034 - Der schwarze Hengst
freigab. Der schwarze Rock betonte ihre langen Beine.
Ich versuchte, mich an ihren Namen zu erinnern. Katja Leiner.
Der Pilot begrüßte uns freundlich und teilte uns mit, daß wir in zehn Minuten starten würden. Die Stewardeß räumte die Gläser fort.
Kaum war die Maschine in der Luft, kehrten die Fluggäste an die Bar zurück.
»Fühlst du dich besser, Dorian?« erkundigte sich Zeman.
»Es geht.«
»Was treibst du beruflich?«
»Ich arbeite an einem Buch.«
»Für den Rennsport interessierst du dich nicht mehr?«
»Ehrlich gesagt habe ich mich nie sonderlich damit beschäftigt. Aber es gibt wohl keinen Engländer, der nicht die wichtigsten Rennen verfolgt. Die Presse ist schließlich voll davon.«
»Um einen vernichtenden Report über mich zu schreiben, hat es aber gereicht, wie?«
Ich grinste. »Du sollst eine Superstute haben, Günter.«
»Das kann man wohl sagen. Halloween ist bisher ungeschlagen. Vergangenes Jahr gewann sie die Oaks, die Eclipse Stakes und den Prix Vermaille. Ich bin sicher, daß sie auch den Arc gewonnen hätte, aber …« Er brach ab und sein Gesicht verdüsterte sich. Wütend schlug er mit der Faust auf die Theke. »Zwei Wochen vor dem Arc bekam sie Fieber. Sie weigerte sich zu fressen und nahm innerhalb weniger Tage mehr als fünfzig Kilo ab. Ein Start kam nicht in Frage. Sie hätte diesen verdammten Capricorn in Stücke zerrissen. Ich bin sicher, daß dieser verfluchte Arnod dahinter steckt. Er hatte Angst, gegen Halloween anzutreten, und hat dafür gesorgt, daß sie nicht starten kann. Aber am Sonntag werden wir es ihm zeigen. Da kommt es zu einem Zweikampfrennen unter gleichen Gewichtsbedingungen über 2000 Meter.«
Jetzt erinnerte ich mich. Nach dem Arc waren die Zeitungen voll mit Berichten über dieses Match gewesen.
»Deshalb fliegen wir nach Nizza. Das Rennen findet am Sonntag auf der Rennbahn von Cagnes-sur-Mer statt.«
»Weshalb gerade auf dieser Provinzbahn?«
»Es blieb keine andere Wahl. Vergangenes Jahr war die Saison vorüber, und die großen Rennbahnen werden erst im März geöffnet, da soll aber meine Stute bereits ins Gestüt, und dieser Teufelsrappen Capricorn soll als Deckhengst aufgestellt werden. Es wird für beide ihr letztes Rennen sein.«
Ich rauchte eine Zigarette, und Zeman erging sich in wüsten Beschimpfungen gegen George Arnod und Capricorn.
»Beruhige dich, Günter«, sagte Nicole Brunet. Das langhaarige blonde Nymphchen hatte sich unauffällig genähert. Nun lehnte sie neben mir an der Theke, und ihr linkes Bein drückte gegen meines. Ihr Interesse an mir war nicht zu übersehen. Sie warf mir einen Blick zu, der alles versprach.
»Kennst du Günter schon lange?« Ihre Stimme war tief und sinnlich.
»Ein paar Jahre, aber nur sehr flüchtig.« Ich drückte die Zigarette aus und wandte den Kopf. Coco hatte Katja fest im Blick. Das wunderte mich. Es paßte gar nicht zu ihr, eifersüchtig zu sein.
Katja keuchte plötzlich auf. »Ich bekomme keine Luft«, stöhnte sie.
Entsetzt blickte ich ihren Hals an, der wie von unsichtbaren Händen zusammengedrückt wurde. Sie japste nach Luft, und ihr Gesicht schwoll an. Mit beiden Händen klammerte sie sich an der Theke fest.
Ich klopfte ihr auf die Schulter, und es war, als griffe ich in eine Eistruhe. Schemenhaft sah ich den schwarzen Schatten, der über ihren Hals glitt.
»Was hast du, Katja?« fragte Nicole.
Die Blondine röchelte. Ihre Augen traten hervor. Schweißperlen schimmerten auf ihrer Stirn.
Um meinen Hals hingen zwei Dämonenbanner, und in der rechten Rocktasche steckte eine gnostische Gemme. Während ich sie hervorholte, kam Coco schwankend auf uns zu. Auch sie trug unter dem Rollkragenpullover Amulette. Ihr Gesicht war bleich, und ich merkte, daß auch sie nach Luft rang.
Rasch strich ich mit der Gemme über Katjas Rücken, und die eisige Kälte, die von ihr ausging, ließ meine Hand gefühllos werden. Dann war Coco heran. Sie legte einen Arm um die Schulter des Mädchens; und mit der rechten Hand strich sie sanft über Katjas Hals.
Deutlich sah ich den schwarzen Schatten, der über Katjas Rücken huschte. Ich hieb mit der Gemme nach dem unheimlichen Etwas. Knirschend löste sich der Schatten auf.
»Ist schon gut«, sagte ich beruhigend. »Alles ist in Ordnung.«
Katja zitterte am ganzen Leib. Sie atmete tief durch. Ich holte ein Taschentuch hervor und tupfte ihr den Schweiß von der Stirn.
»Danke«, flüsterte sie. »Ich dachte, ich würde ersticken.«
Alle redeten
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