033 - Die Frau aus Grab Nr. 13
verneigte sich.
»Gestatten, Skarabäus Toth.«
Es hörte sich an, als würde jemand mit Papier oder welkem Laub rascheln.
Er beugte sich über Elkes Hand und küßte sie schmatzend. Dieter merkte, daß sie angewidert das Gesicht verzog.
Skarabäus Toth deutete auf seinen Begleiter und stellte ihn vor. »Das ist der Schloßherr, Graf Gyrano von Behemoth. Er war so gütig, mir zu erlauben, Sie beide auf sein Schloß einzuladen.«
»Ich hoffe, Sie fühlen sich bei mir wohl«, sagte von Behemoth und drückte ebenfalls einen schmatzenden Kuß auf Elkes Handrücken, daß sie vor Ekel zusammenzuckte. »Ich werde mich jedenfalls bemühen, Ihnen jeden Wunsch zu erfüllen. Jeden – auch den geheimsten.« Dabei blinzelte er Elke zu.
Dieter fand die Sprache wieder. »Vielleicht ist es gar nicht nötig, daß wir lange bleiben«, sagte er unsicher. »Wenn die Formalitäten mit Dr. Toth geregelt sind, können wir …«
»Aber, aber, Herr Houlkmann!« sagte Skarabäus Toth jovial. Er legte ihm seine gegerbte Hand auf die Schulter, daß Dieter ein seltsames Kribbeln verspürte, und führte ihn auf die Treppe zu.
Dieter drehte sich nach Elke um und begegnete dem Blick des großen, weißen Augenersatzes des Grafen. Darin spiegelte sich Elke. Er sah sie ganz klein und verzerrt. Sie zappelte hilflos in dem eiförmigen Ding, schien in eine bodenlose Tiefe zu fallen, wurde immer kleiner. Sie war seine Gefangene.
»Ich weiß, daß Sie gar nicht so in Eile sind, wie Sie tun«, fuhr Skarabäus Toth fort, ohne die Hand von Dieters Schulter zu nehmen. »Ihnen steht alle Zeit der Ewigkeit zur Verfügung. Nehmen Sie die Einladung des Grafen an. Er ist äußerst umgänglich, eine Seele von einem Mann, wenn sein Äußeres auch – nun, wie soll ich sagen – nicht gerade anziehend ist. Aber wenn man ihm einen Wunsch abschlägt, kann er sehr unangenehm werden.«
»Ja, aber …«, versuchte Dieter einzuwenden.
»Es gibt gar kein Aber«, behauptete Skarabäus Toth. »Der Graf hat fest damit gerechnet, daß Sie am Fest teilnehmen. Er hat Zimmer für Sie vorbereiten lassen und hat Sie und Ihre Frau in der Tischordnung der Hochzeitstafel berücksichtigt. Sie würden alles durcheinanderbringen, wollten Sie uns so schnell wieder verlassen. Nein, Herr Houlkmann, das kommt nicht in Frage.«
»Hochzeitstafel?« wiederholte Dieter verständnislos. »Wo sind denn die Gäste? Ich habe weder bei der Auffahrt noch im Schloßhof Autos gesehen. Das Schloß liegt in völliger Dunkelheit da.«
Skarabäus Toth lachte humorlos. »Machen Sie sich deswegen nur keine Sorgen, Dieter. Ich darf Sie doch so nennen? Die geladenen Gäste finden den Weg hierher. Was die Verdunklung anbelangt, so muß ich Ihnen gestehen, daß sie tatsächlich ungewöhnlich ist. Aber es handelt sich nicht nur um eine snobistische Marotte des Grafen. Es hat etwas mit dem Hochzeitszeremoniell zu tun. Überhaupt ist diese Hochzeit nicht mit herkömmlichen Maßstäben zu messen. Aber ich will Ihnen nicht zuviel verraten. Gehen Sie zuerst auf Ihr Zimmer und erfrischen Sie sich! Die Nacht ist lang. Es bleiben Ihnen noch einige Stunden, bevor Sie gerufen werden. Um Mitternacht ist es dann soweit.«
»Finde ich vorher wenigstens Gelegenheit, mit Ihnen zu sprechen?« erkundigte sich Dieter. Er fühlte sich überfahren, gegen seinen Willen in eine Situation hineinmanövriert, die ihm alles andere als angenehm war. »Mir liegt sehr daran, die Angelegenheiten meiner Mutter schnellstens zu regeln. Das verstehen Sie sicher.«
»Ich habe für alles Verständnis«, behauptete Skarabäus Toth. »Machen Sie sich nur keine Sorgen! Es wird sich alles von selbst regeln.«
Dieter drehte sich auf der Treppe um. Er sah, wie Elke in Begleitung zweier Dienstmädchen die Halle durchquerte, und zwar nicht in Richtung der nach oben führenden Treppe, sondern auf eine der Türen im Erdgeschoß. Er begegnete ihrem Blick und sah das stumme Flehen darin.
»Meine … Frau«, sagte Dieter stockend. »Wohin bringt man sie? Ich möchte, daß sie bei mir bleibt.«
»Angst?« Skarabäus Toths kalte Augen blitzten spöttisch. »Nur keine Bange! Die Entführung Ihrer Frau ist ganz harmlos. Sie wird nur für die Nacht schöngemacht. In ihrer saloppen Kleidung gäbe sie eine klägliche Brautjungfer ab, das müssen Sie doch zugeben, Dieter. Und Sie können in diesem Aufzug auch nicht zum Fest erscheinen.«
Was für ein teuflisches Spiel wurde hier getrieben? Dieter hätte sich am liebsten aus dem Griff des unheimlichen
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