033 - Lautlose Bedrohung
gefangen halten, denn es verstößt gegen Ei'dons Gesetzte. Die sollten schwerer wiegen als eure Angst vor Entdeckung.«
Der innere Zweikampf, der sich daraufhin hinter Kal'rags Stirn abspielte, war deutlich in seinem Gesicht abzulesen. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, bevor er sagte: »Ich will sehen, was ich tun kann.«
Quan'rill nickte zufrieden. Plötzlich fiel ihm der Abschied von seinem Gastkörper seltsam schwer, denn er war größer und stärker als alles, was er bisher gekannt hatte. Doch der Hydrid wusste, dass es sein musste, und dass es gut war.
Er kappte alle Verbindungen und genoss ein letztes Mal das schwerelose Gefühl der Seelenreise. Es hatte nichts Beängstigendes für ihn, als sich sein haltloses Bewusstsein langsam im Wasser verteilte. Im Gegenteil. Einen winzigen Moment lang, kurz bevor seine jetzige Daseinsform endgültig endete, bekam er einen Eindruck von der kosmischen Größe und der Unendlichkeit des Lebens. Ein, warmes Gefühl nie gekannten Glücks durchströmte ihn, und er freute sich auf all die Erlebnisse, die in der neuen Welt auf ihn warteten.
Zurück blieb nur der Mensch Matthew Drax, der stöhnend mit den Augen zwinkerte, als erwachte er aus einem langen bösen Schlaf…
***
Die Truppen der Frevler erwiesen sich als etwas größerer Spähtrupp, der schnell die Flucht ergriff, als die Rochen aus Hykton die Korallenberge heimsuchten. Matt bildete mit Quart'ol ein eingespieltes Team, das nicht weniger als fünf Frevler ausmanövrierte und betäubte. Die Gefangenen wurden ins Hydrosseum gebracht, wo sie umgehend mit Tantron dämmenden Mitteln behandelt wurden. Die Man'tan-Besatzungen machten sich dagegen an die Verfolgung der Flüchtigen. Unterwegs vereinigten sie sich mit weiteren Hydriten des Neunerbundes, doch als sie in Drytor einrückten, fanden sie nur noch eine Geisterstadt vor. Die verbliebenen Frevler hatten sich in die dunkle Unendlichkeit der Tiefebene zurückgezogen, wo man sie nur schwer aufzuspüren vermochte. So blieben sie ein Stachel im heilen Bild des friedliebenden Fischvolkes.
Als die Hydriten die Häuser von Drytor durchsuchten, stießen sie auf ein Bild des Grauens. Viele Einwohner hatten die aufputschende Kraft des Kampfmittels nicht ertragen und waren an Überlastung gestorben.
Anderswo hatten sich ganze Familien gegenseitig umgebracht. Jene, die überlebten und sich der dunklen Seite ihres Volkes zuwandten, hatten schlimm gehaust.
Den schrecklichsten Fund machte Matthew jedoch im örtlichen Hydrosseum. In der Mitte der Eingangshalle, über der Abbildung von Mar'os fanden sie die Überreste der VIERTEN. Ihr Leib war durch einen tiefen Schnitt der Länge nach geöffnet worden und man hatte ihr das Herz entnommen. Vermutlich, um es zu essen.
Mar'os war ein grausamer Gott. Er duldete kein Versagen.
Der so sichtbar hinterlassene Fund war aber auch eine deutliche Warnung an alle Hydriten, dass der Mar'os-Kult lebte und sicher wieder von sich hören ließ.
Matt unterstützte seine Freunde so gut es ging bei den Aufräumarbeiten. Sein Einsatz im Kampf gegen die Frevler hatte sich herumgesprochen, und so begegnete man ihm überall sehr freundlich, obwohl eine menschliche Waffe das Unglück ausgelöst hatte. Es stimmte wohl doch, dass nichts die Menschen (oder Hydriten) stärker verband als eine Bedrohung von außen.
Zurück in Hykton waren die Tage mit Arbeit erfüllt, deshalb rechnete Matt mit nichts Persönlichem, als ihn der HÖCHSTE in den Tribunalsaal beorderte. Umso überraschter war der Ex-Commander, als er plötzlich den OBERSTEN der verbliebenen acht Städte gegenüber schwamm.
Kal'rag setzte ein feierliches Gesicht auf, als er verkündete: »Das Tribunal hat noch einmal deinen Fall beraten, Maddrax! Nach reiflicher Überlegung sind wir zu dem Schluss gekommen, dass es nicht mit Ei'dons Gesetzen zu vereinbaren ist, dich gegen deinen Willen festzuhalten. Selbst wenn wir uns dadurch der Gefahr aussetzen, von weiteren Menschen entdeckt zu werden.«
Einen Moment lang wusste Matt nicht, was er antworten sollte. Eine Armee widersprüchlicher Gefühle tobte in seiner Brust. Einerseits wurde seinem sehnlichsten Wunsch entsprochen, andererseits hatte er plötzlich das bittere Gefühl, nicht mehr erwünscht zu sein. Gerade jetzt, wo er anfing sich wohl zu fühlen, wo er so etwas wie eine Aufgabe hatte.
»Aber euer Kampf gegen die Frevler«, wandte er ein.
Der HÖCHSTE lächelte stolz. »Deine Bedenken ehren dich, Maddrax, aber das ist ein Problem,
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