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0332 - Besuch beim Geisterhenker

0332 - Besuch beim Geisterhenker

Titel: 0332 - Besuch beim Geisterhenker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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seinen Kopf vor. In seinen Augen sah ich ein kaltes Glitzern, das mir Angst machen konnte. »Ich bin der Herr dieses Gartens. Ich bin Marcel, der Folterknecht!«
    Sein Lachen schallte mir noch in den Ohren, als ich die Überraschung schon verdaut hatte. Mit vielem hatte ich gerechnet, nur damit nicht.
    »Ja!« giftete er. »Ich bin Marcel, und ich bin wieder da. Hast du gehört? Die Geister der Toten haben mir keine Ruhe gelassen. Ich kam zurück, um mich zu rächen. Alle werden zurückkommen. Ed Mosley, ich, und auch der Henker Abbot. Ich habe noch nichts verlernt. Ich ließ sie wieder schreien, und ich ließ sie meinen Trank trinken, wie ich ihn vor einigen hundert Jahren schon gebraut habe. So ist es und nicht anders. Diesmal stört mich keiner, auch du nicht.« Er stand ruckartig auf und bewegte die Hände.
    Ein Schauer rann über meinen Rücken, als ich es plötzlich knacken hörte. Es waren seine Gelenke oder die Sehnen, die er allmählich wieder einrenkte.
    Er stand vor mir wie das bucklige Frankenstein-Monstrum, hatte den Kopf schief gelegt und begann zu lachen. »Was ist schon ein gebrochenes Gelenk bei einem Mann, der über dreihundert Jahre tot ist? Nichts, rein gar nichts. Ich werde für immer und für alle Zeiten meinen Weg gehen. Keiner kann mich daran hindern.«
    Um dies zu beweisen, ging er einen ruckartigen Schritt nach vorn.
    Aber nicht auf mich zu, sondern woanders hin, denn er wollte wieder in das Gasthaus.
    »Bist du auch gegen Silberkugeln standfest?« rief ich.
    Er drehte nur den Kopf. »Willst du etwas sehen?«
    »Was?«
    »Ich zeige es dir.«
    »Eine Folterkammer?«
    »Vielleicht.«
    Verdammt, mir saß die Zeit im Nacken. Andererseits hatte er mir schon – ob freiwillig oder nicht – einige Informationen gegeben.
    Vielleicht konnte ich mehr erfahren.
    »Gut«, stimmte ich zu. »Ich werde mit dir gehen.«
    »Dann bleib du hinter mir.« Der Folterknecht lachte dreckig und steuerte seine Gaststätte an.
    Dieser Fall war einfach verrückt. Je tiefer ich in ihn hineindrang, um so verwirrender und komplizierter wurde er. Da gab es Schreckgestalten, die zurückkehrten.
    Ed Mosley, Marcel, der Folterknecht, und ein Henker namens Abbot.
    Wie paßte das zusammen? Existierte überhaupt eine Verbindung zwischen diesen drei Gestalten? Wenn ja, welche Rolle hatte dann T.
    C.
    Markham, der Geisterführer, übernommen? War er vielleicht der Joker in dem von schwarzmagischen Kräften inszeniertem Spiel?
    Abermals kam mir die Gaststätte so anders und kalt vor.
    Möglicherweise lag es an der Aura, die über allem schwebte. Ich spürte sie auf der Haut wie einen leichten Anzug. Es war ein Kribbeln, das meine Härchen hochstehen ließ.
    Marcel war gefährlich. Ich nahm ihm seine Worte auch ohne weiteres ab. Wenn er ohne Blut existieren konnte, sorgte allein die Schwarze Magie dafür, daß er lebte.
    Die Bohlen auf dem Fußboden bogen sich unter unseren Tritten.
    Marcel ging vor, und ich schaute auf seinen breiten Rücken. Wenn es sich bei ihm tatsächlich um einen Folterknecht handelte, dann war er schon von der Statur her dafür geeignet. So stellte man sich auch einen Folterknecht vor. Ein Geschöpf ohne menschliche Regungen, ein lebender Toter, ein Zurückgekehrter.
    Er trug ein verblichenes Hemd. Unter dem Stoff bewegten sich die blutleeren Muskeln. Die Arme schaukelten wie Pendel, seine breiten Fäuste öffneten und schlossen sich.
    Er hatte von einem Folterkeller gesprochen. Bisher war mir noch kein Eingang aufgefallen. Marcel schritt auch nicht in Richtung Treppe, sondern drückte sich hinter die Theke, auf der ein großes Faß stand, in dem das Bier schwappte.
    Am Rand der Theke blieb ich stehen, denn auch Marcel hatte seinen Schritt gestoppt.
    Er drehte sich um. Im zwielichtartigen Halbdunkel dieses Raumes wirkte sein Gesicht noch furchtbarer, noch grauer, und die Konturen zerflossen allmählich.
    »Hier ist es«, sagte er.
    »Wo denn?«
    Er schaffte es, den Daumen seiner verletzten Hand zu drehen und mit dem Nagel nach unten zu zeigen. »Ich stehe genau auf einer Falltür«, erklärte er.
    Die hatte ich im miesen Licht überhaupt nicht gesehen.
    »Dann zieh sie auf!«
    Als er seinen Körper nach vorn beugte, hatte ich das Gefühl, einen Roboter zu sehen. Fehlte nur noch das Knarren seiner Gelenke, dann war alles perfekt.
    Den Griff der Falltür hatte ich nicht gesehen. Marcels Finger fanden ihn zielsicher.
    Das Holz beschwerte sich ächzend, als der Folterknecht die Falltür in die Höhe zog. Schon

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