0349 - Das Dyarra-Inferno
streckte die Hand aus. Das Amulett folgte ihrem telepathisch ausgesandten Ruf und raste in ihre Hand zurück. Gelassen hakte sie es wieder an der Halskette fest. »Eigentlich«, meinte sie entschuldigend, »ist für das Sprücheklopfen ja Michael Ullich zuständig. Da aber weder der noch Zamorra gerade anwesend sind, muß ich das wohl übernehmen.«
Tendyke tippte sich an die Stirn. »Der Dhyarra hat dir wohl doch irgend etwas angeschmort, wie?« Sie traten zu Ted Ewigk, der sie ungläubig staunend ansah.
»Um ein Haar wären wir zu spät gekommen«, sagte Nicole. »Aber im letzten Moment haben wir noch einen halbwegs befahrbaren Pfad gefunden, auf dem wir bis fast hierher kamen… ich denke, das war fünf Sekunden vor zwölf, wie?«
»Wie… wie kommt ihr hierher?« stieß Ted fassungslos hervor. Er konnte es einfach nicht glauben, so knapp dem Tod entronnen zu sein. Aber Nicole war keine Halluzination!
»Mit dem Jaguar«, versicherte sie. »In dem liegt übrigens dein Kristall griffbereit. Ich konnte ihn garade vor der städtischen Müllabfuhr retten.«
»Eh, müssen die Blödeleien sein?« wollte Tendyke wissen. »Vielleicht erzählst du ihm mal, was alles los war.«
»Du wirst es vielleicht nicht für möglich halten, Ted, aber deine Einladung nach Llewellyn Castle ist eine Falle. Da gibt es ein paar Leute, die versuchen wollen, dich umzubringen. Ich hoffe, wir sind noch nicht zu spät gekommen?«
»O weh, dich hat’s wirklich erwischt«, murmelte Ted Ewigk.
»Jetzt mal im Ernst. Wie geht es dir? Bist du verletzt worden?« wollte Nicole wissen. »Dieser grimmig dreinschauende Herr neben mir schimpft sich übrigens Tendyke.«
»Ach der«, murmelte Ted. »Ich könnte Bäume ausreißen, wenn meine Kondition es zuließe und die Umweltzerstörung nicht ohnehin schon viel zu groß wäre… ihr werdet mich tragen müssen. Hat der Jaguar wenigstens vernünftige Liegesitze?«
»Da hilft nur eines: ausprobieren«, sagte Nicole. »Ich denke, daß wir uns gegenseitig eine Menge zu erzählen haben…«
***
Das hatten sie in der Tat.
Schließlich fügte Nicole eine eigentlich recht verwegene Idee an. »Ted, du wirst in Beaminster Cottage jetzt wohl immer wieder auf irgend eine Weise angegriffen werden, und ich bin sicher, daß sie einen Weg finden, irgendwann auch die Abschirmung zu knacken. Beim Château Montagne haben sie es ja immerhin auch schon einmal geschafft, mit ihren Invasionswolken. Deshalb bin ich füf eine abermalige Standortverlegung.«
»Und wohin?« fragte Ted.
»Dahin, wo sie nicht mit dir rechnen. Nach Llewellyn Castle«, sagte Nicole. »Ich bin sicher, daß der Lord dich gern für einige Zeit aufnehmen wird.«
»Da bin ich allerdings auch sehr sicher«, sagte Ted, dessen Gesicht sich merklich aufhellte. »Da gibt es nur noch eine Schwierigkeit. Ich denke, die Burg ist derzeit von der Außenwelt abgeschlossen?«
»Wir werden, wenn du den Transport im Liegesitz erträgst, die Nacht durch fahren«, sagte Nicole, »und in den Morgenstunden oben in den Highlands sein. Und ich denke, daß sie da inzwischen zumindest eine Schneise für den Rolls-Royce des Lords freigeschaufelt haben. Aber wo der durchpaßt, passen wir erst lange.«
Tendyke räusperte sich. »Okay. Die Sache mit dem Ted-Ewigk-Kennenlernen hat ja nun funktioniert, wenn auch ein wenig anders als ursprünglich geplant… aber ist dir vielleicht noch vage in Erinnerung, Nicole, daß ich morgen einen geschäftlichen Termin mit der Reederei in London habe?«
Nicole lächelte.
»Wir setzen dich auf der Durchreise in Edinburgh ab«, versprach sie. »Von da aus kannst du nach London fliegen - es sei denn, du möchtest Seine Lordschaft auch direkt kennenlernen…«
Tendyke seufzte.
»Okay«, sagte er. »Der Mann interessiert mich ebenfalls. Dann fliege ich, eben etwas später. Es wird ja wohl hoffentlich nicht schon wieder ein Dämonendiener in der Maschine auf mich lauern…«
***
Der Empfang auf Llewellyn Castle am folgenden Vormittag war sehr herzlich - Sir Bryont Saris war zwar über den Besuch maßlos verblüfft, aber nichtsdestoweniger sehr erfreut. Er erklärte sich sofort dazu bereit, Ted Ewigk bis auf weiteres bei sich aufzunehmen, und Ted war froh, nach langer Zeit endlich wieder mit einem alten Freund plaudern zu können.
Aber das alles brachte ihn nicht darüber hinweg, daß fünf EWIGE für ihn ihr Leben hatten opfern müssen, und zuweilen fragte er sich, ob er die Sache nicht bisher einfach viel zu locker betrachtet
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