0334 - Der Hexenspiegel
sekundenlang als Echo auf, schwand wieder… spiegelndes Wasser… spiegelndes Glas… und das Gesicht. Dunkelblondes Haar, markante Züge… die Ahnung eines Namens.
Zamorra…
Und eine Richtung, eine Aura. Wieder ein Kontakt. Die Hexe kam ihm näher. Sie mußte herausfinden, wer dieser Zamorra war und wo er sich befand. Zwischen zwei Spiegeln entstand eine magische Verknüpfung.
Zamorra war nicht allein.
Die Seele der Hexe begann, sich auf jenen Raum zu konzentrieren, in dem sich der andere Spiegel befand.
Alles andere geschah so instinktiv, wie es in den achtzig Jahren geschehen war, ohne Kontrolle der Hexe. Die unheimliche Aura mit all ihren Auswirkungen, die den Spiegel im Haus umgeben hatte, umgab ihn auch jetzt und verknüpfte Schicksale und den Tod miteinander.
***
Semjonow am Lenkrad des Gaz-24 sah das Unheil kommen. Er versuchte noch auszuweichen. Zum Bremsen blieb keine Zeit mehr. Der KGB-Mann riß das Lenkrad nach links. Da krachte es auch schon.
Natascha Solenkowa schrie auf. Abramov sagte gar nichts, starrte nur stumm auf den heranrasenden Schatten, der neben ihm emporwuchs, und war zu keiner Bewegung fähig. Der Gaz-24 erhielt einen wuchtigen Stoß. Metall schrie, Funken sprühten, Glas zersplitterte. DerWagen wurde vorn rechts erfaßt und herumgeschoben, löste sich von dem anderen Fahrzeug und schleuderte quer über die Straße zum anderen Fahrbahnrand.
Dort blieb er stehen.
Der Wagen, der mit hohem Tempo aus einer Einfahrt kommend die schwarze Limousine gerammt hatte, stand fast da, wo die Kollision stattgefunden hatte. Die Vorderpartie des Wagens war fast plattgeschlagen.
Boris Saranow auf dem Rücksitz befreite sich von Natascha, die gegen ihn geprallt war, und stieg aus. Die Tür hatte sich etwas verzogen, und er mußte sie mit einem heftigen Ruck aufschlagen. Vorn sprang Semjonow heraus, wieselte um den Gaz-24 herum und sah nach Abramov, der immer noch ganz still vorn saß.
Saranow spurtete über die Straße zu dem anderen Unfallfahrzeug. Es war ein uralter Moskwitsch, mit Sicherheit über 20 Jahre alt, und mehr rostbraun als lackiert. Der Fahrer lag bewußtlos über dem Lenkrad. Dabei hatte er Glück im Unglück gehabt; er war mit dem Kopf gegen die Scheibe geprallt, und diese war aus den Dichtungen gesprungen und erst dann zersplittert. So hatte der Mann außer einer kräftigen Beule nicht viel abbekommen.
Saranow zerrte an der Tür und bekam sie endlich auf. Die Beine des Fahrers waren eingeklemmt.
Natascha, die auch ausgestiegen war; stand wie gelähmt auf der Straße, während Semjonow Abramov ins Freie zerrte. Zum Glück war die Straße kaum befahren, es bestand also keine Gefahr, daß weitere Wagen in die beiden Unfallfahrzeuge prallten.
Aus dem Haus, das zu der Einfahrt gehörte, kamen Menschen.
»Rufen Sie einen Krankenwagen«, schrie Saranow ihnen zu. »Machen Sie schon voran!«
Abramov taumelte. Er humpelte auf Saranow zu. »Was ist mit ihm?« fragte er und meinte den Fahrer des Moskwitsch.
»Sieht aus, als ob er lebt. Und was ist mit dir?«
»Sieht aus, als ob ich lebe. Ich habe mir wohl allenfalls den Knöchel etwas angestaucht.«
»Deine medizinische Ausdrucksweise ist unter allen Kanonen, Brüderchen Leonid«, rügte Saranow.
Ein paar Männer aus dem Haus kamen mit Brechstangen und bogen das verformte Blech so weit auseinander, daß Saranow den bewußtlosen Unglücksfahrer ins Freie ziehen konnte. Als er einmal mit dem Fuß gegen die Wagenflanke trat, brach die Fahrertür aus den Scharnieren.
»Uiuiuiuiui«, machte Saranow entgeistert.
Semjonow untersuchte und durchsuchte den Fahrer kurz und fand auch dessen Ausweis. Er klappte ihn wieder zu und steckte ihn zurück, als Polizei und Krankenwagen kamen. Der Unglücksfahrer wurde sofort auf eine Trage gelegt und in den Wagen geschoben, Abramov hatte mitzufahren, auch wenn er protestierte.
»Der Mann kam aus der Einfahrt. Er hatte ein viel zu hohes Tempo, er erwischte uns trotz des Ausweichmanövers«, sagte Semjonow. Die Polizisten fotografierten die Wagen und die Spuren auf der Straße. »Räumen Sie den Schrott von der Fahrbahn«, wurde angeordnet. Daß Semjonow seinen Dienstausweis vorlegte, vereinfachte das ganze Verfahren ungeheuer. »Wir stellen Ihnen natürlich sofort einen anderen Wagen zur Verfügung«, sagte der Einsatzleiter, während der Krankenwagen davonrauschte.
»Den Wagen brauchen wir erst morgen«, sagte Saranow. »Wir werden in einem Hotel übernachten. Aber Sie können uns eins empfehlen
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