034 - Der schwarze Hengst
gegenüber. Ein Streifenwagen fuhr über die Rollbahn.
»Ist in der Zwischenzeit etwas Seltsames mit dir geschehen, Coco?«
»Einen kurzen Augenblick war mir eiskalt, aber es dauerte nur wenige Sekunden.«
Ich holte die langen blonden Haare hervor und reichte sie Coco. Sie wickelte sie um den rechten Zeigefinger und schloß die Augen. Ihr Gesicht war leer, und sie wirkte geistesabwesend.
»Das sind Katjas Haare«, stellte sie fest. »Der eisige Schatten hat sie verschlungen. Sie ist tot.«
Ich dachte nach. »Der Schlüssel muß im Spiegelkabinett des Grafen liegen. Was weißt du darüber?«
»Er hat es mir nicht gezeigt. Er prahlte nur, daß unzählige Seelen von Opfern in den Spiegeln gefangen seien.«
»Versuche dich zu erinnern. Jeder Hinweis könnte wichtig sein.«
Coco schüttelte den Kopf. »Es geht nicht. Mein Hirn ist wie tot.«
Meist sah es wie ein normaler Mensch aus. Doch wenn seine Gier nach Blut übermächtig wurde, verwandelte es sich und wurde zu einem unheimlichen Geschöpf, wie es die Welt nie zuvor gesehen hatte.
Es war ein Monster, das nur ein wahrhaft perverses Gehirn erdacht haben konnte. Sein Schöpfer war der unheimliche Wissenschaftler Johan Zaander, der in seinen Labors die schlimmsten Monstren gezüchtet hatte. Zaander war tot, doch einige seiner Geschöpfe lebten noch.
Das Monstrum starrte gierig auf die Stallungen. Deutlich sah es den bewaffneten Posten, der an einer Zigarette sog. Das Verlangen nach Blut wurde übermächtig. Der Unheimliche keuchte und versuchte, sich zu beherrschen.
Die Menschengestalt des Monstrums wurde durchscheinend und schrumpfte. Dieses fremdartige Zwitterwesen, das sich von Blut ernährte, war ein ganz spezieller Vampir. Es verabscheute Menschenblut, denn es war der Verbindung eines Vampirs mit einer Vollblutstute entsprungen.
Sekunden später hockte es auf dem Fensterbrett des Stalls, die Gestalt kaum daumengroß – eine Mischung zwischen einem Pegasus und einem Zentauren. Auf dem Hals saß ein abscheulich geformter Vampirschädel. Das Ungeheuer flog geräuschlos durch das offene Fenster, landete auf dem Boden und trabte auf eine Box zu, in der eine dreijährige Stute schlief. Die obere Hälfte der Box stand offen.
Die Stute schnaubte, als das winzige Geschöpf sich in ihre Mähne verkrallte. Sie wollte aufstehen und den Parasit abschütteln, doch da bissen die spitzen Zähne zu. Das Pferd verdrehte die Augen. Gierig saugte das Zwitterwesen das Blut auf. Die Flanken des Pferdes zitterten, während der Leib des Vampirs anschwoll. Schließlich war er so groß wie ein Pony, mit schwarzen Schwingen und einem blutverschmierten Maul.
Halb ohnmächtig wankte das Monster in der Box hin und her, dann schrumpfte es langsam. Ein paar Minuten später war es wieder faustgroß, flog auf den Gang hinaus und huschte ins Freie.
Sandra Thornton hatte das Auftauchen des Schattens im Hotel voller Überraschung verfolgt. Dieser Angriff gehörte nicht zu ihrem Plan. Wenn er Coco und Dorian dazu gebracht hatte, nach Nizza zu fliegen, war es jedoch um so besser.
Aber dieses geheimnisvolle Etwas jagte der Hexe Angst ein. Bevor Langer und seine Gäste das Hotel verließen, suchte sie sein Zimmer auf und gab ihm neue Anweisungen. Der Schatten war hinter Coco Zamis her, und das wollte sie ausnutzen.
Später begab sie sich zu einer einsamen Höhle wenige Kilometer außerhalb von Wien, in der sich ein Tor der Dämonen befand. Sandra wußte das weitverzweigte Torsystem zu benutzen, wenn sie auch nicht wußte, wer es geschaffen hatte und wie es genau funktionierte. Sie durchschritt die Sperre und tauchte Sekunden später im Gewölbe eines halb zerfallenen Hauses in der Nähe von Peille auf. Sofort holte sie ihren Zauberspiegel hervor, doch ihre magischen Kräfte reichten nicht, um die weit entfernte Coco aufzuspüren.
Sandra hatte Zeit. Coco würde erst in ein paar Stunden in Nizza eintreffen. In einem Bistro genehmigte sie sich einen Imbiß, trank ein Glas Landwein und überlegte. Dieser Schatten konnte eine unerwartete Hilfe sein. Sie trank noch ein Glas Wein und ließ sich anschließend von einem jungen Mann nach Nizza bringen. Er fuhr sie zur Villa, die Günter Zeman für seinen Aufenthalt gemietet hatte. Sie durchsuchte die Räume und traf ihre Vorbereitungen.
Danach ließ sie sich zum Flughafen bringen. Sie grinste bösartig, als Zemans Fokker landete.
Es dauerte endlos lange, bis sich Zeman und seine Clique bei der Zollkontrolle einfanden. Irgend etwas mußte
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