0352 - Die Bestie von Neapel
die furchtbare, böse Macht. Aber sie konnte es nicht. Was aus Bjerns Grab gekommen war, wohnte jetzt in ihr.
Der Höllenfürst hatte die unglaubliche Fähigkeit, die Bjern Grym nie hatte akzeptieren wollen, jetzt an einen anderen Menschen verliehen.
Ein neues Werkzeug, mit dem niemand rechnen würde.
April Hedgeson hatte Bjern Gryms düsteres, magisches Erbe angetreten. [3]
Jetzt wußte April es wieder. Und sie erschauerte. Sie spürte, wie es dumpf in ihr rumorte und sich ausbreitete. Die finstere Macht…
Und Leonardos Auftrag, Professor Zamorra unschädlich zu machen…
Sie wollte es nicht. Alles in ihr bäumte sich dagegen auf. Und doch wußte sie, daß sie es tun würde. Sie konnte sich nicht dagegen wehren.
Notfalls – würden ihre Träume es tun…
Ihre Hände zitterten, und sie schloß die Augen, als könne sie dadurch der furchtbaren Vorstellung entfliehen. Aber dann spürte sie wieder Mac Landrys Hände auf den ihren, und sie wußte, daß sie verloren war.
Sie würde Professor Zamorra vernichten.
»Ich werde dir dabei helfen, April«, sagte Landrys, und seine Lippen waren über ihren und berührten sie zum Kuß.
Ich will nicht, dachte sie verzweifelt.
»Ich will es«, sagte sie.
***
»Gut«, sagte Zamorra schließlich, als Nicole mit ihrer Rundumüberprüfung fertig war. »Das wäre es also gewesen. Nun, dann werde ich diese Hütte mal mit Dämonenbannern versehen. Sollte Gryf in dämonisierter Form zurückkehren, wird er eine Überraschung erleben.«
»Und auch jeder andere Dämonische, der glaubt, er könnte diese Hütte zu seinem Stützpunkt machen«, fügte Nicole hinzu.
»Hat Leonardo denn keine Andeutung gemacht?«
Teri schüttelte den Kopf. »Nein. Er hat nur erst einmal mich zur Bewährungsprobe befohlen und Gryf gegenüber sinngemäß gesagt, daß sich für ihn rechtzeitig etwas finden werde.«
»Das läßt natürlich alles offen. Vielleicht ist er tatsächlich dabei, seine Probe zu bestehen.«
»Woran wir ihn hindern müssen«, sagte Teri. »Ich darf mir gar nicht vorstellen, daß ich es ohne euer Auftauchen glatt geschafft hätte. Dann wäre Fenrir jetzt tot und ich wohl eine Werwölfin… etwas Ähnliches darf Gryf nicht passieren.«
Nicole schnipste mit den Fingern.
»Du hast eine Menge Abenteuer zusammen mit Fenrir bestanden«, sagte sie. »Ihr wart beide miteinander sehr vertraut. Und Leonardo befahl dir, Fenrir zu töten. Also deinen besten Freund, wenn man es mal so sagen darf. Vielleicht können wir daraus Rückschlüsse ziehen, wie Gryfs Auftrag aussieht.«
»Er ist der größte Vampirhasser und Schürzenjäger unter der Sonne«, sagte Zamorra. »Also läge es für Leonardo nahe, ihn zu einem Vampir zu machen.«
»Um Himmels willen«, flüsterte Teri.
Es wäre die logische Konsequenz. Wir müssen davon ausgehen, daß es so ist, teilte sich Fenrir ihnen mit. Gryf als Vampir… eine bizarre Vorstellung. Bleibt zu überlegen, wie, wo und wann das geschehen soll.
»Ebensogut könntest du fragen, wer nächste Woche im Lotto gewinnt«, brummte Zamorra verdrossen.
Teri sah Fenrir an. »Alter Knabe, wie wäre es? Hast du Lust, dich mit mir gleichzuschalten? Wir könnten Gryf telepathisch suchen. Zu zweit haben wir nicht gerade schlechte Chancen. Und wenn das nicht hilft, bilden wir mit Zamorra und notfalls auch Nicole einen Kreis. Damit müßten wir ihn erwischen.«
Vorausgesetzt, er ist nicht ebenso abgeschirmt wie weiland Bill Fleming, gab der Wolf zu bedenken. Den konnte ja nicht einmal Merlin finden, und das will schon etwas heißen.
»Versuchen wir es einfach…«
***
Ein Taxi brachte April Hedgeson und Mac Landrys rund zwei Stunden später zum Yachthafen hinaus. Der gelblackierte Fiat kam April klein und eng vor, und sie glaubte jeden Moment von anderen Wagen gerammt zu werden; der Verkehr in Neapel war um diese Stunde hektisch. Zwischen den Fahrzeugen gab es kaum ein paar Zentimeter Platz, jede Lücke wurde sofort genutzt und ausgefüllt, und Überholmanöver auf dem Gehsteig gehörten ebenso zur Tagesordnung wie der fleißige Gebrauch der Hupe.
Vom Gardasee und seiner Umgebung her war April die Größe ihres Rolls-Royce gewohnt; darin schwamm sie im auch im Norden Italiens noch hektischen Verkehr wie in einer festen, rollenden Burg im Verkehr mit. Das Fiat-Taxi vermittelte ihr das Erleben aber recht hautnah – oder besser gesagt, blechnah.
Am Yachthafen selbst war es dagegen direkt ruhig. In der Ferne waren die grauen Silhouetten von Kriegsschiffen zu
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