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034 - Der Hexer

034 - Der Hexer

Titel: 034 - Der Hexer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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eine Hand durch einen Spalt in der Wand streckte. Im gleichen Augenblick stürzte er mit einem Schreckensschrei aus dem Zimmer. Mary blieb vor Furcht wie angewurzelt stehen. Immer weiter kam die Hand zum Vorschein. Dann öffnete sich die Täfelung, und ein junger Mann trat ins Zimmer.
    »Johnny!«
    In der nächsten Sekunde lag Mary schluchzend in den Armen des Bruders.
    »Johnny - warum hast du mir nicht mitgeteilt, daß du zurückkommst? Das ist eine großartige Überraschung! Ich habe dir heute morgen noch geschrieben!«
    Er hielt sie in seinen ausgestreckten Armen und sah ihr ins Gesicht.
    »Was machst du in Messers Büro?« fragte er so ruhig, daß ihr unheimlich wurde.
    »Ich arbeite für ihn. Du wußtest es doch, bevor du weggingst, Johnny ... Es in wunderbar, dich wiederzusehen! Hast du eine sehr schlimme Zeit durchgemacht?«
    »Nicht allzu schlimm - doch warum hast du hier weitergearbeitet? Ich hatte doch Maurice Geld gegeben und ihm gesagt, ich wolle nicht, daß du hier arbeitest. Das war das letzte, das ich ihm im Old Bailey sagen konnte.«
    »Davon weiß ich nichts, Johnny«, erwiderte sie bestürzt.
    »Eben.« Er nickte. »Jetzt verstehe ich ...«
    »Du bist mir doch nicht böse, Johnny?« Sie blickte ihn an. In ihren Augen waren Tränen. »Ich kann es kaum glauben, daß du hier bist, ich glaubte, daß es noch schrecklich lange ginge ...«
    »Die Strafe ist mir erlassen worden«, erzählte er. »Ein halb wahnsinniger Sträfling griff den stellvertretenden Direktor an, und ich warf mich dazwischen. Daß die Behörden mehr für mich tun würden, als einige Tage Haft zu streichen, nahm ich nicht an. Doch gestern, um die Mittagszeit, ließ mich der Direktor rufen und teilte mir mit, daß ich für den Rest der Strafe Bewährungsfrist erhalten hätte.«
    »Du hast doch jetzt mit diesem schrecklichen Leben Schluß gemacht?« fragte Mary leise. »Wir wollen irgendwohin außerhalb Londons ziehen. Ich habe mit Maurice darüber gesprochen. Er hat seine Hilfe zugesagt, dir auf die rechte Bahn zu helfen.«
    Johnny Lenley biß sich auf die Lippen.
    »So, hat er das? Mary, liebst du Maurice?«
    »Er ist gut zu mir gewesen.«
    »Gut, gut - wie gut ist er gewesen?« Er faßte sie an den Schultern und schüttelte sie sanft. In seine tiefliegenden, grauen Augen kam ein weicher, besorgter Ausdruck, den sie immer bei ihm geliebt hatte. »Eines steht fest, du wirst hier nicht mehr arbeiten!«
    Durch die halboffene Tür sah er Hackitt und rief ihn an.
    »Hallo, Sam - was geht hier eigentlich vor?«
    Hackitt zuckte die Achseln.
    »Ich bin erst seit einigen Tagen hier. Sie sehen selbst - Sie sind ja kein kleiner Junge mehr ... Haben Sie je erlebt, daß ein Tiger mit einem Kaninchen liebenswürdig umgeht? Mehr weiß ich auch nicht.«
    Mary hatte sich an ihren Schreibtisch gesetzt. Johnny beobachtete sie grübelnd.
    Sein erster Weg nach der Entlassung war hierher gewesen, um mit Messer abzurechnen. Dann sollten ihn London und die Flanders Lane nicht mehr sehen. Er würde schon etwas zu finden wissen, wo er in Ruhe leben und arbeiten könnte.
    Er nahm Sam beiseite. Sie standen neben der offenen Tür, von ihr halb verdeckt, und sprachen leise.
    Maurice Messer kam zurück, er sah nur das Mädchen an der Schreibmaschine, ihre Finger flogen über die Tasten. Er trat hinter sie und legte die Hand auf ihre Schulter.
    »Meine Liebe, verzeihen Sie mir! Ich bin furchtbar nervös und bilde mir allerhand merkwürdige Dinge ein ...«
    »Maurice!«
    Messer fuhr herum, sein Gesicht wurde blaß.
    »Sie!« rief er heiser. »Aus dem Gefängnis entlassen?«
    Lenley lachte verächtlich.
    »Zwei Jahre zu früh, was? Es tut mir leid, Sie zu enttäuschen, aber es geschehen noch Wunder, sogar im Gefängnis.«
    Messer riß sich mit großer Anstrengung zusammen.
    »Mein lieber Junge ...« Er streckte ihm seine zitternde Hand entgegen, doch Johnny übersah sie. »Wollen Sie sich nicht setzen? Das ist ein erstaunliches Ereignis! Sie waren also hinter der Wand ... Hackitt, geben Sie Mr. Lenley etwas zu trinken -ja, im Wandschrank ... Es wird Ihnen guttun.«
    Hackitt kam mit einem Trunk, aber Johnny lehnte ab.
    »Ich habe mit Ihnen zu sprechen, Maurice!« Er gab Mary ein Zeichen, und sie verließ das Zimmer.
    »Wie sind Sie zu der Entlassung gekommen?« fragte Messer stirnrunzelnd und goß sich aus der bereitstehenden Flasche ein.
    »Der Rest ist mir erlassen worden«, berichtete Lenley kurz. »Ich dachte, Sie hätten darüber in der Zeitung gelesen.«
    »Oh,

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