0341 - Keiner kennt die Todesstunde
Sohn nennt. Wie kann ich Sie finden, Sergeant?«
»Mit was für einen Wagen kommen Sie?«
»Mit meinem Ford, ein gelber Ford Falcon, Sergeant.«
»Okay. Ich werde auf Sie warten. Wann können Sie hier sein?«
»Ich wohne in der 88. Straße, es ist also nicht weit. Spätestens in einer Viertelstunde bin ich bei Ihnen.«
»Danke, Sir. Bis nachher!«
»So long, Sergeant.«
Bonder war wirklich betroffen, dachte Schulz. Anders als dieser Bret Marvin. Merkwürdig, daß ich immer wieder an diesen Burschen denken muß. Wenn ich nur endlich die beiden G-men erreichen könnte, damit ich erfahre, was sie von Marvin halten. Er zwängte sich durch die Tür der Dienstlimousine und setzte seinen Hut auf.
Schulz wollte gerade die Tür Zuschlag gen, als das Ruflämpchen flackerte. Die G-men, dachte er hoffnungsvoll und stieg rasch wieder ein.
»Schulz«, knurrte er in den Hörer. »Ein Kollege vom Hauptquartier möchte Sie sprechen, Sergeant. Er heißt Curby. Ich verbinde! Bitte, sprechen Sie!«
»Hallo, Curby?« fragte Schulz neugierig. »Haben Sie schon etwas zu melden?«
»Ja, Schulz. Wir hatten noch nicht einmal unsere Positionen bezogen, da verließ dieser Renier das Haus. Er ging in eine Kneipe in der 98. Straße. Koslow und ich betraten ungefähr zehn Minuten später das Lokal. Der Alte saß in der hintersten Nische. Aber er war nicht allein. Wissen Sie, wer bei ihm saß?«
»Keine Ahnung. Vielleicht verraten Sie es mir!«
»Zwei stadtbekannte Gangster. Jeder von uns im Hauptquartier kennt diese beiden Gauner. Sie heißen Bill Rock und Gastone Levaldi. Die beiden tuschelten pausenlos mit dem alten Re-I nier. Und zum Schluß haben sie ihm einen dicken Briefumschlag in die Hand gedrückt.«
»Einen dicken Briefumschlag?« wiederholte der Sergeant. »Rock und Levaldi gaben ihn dem alten Renier?«
»Ja, so war es.«
Sergeant Schulz nagte an der Unterlippe. Lange Zeit war es still. Bis Curby zweifelnd fragte:
»Schulz, sind Sie noch da?«
»Sicher! Lassen Sie mich mal nachdenken ... .«
Curby schwieg und wartete. Sergeant Schulz geriet ins Schwitzen. Zwei Gangster hatten dem alten Renier einen dicken Briefumschlag in die Hand gedrückt. Das war so die Art, wie man jemandem bares Geld überreicht, ohne daß andere gleich sehen können, daß es sich um Geld handelt. Wenn es aber wirklich Geld war — wofür bekam ein alter Mann wie Renier Geld von Gangstern? Oder war das eine Art Pflaster, damit er den Mund hielt?
»Warten Sie, bis Renier wieder in seiner Wohnung ist«, entschied der Sergeant schließlich. »Dann rufen Sie mich noch einmal an. Ich glaube, wir werden uns dann diesen alten Hecht einmal gründlich vorknöpfen. Etwas ist faul mit dem Kerl.«
***
Sie hatten sich mit ihren Fesseln wirklich Mühe gegeben. An den Fenstern des Hauses in der zwölften Straße konnte nicht eine einzige Gardinenschnur mehr zu finden sein. Offenbar trauten sie uns etwas zu, denn sie gaben sich nicht damit zufrieden, nur unsere Handgelenke fest aneinanderzuschnüren, sie preßten auch unsere Hände ineinander und umwickelten sie so fest, daß wir buchstäblich keinen Finger bewegen konnten. Innerhalb weniger Minuten waren unsere Hände wie abgestorben.
Soweit benahmen sie sich konsequent. Aber dann machten sie ihren Fehler: Der ausgeloste Aufpasser — es war der dicke Gemütsmensch — hatte keine Lust, sich zu uns in einen stockdunklen, fensterlosen Kellerraum zu setzen. Also räumten sie alles aus dem Keller hinaus, damit wir uns die Fesseln nicht durchscheuern konnten, und warfen uns kurzerhand auf den Fußboden. Daß er kalt, feucht und glitschig war, konnte man nicht anders erwarten.
Wir ließen höchstens drei Minuten verstreichen, nachdem sich die Tür hinter uns geschlossen hatte, dann krochen wir in der Finsternis herum, bis ich auf Phil stieß. Er bewegte sich nicht, weil er nicht wußte, was ich vorhatte. Also blieb mir nichts anderes übrig, als die Rutschpartie weiterzumachen, bis ich ihn einmal umrundet hatte und hinter ihm lag. Da mir der Knebel das Atmen ohnehin erschwerte, brauchte ich ein paar Minuten, um zu verschnaufen.
Als ich wieder halbwegs bei Luft war, tastete ich mit der Nasenspitze an ihm herum. Endlich hatte ich seine gefesselten Hände gefunden. Mir lief trotz der Kälte in diesem rabenschwarzen Loch der Schweiß aus allen Poren, denn ich mußte die verkrampftesten Anstrengungen machen, wenn ich erreichen wollte, daß sich Phils steife Finger zwischen das Tuch meines Knebels und mein Gesicht
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