0331 - Ninja, Zombies und Shimada
hatte uns zu einem Mann namens Oziko geführt. Er leitete ein großes Schuhgeschäft, in dem Helen Price, die tote Freundin des Yakup Yalcinkaya, beschäftigt gewesen war. Dieser Oziko war uns bei der ersten Begegnung bereits verdächtig vorgekommen, wir aber besaßen keine Beweise gegen ihn.
Er hatte sehr schnell reagiert und uns Killer auf den Hals geschickt. In der Halle eines Luxushotels war es zum Kampf gekommen, den die Killer verloren.
Für uns stand fest, daß wir die richtige Spur gefunden hatten und machten uns auf den Weg zum Kloster, in dem Yakup ausgebildet worden war. Hier wollten wir mehr über Shimada erfahren.
Es war nicht mehr möglich.
Shimadas Schergen hatten grausam gewütet. Wir waren auf Leichen gestoßen und selbst angegriffen worden. Man hatte uns nicht erwischt, dafür die Reifen des Geländewagens, so daß wir nicht mehr mit dem Fahrzeug zurückkehren konnten. Dies alles schien nach der Lage der Dinge sowieso zweitrangig geworden zu sein.
Wichtig war Shimada.
Die Spur hatte uns in die Kavernen und Katakomben des Klosters geführt. Hier waren wir von Shimada und seinen Helfern erwartet worden. Und wir sahen die Leichen der verstorbenen Mönche, die, einem alten Ritual folgend, auf einem Totenbaum aufgebahrt wurden.
Es war kein normaler Baum, wie er in der freien Natur wuchs, sondern ein selbstgemachter mit Ästen, mit Zweigen, die so angelegt worden waren, daß sie regelrechte Betten bildeten, in die man die Verstorbenen hineingelegt hatte.
Im tanzenden Schein des Fackelfeuers sahen die Leichen noch schauriger und unheimlicher aus, als sie tatsächlich schon waren.
Gerippe, halb verweste Tote oder noch welche, bei denen die Fingernägel noch ein Stück gewachsen waren, lagen in den Astbetten.
Dies hier war ein Raum des Todes, der ewigen Ruhe.
Shimada, Oziko und seine Schergen hatten ihn entweiht.
Mir war es schon lange trocken im Hals geworden, und ich bewunderte eigentlich die Ruhe meines Begleiters Yakup, der mich sogar noch mit Worten hatte beruhigen wollen.
Vielleicht hatte er bessere Nerven.
Für mich waren die anderen uninteressant geworden, denn mich interessierte allein Shimada. Ihn schaute ich an. Ihn wollte ich sehen, wie er in die Höhe stieg und sich mir zeigte.
Er war grauenhaft.
Höher und höher wuchs er. Ich dachte darüber nach, wie so etwas passieren konnte, denn ich hatte ihn als wesentlich kleiner in Erinnerung. War das der echte Shimada?
Noch hatte er kein Wort gesprochen. Dabei wußte ich, daß er meine Sprache verstand und auch beherrschte. Aus diesem Grunde wunderte ich mich und überwand meinen anfänglichen Schrecken. Ich wandte mich an den, der die lebende Legende ins Leben gerufen hatte.
»Sagen Sie, Oziko, was soll die Spielerei?«
Der Japaner lachte leise. Hinter seinen Brillengläsern wirkten seine Augen wie die eines toten Tieres. Zudem wurden sie noch rötlich angeleuchtet. »Spielerei?« fragte er und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was Sie damit meinen, Sinclair?«
»Das will ich Ihnen sagen. Ich kenne Shimada. Er ist auf gewisse Art und Weise einmalig, er ist gefährlich, ich habe ihm gegenübergestanden in einer anderen Welt, aber ich weiß, daß er nicht so gewaltig ist, wie er sich hier zeigt. Nicht so übergroß, daß er sogar noch den Totenbaum überragt. Das können Sie mir nicht erzählen.«
»Es ist Shimada!«
Ich hob die Schultern und schaute noch einmal zu ihm hin.
Ja, er war es, und er war es doch nicht. Diese Gestalt kam mir eher vor wie ein gewaltiger Schatten.
Oziko sah meine Skepsis. »Sie wollen mir nicht glauben, Sinclair?«
»Nein.«
»Soll ich es Ihnen beweisen?«
»Bitte.«
Er öffnete den Mund. Ich hatte das Gefühl, in eine Höhle zu schauen, aus der im nächsten Augenblick seine Stimme hervorbrandete.
»Shimada!« hallte es im nächsten Augenblick durch die unterirdisch gelegene Felsenhalle. »Shimada…«
Und der Dämon bewegte sich. Ich sah dieses Huschen, und im nächsten Augenblick erkannte ich die lange, gefährliche und beidseitig geschliffene Klinge des Samurai-Schwerts, das er stets bei sich trug. In der anderen Hand hielt er etwas, das ihm nicht gehörte.
Es war der Fächer!
Amaterasu, die Sonnengöttin, suchte ihn. Sie war von ihrem Bruder Susanoo in das Dunkle Reich verbannt worden und konnte erst befreit werden, wenn sie den Fächer besaß.
Das hatte bisher noch keiner geschafft. Selbst der goldene Samurai war daran zerbrochen. Freiwillig würde Shimada ihn nicht hergeben, und mit
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