034 - Der Hexer
die Zukunft.« Und dann schloß sie vergnügt: »Wollen Sie mich nicht am Mittwoch zum Tee einladen? An diesem Tag höre ich zeitig im Büro auf.«
Alan kehrte danach als ein sehr glücklicher Mann in die Polizeiwache zurück. Er war so heiter, daß Dr. Lomond, der am Pult des Sergeanten einen Bericht über einen betrunkenen Motorradfahrer schrieb, belustigt über seine Brillengläser schaute.
»Was ist los mit Ihnen? Haben Sie eine Erbschaft gemacht?«
»Etwas viel Besseres - ich bin eine große Sorge losgeworden!«
»Mit anderen Worten, Sie hatten sich mit einem Mädchen gezankt, und jetzt hat sie sich wieder mit Ihnen versöhnt.« Er verzog spöttisch das Gesicht. »Ich will nicht behaupten, daß die Ehe nicht gut wäre, aber für einen Polizeibeamten ist sie nicht ratsam.«
Alan lachte.
»Ich denke gar nicht daran, mich zu verheiraten.«
»Dann sollten Sie sich schämen.« Dr. Lomond ging zum Kamin und schnippte die Asche seiner Zigarette ins Feuer.
Während er sich umdrehte, kam ein untersetzter, ärmlich gekleideter Mann ins Büro. Er grinste über das ganze Gesicht, als er auf den Sergeanten zuging und mit einem freundlichen Kopfnicken seine Papiere vor ihn hinlegte.
»Hackitt!« rief Wembury. »Ach! Ich hatte schon gehört, daß Sie die Gegend wieder unsicher machen.« Er gab ihm die Hand.
Sam Hackitts Grinsen wurde noch breiter.
»Ja, ich bin entlassen worden - jetzt will mir der alte Messer eine Anstellung geben.«
»Was, Sam, wollen Sie sich denn der Rechtspraxis zuwenden?«
Hackitt lachte heiser.
»Nein, ich soll seine Stiefel putzen! Es ist allerdings eine sehr niedrige Arbeit für einen Mann von meiner Begabung. Aber, Mr. Wembury, was soll man machen, wenn einem die Polizei immerfort nachstellt?«
»Geben Sie ihr keine Veranlassung dazu!« entgegnete Alan lachend. »Sie werden also Messers Leibdiener! Ich wünsche Ihnen viel Glück.«
Sam Hackitt rieb sich nachdenklich das unrasierte Kinn.
»Ich hörte, daß Johnny Lenley verschüttgegangen ist, Mr. Wembury. Das ist Pech.«
»Kennen Sie ihn?« fragte Alan.
»Ich hatte ihn einmal aufgesucht, als er noch auf dem Lande war. Ich wußte damals schon, daß er unserer Zunft angehört, denn jemand hatte für ihn und mich eine Sache angezettelt. Aber ich habe die Finger davon gelassen. Es war etwas zu gefährlich für mich, ich arbeite nicht gern mit Anfängern. Außerdem wollte der Herr, der die Geschichte finanzierte, daß wir eine Knarre dabei haben sollten. Dafür bedankte ich mich!«
Alan wußte sehr gut, daß gewerbsmäßige Einbrecher Waffen verabscheuen.
»Wer ist denn dieser große Boß, Sam?« fragte er, obwohl er keine wahrheitsgetreue Antwort erwartete.
»Er? Oh, das ist ein Mann, der in Sheffield lebt«, wich Hackitt aus. »Mir gefiel die Sache nicht, darum habe ich sie nicht angenommen. Er ist ein netter Kerl - ich meine den jungen Lenley ...« Dann wechselte er plötzlich das Thema. »Mr. Wembury, was ist eigentlich an dem Gerede dran, daß der Hexer in London sei? Ich hörte so etwas.«
Alan war erstaunt. Der Hexer gehörte einer anderen Klasse an, wenn auch die kleinen Gauner durch die Taten dieses Superverbrechers in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Wieder rieb sich Sam Hackitt das Kinn.
»Ich bin einer der wenigen, die ihn ohne Verkleidung gesehen haben. Der Hexer, eh! Das war ein tüchtiger Kerl. Ich habe noch keinen gefunden, der sich so verstellen konnte!«
Der Sergeant hatte sich die nötigen Einzelheiten aus Sam Hakkitts Papieren notiert und gab sie ihm zurück.
»Wenn der Hexer auftauchen sollte, könnte es sein, daß wir Sie herbestellen, Hackitt!« kündigte Wembury an.
»Der wird nie mehr auftauchen.« Sam schüttelte den Kopf. »Er ist ertrunken - ich glaube den Zeitungen.«
Dr. Lomond beobachtete seine kräftige Gestalt, bis er vor der Türe verschwand.
»Dieser Kopf! Haben Sie bemerkt, Wembury, wie flach der Schädel ist? Den möchte ich mal vermessen!«
19.
Die Tage bis zum Mittwoch schlichen langsam hin; jeder schien viel mehr als vierundzwanzig Stunden zu haben. Am Mittwochmorgen erhielt Alan einen Brief von Mary. Sie bat ihn, er möchte sie in einer kleinen Konditorei im Westend treffen. Alan fand sich schon eine Viertelstunde vor der festgesetzten Zeit ein. Endlich kam sie. Sie trug ein braunes Kostüm und sah entzückend aus.
Die Konditorei war um diese Stunde wenig besucht. Er fand einen ruhigen Eckplatz, wo sie sich ungestört unterhalten konnten. Sie hatte den Kopf voll von Zukunftsplänen.
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