0344 - Die Hexe von Nottingham

Titel: 0344 - Die Hexe von Nottingham Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa

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Rand des Kreises und löschte ihn aus. Die Beschwörung fand ein jähes Ende.
    ***
    Zamorra erwachte, weil ein Schluckreflex überstark wurde. Prompt verschluckte er sich und hustete. Er riß die Augen auf. Er lag auf dem Bett, neben ihm saß Nicole auf der Bettkante und versuchte, ihm einen scheußlich schmeckenden Trank einzuflößen.
    Zamorra fühlte sich müde, sehr müde.
    Er stöhnte auf, schloß die Augen wieder. Nicole rüttelte ihn. »Wachbleiben! Du mußt das hier trinken, hörst du? Trink…«
    Wieder die Flüssigkeit an seinen Lippen. Er stützte sich halb auf und schluckte vorsichtig. Der Trank schmeckte immer noch nicht besser. Aber er half, das wußte er seit dem Augenblick, da er ihn am Geschmack erkannte. Es war ein Stärkungstrank, der Tote aus dem Schlaf reißen konnte. Zamorra hatte das Rezept vor einiger Zeit in alten Schriften gefunden, und je nach Dosierung verlieh dieser Trank ungeheuere bis übermenschliche Kräfte. Und was noch wichtiger war: im Gegensatz zu aufputschenden Medikamenten machte er nicht süchtig.
    Ansonsten war die Wirkung ähnlich - der folgende Zusammenbruch, wenn sich die durch den Trank mobilisierten Kräfte verzehrt hatten, war nur um so stärker.
    »Warte«, sagte Zamorra. »Es reicht. Nichts mehr davon.«
    »Aber du bist erschöpft, und du brauchst deine Kraft.«
    Er wehrte ab.
    »Trotzdem, Nici. Warte erst ab. Ich möchte mich nicht zu früh restlos verausgaben. Vielleicht brauche ich die Kräfte genau dann, wenn sie aufgebraucht wären… habe ich etwas herausfinden können? Ich bin wie ausgebrannt.«
    »Ich glaube schon«, sagte sie. »Ich habe dir eine Landkarte in die Hand gedrückt, und wenn ich sie dir nicht wieder entzogen hätte, wäre sie wohl verbrannt. Du hast auf einen bestimmten Punkt nördlich von Leicester getippt. Den müssen wir jetzt herausfinden.«
    »Wieso herausfinden?« Zamorra rutschte auf dem Bett herum, bis er aufrecht sitzen konnte.
    »Pardon - ich habe mich falsch ausgedrückt, und du hast nicht richtig zugehört. Wir müssen herausfinden, wie der Ort heißt, dessen Position auf der Landkarte dein Zeigefinger in Asche verwandelt hat.«
    Unwillkürlich betrachtete Zamorra seinen Finger. Aber es gab keine Spuren.
    »Kannst du mir die Karte zeigen?«
    Nicole reichte sie ihm.
    »Nottingham«, sagte Zamorra. »So wie ich England in Erinnerung habe, muß es Nottingham sein. Ich erinnere mich wieder. Ich habe ein graues Mietshaus gesehen. Aber es wird dort viele Mietshäuser geben. Es kann eine lange Suche werden. Die Frau ist schwarzhaarig, und sie muß eine Hexe sein, nach allen Eindrücken, die ich empfing. Wie lange war ich eigentlich geistig weggetreten?«
    »Etwas über eine halbe Stunde«, sagte Nicole. »Ich habe dir den Zaubertrank gekocht und versucht, ein wenig aufzuräumen.«
    Der Teppich lag wieder ausgerollt da, Tisch und die beiden Stühle befanden sich noch vor dem Fenster. Zamorra machte Anstalten, sich aus dem Bett zu erheben. Nicole machte ihm Platz. Zamorra stand da, schüttelte sich wie ein nasser Hund und nickte dann.
    »Ich bin wieder einigermaßen da«, sagte er. »Aber wenn es etwas zu fahren gibt, setz du dich lieber ans Lenkrad. Himmel, wenn doch nur das Amulett wieder funktionieren würde. Es ist wie blockiert. Als ob Leonardo es abgeschaltet hätte, aber noch schlimmer als jemals zuvor.«
    Er küßte Nicole. »Ich stelle mich ein wenig unter die Dusche, okay?«
    »Und ich rufe im Krankenhaus an. Vielleicht ist Beta etwas ortskundig.«
    In der Tür zu dem kleinen Bad blieb Zamorra stehen. »Du müßtest ihm schon sehr genau beschreiben, wie ich das Haus gesehen habe… warte lieber, bis ich selbst wieder reden kann.«
    Im selben Moment schrillte das Zimmertelefon. Nicole hob ab und meldete sich. Dann nickte sie Zamorra zu, der noch in der geöffneten Zwischentür stand.
    »Es ist Beta«, sagte sie. »Ich glaube, er wird mit dir selbst sprechen wollen. Es ist etwas passiert.«
    ***
    Bess Saunders parkte den Wagen in der Abstellnische vor dem Mietshaus. Die Rothaarige in ihrem weißen Gewand, das etwa so unauffällig war wie eine Kuh in der Bratpfanne, wich ihr nicht von den Fersen. Den blaufunkelnden Kristall hatte Bess in der Hand. Er fühlte sich kühl an, obgleich er doch eigentlich von der Wärme ihrer Hand beeinflußt sein mußte.
    Bess erreichte ihre kleine Wohnung.
    Ein Impuls warnte sie. Irgendwie spürte sie, daß etwas nicht stimmte. Hinter der Wohnungstür lauerte eine Gefahr. Aber diese Gefahr betraf die Hexe