darf ich das Ergebnis der Musterung erfahren?« fragte Tandy Cant schließlich.
Bill riß sich zusammen. »Du solltest dir etwas anziehen«, sagte er.
»Wollten wir nicht nach unten gehen und Leute ausfragen?«
»Das hat doch Zeit bis später«, sagte sie rauchig.
Verrat, dachte Bill. Es wäre Verrat an Manuela, die ich immer noch liebe. Aber Manuela ist tot. Sie hätte bestimmt nicht gewollt, daß ich den Rest meines Lebens allein bleibe…?
Er ging hinüber ins Bad und stellte sich ebenfalls unter die Dusche. Als er fertig war, hatte Tandy sich zu seiner Erleichterung wieder angekleidet, gemeinsam gingen sie nach unten, und wie zufällig streifte ihr Körper einige Male den seinen. Jedesmal war Bill wie elektrisiert.
Erst unten im verräucherten Salon erkannte er, was ihm oben beim Verlassen des Zimmers aufgefallen war: ein paar Mücken hatten tot auf dem Fußboden gelegen.
***
»Ich hatte gehofft, Sie würden erst morgen gegen Mittag kommen«, brummte Wesley T. Stoux, der Berichterstatter, wie es auf der als Türschild an der Klingel befestigte Visitenkarte zu lesen stand.
Stoux war untersetzt, kahlköpfig und das, was man als wohlbeleibt bezeichnen könnte. Grüne Augen taxierten zunächst Nicole, dann Zamorra, und Stoux zuckte die Schultern, als er erkannte, daß Nicole in festen Händen eines Mannes war, mit dem man sich lieber gut stellte. »Kommen Sie rein.«
Es war relativ einfach gewesen, die Adresse in der 25000-Einwohner-Stadt Lamont zu finden. Stoux wohnte in einem kleinen Fertighaus am Stadtrand. Es gab einen gepflegten Rasen vor dem Haus, den obligatorischen Pool hinter dem Haus und einen altersschwachen VW-Rabbit in der offenen Garage. Drinnen sah es etwas wüster aus. Überall lagen angefangene Reportagen und Fotos in allen Größen herum, hier und da Zeitungen, mehr oder weniger zusammengeknüllt oder gestapelt. Einige leere Cola-Dosen, ein angetrunkenes Bier und ein Testbildproduzierender Fernseher, auf den niemand achtete, ergänzten den Eindruck. Stoux wohnte allein hier.
Stoux bot Sitzplätze und Getränke an.
»Hier ist das Foto, Monsieur Zamorra«, sagte er dann. Er reichte dem Parapsychologen eine Farbvergrößerung und das Bildnegativ.
Zamorra hielt das Negativ gegen das Licht- und verglich.
Da schien nichts getrickst worden zu sein.
Auf der Farbvergrößerung wirkte das Ungeheuer noch scheußlicher als in der Zeitung.
Stoux schob noch einige Bilder über den niedrigen Tisch. Sie zeigten zwei Skelette und den umgestürzten Geländewagen. Zamorra betrachtete die Skelette.
»Die Farben sind echt?« fragte er.
Stoux nickte ernsthaft.
»Normalerweise müßten sie ausgebleicht sein, nicht wahr? Aber sie liegen tatsächlich erst seit ein paar Tagen da, beziehungsweise sind inzwischen fortgebracht worden. Und
Weitere Kostenlose Bücher
Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Online Lesen
von
Mike Krzywik-Groß
,
Torsten Exter
,
Stefan Holzhauer
,
Henning Mützlitz
,
Christian Lange
,
Stefan Schweikert
,
Judith C. Vogt
,
André Wiesler
,
Ann-Kathrin Karschnick
,
Eevie Demirtel
,
Marcus Rauchfuß
,
Christian Vogt