034 - Der Hexer
öffnete eine Akte.
»Die Geschichte dieses Mannes ist sehr merkwürdig und wird Sie interessieren. Fassen konnten wir ihn noch nie. Er ist ein Mörder. Aber bei keinem der Morde, die auf sein Konto gehen dürften, hat er sich auch nur um einen Penny bereichert. Wir wissen ziemlich sicher, daß er während des Krieges Offizier im Fliegerkorps war - ein sehr zurückhaltender Mensch, der nur einen Freund hatte. Dieser Freund, ein junger Mann, wurde auf Grund einer falsch begründeten Anklage seines Obersten, Chafferis-Wismann, wegen Feigheit erschossen. Drei Monate nach Kriegsende wurde Chafferis-Wismann ermordet. Wir haben den Verdacht, nein, wir wissen sogar sicher, daß der Hexer der Mörder war. Er verschwand, als der Waffenstillstand unterzeichnet wurde. Nicht einmal sein Entlassungsgeld nahm er in Empfang, und die Annahme einer Auszeichnung, die man ihm anbot, verweigerte er. Auf keiner Fotografie seines Truppenteils ist er zu finden. Wir haben nur eine Handzeichnung, die ein Steward auf einem Dampfer, der zwischen Seattle und Vancouver verkehrt, von ihm gemacht hat. Auf diesem Schiff wurde Milton getraut.«
»Getraut?«
»An Bord«, berichtete Walford weiter, »befand sich ein Mädchen, das aus den Vereinigten Staaten floh, weil sie in irgendeinem verrufenen Tanzlokal einen Mann, von dem sie beleidigt worden war, erschossen hatte. Sie muß Milton anvertraut haben, daß sie in Vancouver verhaftet würde, denn er überredete einen mitreisenden Geistlichen, sie zu trauen.
Dadurch wurde sie britische Staatsangehörige und entging den Auslieferungsgesetzen. Es ist eine phantastische Geschichte. Wenn das Publikum erfährt, daß dieser Mann in England ist, haben wir große Unannehmlichkeiten.« Der Oberst zuckte die Achseln. »Er hat den alten Oberzohn ermordet, der eine südafrikanische Agentur sehr zweifelhaften Charakters unterhielt. Auch Attaman, der berüchtigte Halsabschneider, ist sein Opfer. Übrigens war Messer im Haus, als der Mord geschah. Bei jedem Verbrechen war eine bestimmte Methode festzustellen. Als der Hexer nach der Attaman-Sache fliehen mußte, ließ er seine Schwester in Messers Obhut zurück. Er wußte nicht, daß Messer uns Nachrichten über seine Bewegungen zugehen ließ ...«
Dr. Lomond rückte seinen Stuhl näher zum Schreibtisch.
»Das ist sehr interessant - erzählen Sie weiter!«
»Wir wissen, daß er vor acht Monaten in Australien war. Nach unseren Informationen soll er jetzt in England sein. Wenn dies zutrifft, ist er nur aus einem Grund zurückgekehrt: Um auf seine Art mit Messer abzurechnen! Messer, der eine Zeitlang immer gemeinsam mit Gwenda Milton auftrat, war sein Anwalt ... «
»Sie sagten, Sie hätten ein Bild von ihm?«
Der Kommissar reichte Dr. Lomond die Bleistiftzeichnung.
»Ach - den Mann müßte ich doch kennen! Warten Sie -dieser kleine, komische Bart, das abgemagerte Gesicht, diese -Augen ...«
»Was?« rief Walford ungläubig. »Sie kennen ihn? Das ist kaum möglich!«
»Ich will nicht sagen, daß ich ihn kenne, aber ich bin ihm begegnet.«
»Wo? In London?«
»Nein. Ich habe diesen Mann vor acht Monaten in Port Said getroffen, als ich dort auf der Rückreise von Bombay Station machte. Im Hotel, in dem ich abgestiegen war, hörte ich, daß in einer der schmutzigen Karawansereien im Eingeborenenviertel ein Europäer krank läge. Ich ging hin und fand einen sehr kranken Mann. Ich gab ihm keine Chance mehr. Es war dieser Mann!« Er zeigte auf das Bild.
»Sind Sie sicher?«
»Es gibt keine Sicherheit. Er war von einem australischen Schiff an Land gekommen.«
»Das ist er!« rief Wembury. »Wurde er gesund?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte Dr. Lomond. »Ich habe ihn zweimal besucht - er lag im Delirium, in seinem Fieberlallen kam immer wieder der Name ›Cora Ann‹ vor. Als ich das dritte Mal hinkam, sagte mir die Frau, der die Karawanserei gehörte, daß er in der Nacht verschwunden sei. Gott weiß, was aus ihm geworden ist. Vielleicht ist er in den Suezkanal gefallen und ertrunken. Könnte das der Hexer gewesen sein? Nein, es ist unmöglich!«
Der Kommissar schaute auf die Zeichnung.
»Es sieht fast so aus. Ich glaube nicht, daß er tot ist. Sie können uns hier helfen, Doktor! Wenn es eine Person gibt, die weiß, wo er sich aufhält, dann ist es Mrs. Milton - ich möchte, daß Sie mit dieser Frau sprechen, Doktor. Holen Sie sie herauf, Inspektor!«
Während Wembury hinausging, zog Walford noch ein Papier aus dem Aktenstück.
»Hier sind die
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