0341 - Keiner kennt die Todesstunde
durch. »Wenn ja, verbinden Sie mich.«
Es dauerte eine Weile, bis er seine Verbindung hatte. Bret Marvin meldete sich mit einem rauhen »Hallo?«
»Hier ist Detektiv-Sergeant Schulz, Sir. Entschuldigen Sie die Störung. Ich habe nur rasch ein paar Fragen, die Ihre Schwester betreffen, Sir. Hat sie ge--arbeitet, ich meine, war sie berufstätig?«
»Ja. Selbstverständlich.«
»Wo hat Ihre Schwester gearbeitet, Mr. Marvin?«
»Bei der ›Electronic Equipment Company‹.«
»Als was war sie dort beschäftigt?«
»Als Chefsekretärin von einem der beiden Firmengründer. Sein Name ist Stephen Bonder.«
»Danke. — Ach so, ja, noch etwas: Die beiden G-men, mit denen Sie in die 99. Straße kamen, sind nicht zufällig bei Ihnen?«
»Nein. Warum?«
»Ach, ich hätte gern mal mit ihnen gesprochen.«
»Ich sah sie zuletzt in der 99. Straße, kurz bevor mich jemand zum Schauhaus brachte. Wo sie jetzt sind, kann ich Ihnen leider nicht sagen, Sergeant.«
»Ich werde sie schon noch auftreiben. Vielen Dank, Mr. Marvin.«
»Keine Ursache. Wie stehen die Ermittlungen, Sergeant? Haben Sie schon einen Anhaltspunkt, wer Dorrit ermordet haben könnte?«
»Leider noch nicht, Sir«, gab Schulz zu. »Danke, das war alles. Wenn wir noch Fragen haben, werden wir Sie belästigen müssen.«
»Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung, Sergeant. Lassen Sie es mich wissen, wenn ich irgend etwas tun kann.«
»Danke, Sir.«
Sergeant Edwin Schulz legte den Hörer zurück. Merkwürdig, dachte er, seine Stimme klang ganz normal. Gar nicht, als ob er erst vor ein paar Stunden seine ermordete Schwester identifiziert hätte. Der Bursche muß Nerven aus Stahl haben.
Während er rauchte, versuchte er sich auf das zu konzentrieren, was er in den nächsten Stunden tun wollte. Dorrit Marvin war nach dem Befund des Arztes am Freitagabend ermordet worden. Wer hatte sie zuletzt gesehen? Das galt es herauszufinden, und er hatte einen Punkt, wo er anfangen konnte. Abermals griff er zum Telefon.
»Ich brauche eine Verbindung mit einem gewissen Stephen Bonder von der ›Electronic Equipment Company‹, wenn möglich sofort. Rufen Sie erst in der Firma an, vielleicht gibt es dort einen Sonntagsdienst, der Ihnen die Rufnummer von Bonder sagen kann«, bat er. Er rührte sich nicht von seinem Platz weg, bis er Bonder an der Strippe hatte. Bis dahin vergingen knapp fünf Minuten, und als Bonder sich meldete, war es auf der Uhr am Armaturenbrett genau 12 Uhr mittags.
»Hier spricht Detektiv-Sergeant Schulz von der vierten Mordkommission Ost. Spreche ich mit Mr. Stephen Bonder?«
»Mann, jagen Sie mir keinen Schrecken ein«, erwiderte eine jungenhafte Stimme. »Ich bin Bonder, ja, aber mit einer Mordkommission will ich lieber nichts zu tun kriegen. Ich bin ein sehr friedliebender Mensch, Sergeant.«
»Tut mir leid, daß ich Sie stören muß, Sir. Kennen Sie ein Mädchen namens Dorrit Marvin?«
»Selbstverständlich, sie ist doch meine Sekretärin. Ein sehr tüchtiges Mädchen, und wenn sie ein polizeiliches Führungszeugnis braucht, Sergeant, schreiben Sie nur das Beste hinein! Sie hat Verantwortungsbewußtsein, ist intel-li…«
»Entschuldigen Sie, Sir«, unterbrach Schulz. »Könnten Sie mir sagen, wann Sie Dorrit Marvin das letztemal gesehen haben?«
»Sie fragen aber seltsam, Sergeant. Ist irgendwas los? Dorrrit ist doch hoffentlich nichts passiert? Oder hat sie einen Unfall gehabt? Sergeant, Sie müssen mir das sagen! Ich würde es mir nie verzeihen, wenn Dorrit irgendwie in der Klemme säße und ich hätte mich nicht um sie gekümmert!«
Einen Augenblick zögerte Schulz, dann entschied er sich dafür, die Wahrheit zu sagen.
»Dorrit Marvin ist ermordet worden, Sir.«
Die jungenhafte Stimme schwieg plötzlich. Man hörte nur heftiges Atmen für einige Zeit, bis die Stimme wiederkam, aber jetzt klang sie brüchig.
»Ich komme sofort, Sergeant. Wo sind Sie?«
»In der 97. Straße, Sir.«
»Ich kann es nicht glauben, Sergeant. Sie müssen sich irren, vielleicht eine Verwechslung — woher wissen Sie denn überhaupt, daß es Dorrit sein soll?«
»Ihr Bruder hat sie identifiziert.«
»Ach so — ja — ja dann muß sie es wohl sein… Mein Gott, das ist ja furchtbar. Das ist entsetzlich.«
»Sir, vielleicht sollte ich besser zu Ihnen kommen?«
»Das ist mir gleichgültig. Ich kann genausogut zu Ihnen kommen. Bei mir würden wir kaum ungestört sprechen können. Ich habe einen zehn Wochen alten Schreihals in der Wohnung, der sich mein
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