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034 - Der Hexer

034 - Der Hexer

Titel: 034 - Der Hexer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Taschentuch aus der Handtasche genommen hatte, mußte der Brief in die etwas offenstehende Tischschublade gefallen sein, und später hatte sie die Schublade zugestoßen, ohne es zu merken. Vielleicht würde sie noch einmal zurückkommen.
    Mary steckte die Karte in den Umschlag zurück und nahm den Brief mit ins Schlafzimmer. Dort verschloß sie ihn in ihrem Frisiertisch, wo sie auch Schmuckstücke aufbewahrte. Später vergaß sie ihn völlig.

17.
    Einen Monat später saß Mary Lenley im Marmorsaal des Hauptgerichtshofes und wartete mit gefalteten Händen auf das Urteil der Geschworenen. Sie war zur Gerichtsverhandlung gekommen und hatte die ersten Zeugenaussagen angehört. Aber sie konnte den Anblick ihres Bruders auf der Anklagebank nicht ertragen, sie verließ den Saal und wartete draußen auf die Entscheidung.
    Alan Wembury kam auf den Korridor hinaus. Langsam ging er auf sie zu.
    »Ist es vorbei?« fragte sie.
    »Ich glaube, es ist bald soweit«, antwortete er leise. Er machte einen übermüdeten, verstörten Eindruck. »Sie können sich nicht vorstellen, wie mir zumute ist, Mary. Das schlimmste an der Sache ist, daß man mir auch noch das Verdienst an dieser Verhaftung zuschieben will - gestern mußte ich sogar die Glückwünsche des Kommissars über mich ergehen lassen!«
    Sie lächelte kaum merklich. Er setzte sich zu ihr und redete ihr zu.
    Bald kam Maurice Messer dazu, wie immer tadellos gekleidet. Sein Zylinder glänzte, und die Gamaschen waren weiß wie Schnee.
    »Der Richter liest eben die Begründung vor«, sagte er. »Wollen Sie sie nicht hören, Wembury?« Und als er der breitschultrigen Gestalt Wemburys, der durch die Drehtür verschwand, nachschaute, meinte Messer: »Da geht einer der tüchtigsten jungen Männer! Gewissenlos, aber alle Polizeibeamten sind gewissenlos - ein Streber, aber alle Polizeibeamten sind ehrgeizig!«
    »Ich habe nie gefunden, daß Alan gewissenlos ist«, widersprach Mary.
    »Ich habe vielleicht einen zu kräftigen Ausdruck gebraucht.« Maurice Messer lächelte. »Er mußte allerdings seine Pflicht tun, doch hat er den armen Johnny sehr geschickt in die Fälle gelockt.«
    »Geschickt? Falle?« wiederholte sie und runzelte die Stirn.
    »Dies hat man natürlich bei der Zeugenaussage nicht erwähnen lassen«, fuhr Maurice mit vielsagendem Lächeln fort. »Nichts, meine Liebe, was für den Polizeiapparat nachteilig ist, wird durch Zeugenaussagen an die Öffentlichkeit gebracht. Aber ich kenne die Hintergründe dieser Geschichte und weiß, daß Wembury seit dem Diebstahl auf Johnnys Fährte ist. Deshalb ist er auch nach Lenley Court gekommen.«
    Sie starrte ihn an.
    »Sind Sie sicher? Ich dachte ... «
    »Sie dachten, daß er Sie aufsuchen wollte? Das ist ein verzeihlicher Irrtum. Meine Liebe, wenn Sie sich die Sache genau überlegen, werden Sie dahinterkommen, daß ein Detektiv immer behaupten muß, eine ganz andere Sache zu tun als die, die er wirklich tut. Wenn Sie Wembury deshalb zur Rede stellen wollen, würde er selbstverständlich alles abstreiten.«
    Sie dachte einen Augenblick nach.
    »Das glaube ich nicht. Alan sagte mir, daß er Johnny nie mit dem Diebstahl in Verbindung brachte, bevor er den anonymen Brief erhielt.«
    »So!«
    Alan kam aus dem Gerichtssaal zurück.
    »Es wird wohl noch zehn Minuten dauern«, berichtete er, und ehe Messer etwas sagen konnte, fragte Mary:
    »Alan, ist es wahr, daß Sie Johnny schon lange in Verdacht hatten?«
    »Nein, ich war ahnungslos. Erst der anonyme Brief hat mich darauf aufmerksam gemacht.« Er schaute Maurice Messer an.
    »Aber als Sie nach Lenley Court kamen ...«
    »Meine Liebe«, unterbrach sie Maurice hastig, »warum all diese Fragen, die Mr. Wembury nur in Verlegenheit bringen!«
    »Warum in Verlegenheit?« fragte Alan kurz. »Ich kam nach Lenley Court, um Miss Lenley zu besuchen und ihr meine Beförderung mitzuteilen. Sie wollen doch nicht etwa behaupten, daß mein Besuch mit dem Diebstahl in Verbindung stand?«
    Messer zuckte die Achseln.
    »Als Anwalt bin ich mit den Praktiken jener geheimnisvollem Briefe vertraut, mit denen Spitzel und Denunzianten die Polizei bedienen.«
    »Dann ist Ihnen also die Bedeutung des Wortes ›Denunziant‹ bekannt, Mr. Messer?« fragte Alan. »Und was den Brief betrifft, der Lenley verriet, so ist daran nur der Schreiber ›geheimnisvoll‹. Der Brief ist übrigens auf Schreibmaschinenpapier Swinley Bond Nr. 14 geschrieben.« Er bemerkte, wie Messer leicht zusammenfuhr. »Ich habe bei den

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