034 - Der Hexer
»Wenn ich Ihnen dafür zwanzig Pfund gebe, mache ich Ihnen noch ein Geschenk. Dort auf dem Dach hinter dem Wasserbehälter aber liegt Zeug, das achttausend Pfund wert ist - es gehört Ihnen, wenn Sie es holen - Sie haben dafür bezahlt! « Messer überlegte sekundenschnell. »Drehen Sie es heute abend!« schlug er vor.
Lenley zögerte.
»Ich will es mir überlegen. Wenn Sie versuchen sollten, mich zu verzinken -«
»Mein lieber Junge, ich versuche, Ihnen und damit Ihrer Schwester einen Gefallen -«
»Wie ist die Hausnummer?«
»Siebenundfünfzig. Ich will Ihnen die zwanzig Pfund für das Armband gleich geben.« Er öffnete ein Schreibtischfach und nahm eine Kassette heraus. »Für den Anfang wird es reichen.«
Lenley war immer noch unentschlossen, Maurice spürte es genau.
»Wenn ich die Sachen hole, will ich den vollen Wert - oder ich suche mir einen andern Hehler.« Er gebrauchte absichtlich dieses Wort, das Messer wütend machte.
»Sie wollen sich einen andern Hehler suchen?« Seine Stimme zitterte. »Da sind die Zwanzig!« Er warf das Geld auf den Tisch.
Lenley zählte und steckte es in die Tasche.
»Ich werde aufs Land ziehen - mit meiner Schwester! Es lohnt sich nicht, Ihretwegen gehenkt zu werden.« Er stand auf. »Der Hexer wird mir diesen Gang ersparen.«
Messer drehte sich rasch um. Die Zimmertür hatte sich geöffnet.
Es war Dr. Lomond, den Hackitt am frühen Morgen in die Rumpelkammer geführt und dann völlig vergessen hatte. Der Doktor blieb auf der Schwelle stehen, als er die beiden erblickte.
»Hallo - entschuldigen Sie! Störe ich eine Besprechung?«
»Kommen Sie herein, Doktor - kommen Sie! Das ist ein Freund von mir - Mr. Lenley.«
Zu Messers Verwunderung antwortete der Polizeiarzt:
»Ja. Und ich habe mich eben ein wenig mit Ihrer Schwester unterhalten. Sie sind unerwartet - vom Lande zurückgekehrt, Mr. Lenley?«
»Ich bin soeben aus dem Gefängnis zurückgekehrt, wenn Sie das meinen«, erwiderte Johnny und wollte gehen.
Seine Hand lag schon auf der Türklinke, als die Tür aufgerissen wurde und Hackitt mit weißem Gesicht hereinstürzte. Er ging auf Messer zu und senkte die Stimme.
»Jemand möchte Sie sprechen.«
»Mich? Wer ist es?«
»Der Name ist mir nicht gesagt worden«, keuchte Sam. »Ich soll Ihnen ausrichten, daß er ein Bote des Hexers sei.«
Messer fuhr zurück.
»Der Hexer!« rief Lomond energisch. »Führen Sie ihn sofort herein!« »Doktor!«
»Ich weiß, was ich tue.«
»Doktor! Sind Sie verrückt? Angenommen, angenommen ... «
»Schon gut!« antwortete Lomond kurz.
29.
Kurz darauf stand eine gutgekleidete, schlanke Dame in der Tür. Aus ihren Augen blitzte ein boshaftes Lächeln.
»Cora Ann!« stotterte Messer.
»Habe ich euch alle erschreckt?« Sie nickte hämisch nach allen Seiten. »Hallo, Doktor! Auch erschrocken? - Messer, ich möchte mit Ihnen reden.«
Sein Gesicht war immer noch blaß, aber er hatte die erste Panik niedergekämpft.
»Jawohl, meine Liebe ... Johnny!« Er sah Lenley scharf an. »Wenn Sie etwas brauchen, mein Junge, dann wissen Sie, wohin Sie zu gehen haben!«
Johnny verstand. Er warf noch einen neugierigen Blick auf die hübsche Besucherin und verließ das Zimmer.
»Hinaus!« brüllte Messer Hackitt an. Doch Sam blieb stehen.
»Den Ton können Sie sich ersparen, Messer! Ich höre sowieso hier auf.«
»Gehen Sie zum Teufel!« schrie Messer.
»Das nächste Mal nehme ich einen andern Anwalt«, sagte Sam.
»Das nächste Mal bekommen Sie sieben Jahre.«
»Eben - darum will ich ja einen andern Anwalt.«
Lomond und Cora Ann hörten dem Disput interessiert zu.
»Das hat man davon, wenn man dem Abschaum hilft! « regte sich Messer auf, als sein Diener verschwunden war.
Auch Dr. Lomond verließ das Zimmer, kündigte jedoch an, daß er noch einmal zurückkommen werde. Maurice wartete, bis sich die Tür hinter ihm schloß.
»Nun, liebe Cora Ann, Sie werden immer hübscher. Und wo ist Ihr Mann?«
Sie blickte sich im Zimmer um.
»Also das ist Ihr Liebesnest?« fragte sie verächtlich. »Ich habe Gwenda nicht gekannt - ich wünschte aber, es wäre der Fall gewesen. Ich erfuhr vom Selbstmord des armen Kindes, als ich nach Australien unterwegs war.« Sie ging zur Tür, öffnete sie ein wenig und lauschte. Dann näherte sie sich wieder Messer, der sich hingesetzt und eine Zigarette angezündet hatte.
»Hören Sie zu - dieser schottische Doktor wird gleich zurückkommen.« Flüsternd begann sie auf ihn einzureden: »Warum gehen Sie
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