0330 - Der Seelenwächter
Möbius hatte sich damals in sie verliebt.
»Am Rachen des Charon werdet ihr sicher erfahren, wo sich eure Freunde aufhalten!« erklärte Chiron. »Und nun wünsche ich euch alles Gute auf eurem Wege. Vergeßt nicht, daß ihr immer noch die Stärke des Herakles und seine Unverwundbarkeit besitzt. Wenn ihr angegriffen werdet, könnt ihr euch gut verteidigen. Doch die Wirkung des Tranks hält nicht ewig an. Lebt glücklich!«
Ohne ein weiteres Wort bäumte sich der Zentaur auf den Hinterläufen auf, warf sich herum und galoppierte davon. Drei Atemzüge später war er verschwunden.
»Wir hatten nicht einmal die Zeit, ihm zu danken!« murmelte Professor Zamorra.
»Hoffentlich hast du dir das Rezept für den Trank geben lassen!«
Carsten Möbius dachte praktischer. »Die Kraft des Herakles, dazu eine Art Unverwundbarkeit gegen Hieb- und Stichwaffen. Das brauchten wir dringend in unserem Kampf gegen die Hölle und die schwarzen Mächte. Und wenn mich mal wieder irgendwelche Strolche angreifen, wäre es auch ganz praktisch!« setzte er treuherzig hinzu.
»Nein, ich will das Geheimnis des Trankes nicht wissen!« sagte Zamorra entschieden. »Ein solcher Trank gehört ebensowenig in unsere Welt 70 wie damals die Tarnkappe des Zwergenkönigs Alberich, die du zurück in den Rhein geschleudert hast. Mir genügt das Wissen für meinen speziellen ›Fitneßtrank‹. Aber wo wir nun mal diese Stärke derzeit haben, laß sie uns nutzen, um hier herauszukommen!«
»Ich denke, wir werden Michael sehr leicht finden!« erklärte Carsten Möbius, während sie das Tor zu den Gefilden der Krieger durchschritten.
»Wo die Schwerter klirren, da ist er sicher und tobt sich aus!«
***
Für Michael Ullich und Corinna Bowers wurde es Nacht, als Zamorra die Filme verbrannte. Sie waren für einen kurzen Augenblick in tiefschwarze Dunkelheit gestoßen. Dann wurden die Konturen grau, und sie erkannten die veränderte Szenerie.
»Die Sache ist schief gegangen!« stieß Ullich hervor und zog Corinna an sich. Jedenfalls das, was hier unten von ihm und Corinna vorhanden war. Die Schatten des Lebens. Das Unsterbliche. Die Seelen in scheinbarer Gestalt.
»Wo sind wir hier, Micha?« fragte Corinna Bowers ängstlich.
»In der Vorhölle. In der Unterwelt!« klang neben ihnen die grabeskalte Stimme des Uromis auf. »Wir sind getäuscht worden. Man hat uns eine Falle gestellt und die Legionen, die Astaroth meinem Befehl anvertraute, vernichtet. Ich spüre, daß sie in den unermeßlichen Schlund des Abyssos gestürzt wurden. Nur ich war mächtig genug, mich gegen den Sog dort hinab zu wehren. Deshalb befinde ich mich in eurer Nähe – und wie ich an euren Worten hörte, wußtet ihr von dem Plan, der mein Heer vernichtete!«
»Professor Zamorra sagte, daß alles sehr einfach wäre!« gab Michael Ullich kleinlaut zu. Der Dämon Uromis war zwar hier unten in der gleichen Kriegergestalt erschienen wie er bei den Aufnahmen im Studio gewesen war – aber auf seine Art hatte er sicher recht. Für Michael Ullich, der jeden Kampf mit großer Fairneß und Ritterlichkeit austrug, war die ganze Aktion eine gemeine Falle gewesen, in die man Astaroths Legionen geführt hatte. Mit seinem Vorwurf hatte Uromis sicher recht!
Doch Astaroths Erzkanzler begann zu rasen, als er den Namen des Parapsychologen vernahm.
Der Meister des Übersinnlichen hatte einige Male die Pläne des Uromis und des Astaroth durchkreuzt. Doch hatte ihn der Höllenherzog niemals als ernsthaften Gegner erkannt. Nun wußte Uromis, daß sie Professor Zamorra unterschätzt hatten. Er mußte Astaroth unterrichten.
Doch das konnte Uromis nur, wenn er hier herauskam. Alleine war das unmöglich. Er hatte einiges von der Scheol vernommen – und das klang gar nicht sehr gut.
»Wenn du willst, setzen wir unseren Streit weiter fort!« erklärte Michael Ullich in diesem Augenblick entschlossen und schob Corinna hinter sich. »Ich weiß nicht, in welchem Zustand wir hier sind. Aber ich fühle mich, als ob ich einen Körper besitzen würde. Und die Waffen, die wir auf dem Film-Set hatten, besitzen wir noch. Tragen wir es also aus, Höllendämon. Tötest du mich, hast du deine Rache – wenn ich dich erschlage, dann folgt ein Feldherr seinem Heer!«
»Ich denke, wir sollten eine Art Burgfrieden schließen!« gab Uromis zurück. »Zusammen können wir versuchen, einen Ausweg aus diesem dunklen Ort, den Menschen und Dämonen fürchten, zu suchen. Alleine hat niemand eine Chance!«
»Ich glaube, er hat
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