0346 - Der Kobra-Dämon
Nadines Name. Daneben die Klingel. Pascal drückte flüchtig darauf und hörte deutlich, wie die Glocke drinnen anschlug.
Sein Herz klopfte hörbar.
»Pascal?« ertönte es von drinnen. »Komm herein! Die Tür ist offen!«
Er drückte die Klinke nieder. Tatsächlich schwang die Tür auf. Pascal trat in einen kleinen Flur, in der linken Hand die Weinflasche, zwischen den Zähnen einen Strauß Blumen, den er im Vorgarten seines Vermieters noch schnell zusammengeklaut hatte. Er drückte die Tür hinter sich ins Schloß.
»Dreh den Schlüssel herum, ja?« hörte er Nadines Stimme aus einem Zimmer, dessen Tür nur angelehnt war.
»Sofort«, preßte er zwischen den Blumenstengeln hervor und tat ihr den Gefallen. Dann öffnete er die Tür zu dem Zimmer.
Nadine lag auf der Couch, eine leichte Decke bis ans Kinn gezogen. Auf dem Tisch brannte eine Stumpenkerze. Gläser standen bereit.
»He, du hast dich ja ganz fein gemacht«, stieß sie hervor.
Pascal öffnete den Mund. Er war sprachlos. Die Blumen fielen herab. Reaktionsschnell fing er sie auf.
»Bist du krank?« stieß er hervor. »Oder warum liegst du…«
Sie lachte hell auf. »Im Gegenteil, Pascal. Ich dachte, wir holen nach, was wir heute nachmittag an der Loire versäumt haben.«
Sie schlug die Decke zurück und erhob sich von der Couch. Pascal glaubte zu träumen, aber es war ein wundervoller Traum. Das. Mädchen, das er begehrte, in das er sich verliebt hatte, brachte den Mut auf, ihn in verführerischer Nacktheit zu empfangen.
»Seit Wochen habe ich darauf gewartet«, hauchte Nadine. »Ich mag -dich, Pascal. Ich habe mich nur nie getraut, es dir zu sagen. Ich will dich, Komm…«
Aber dann war sie es, die zu ihm kam, mit ausgebreiteten Armen. Er gewahrte den Duft ihres Parfüms, spürte ihre warme, nackte Haut, als sie sich an ihn schmiegte und ihn mit verwirrender Leidenschaft küßte. Er versank in einem Taumel der Träume.
Das Scharren und Nagen an der Korridortür vernahm keiner von ihnen…
***
»Ich träume«, hörte Zamorra Gryf hervorstoßen. »Was soll denn das wieder bedeuten?«
Aus der Tiefe seiner todwunden Seele kehrte Zamorra in die Wirklichkeit zurück. Schwerfällig drehte er sich wieder um, fast widerwillig. Aber Gryfs Tonfall war alarmierend.
»Ich werd’ verrückt«, keuchte Rob Tendyke.
Jetzt sah es auch Zamorra. Sein innerliches Sträuben ließ nach. Aber er konnte kaum glauben, was er sah.
Der riesige Kobraschädel schwebte wieder in die Höhe, ohne zugebissen zu haben! Die Gifttropfen klebten noch an den langen Zähnen, und Nicoles Körper wies keine Verletzung auf!
»Unmöglich«, flüsterte Zamorra. Solche Wunder gab’s nicht. Der Kobra-Dämon konnte Nicole einfach nicht verschont haben.
Aber jetzt zerrten die Tempeldiener, die Schlangenköpfigen, sie von dem Schlangenaltar, ehe eine eventuelle Metamorphose einsetzen konnte! Und die Verwandlung kam auch nicht!
Etwas war anders! Der normale Ablauf des Geschehens hatte eine Veränderung erfahren. Nicole versuchte sich loszureißen und gegen die Schlangen-Menschen anzukämpfen, bäumte sich in ihren Griffen auf und trat um sich. Einer der beiden Opferpriester zischte einen Befehl, und ein Fausthieb betäubte Nicole. Sie erschlaffte im Griff der Diener und wurde beiseitegezerrt. Sorgfältig legten sie Zamorras Gefährtin am Rand der Plattform neben dem unruhig von einem Fuß auf den anderen tretenden Silvio nieder.
Die Riesen-Kobra war unruhig. Zamorra glaubte ihre Nervosität körperlich zu spüren. Etwas mußte geschehen sein, was den Dämon verunsicherte.
Er erkannte ihr Blut, raunte etwas Zamorra zu.
Damit konnte er im Moment auch nichts anfangen.
»Ob das Biest es sich anders überlegt hat und die Opferung abbricht?« überlegte Tendyke in der Nachbarnische halblaut. Bloß hatte er sich ein paar Sekunden zu früh gefreut, denn im nächsten Moment setzten die Tempeldiener sich wieder in Marsch, um das nächste Opfer zu holen.
Diesmal war es Teri, die sie ausgewählt hatten…
***
Ssacah war in der Tat verwirrt.
In diesem Opfer hatte er die Aura schwarzen Blutes gespürt! Sie war eindeutig, und damit war dieses Wesen in menschlicher Gestalt auch eindeutig dämonisch! Dämonische aber waren für Ssacah und seine Diener tabu.
Und doch mußte Satans Ministerpräsident sie zu seinen Feinden zählen, denn ansonsten wäre sie jetzt nicht hier. Ansonsten wäre es nicht geschehen, daß diese Dämonin in die Falle der Schlange tappte. Doch gehörte sie nicht zu
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