0352 - Hemators tödliche Welt
gute Frage, die ich dir leider nicht beantworten kann«, erwiderte der Eiserne. »Ich kenne ihn nicht. Ich stand ihm nie persönlich gegenüber.«
»Auch nicht in Atlantis?«
»Nein, hast du ihn denn gesehen?«
Kara schüttelte ihren Kopf. Die langen schwarzen Haare flogen dabei. »Es ist mir nie gelungen. Ich hörte nur mehr in Erzählungen und Legenden von ihm. Die Alten sprachen davon. Zudem sind unsere Gegner wesentlich älter als ich.«
»Das stimmt.«
»Aber was ist mit dir?« fragte Kara.
»Ich habe ihre Wege nie gekreuzt«, erklärte der Eiserne. Dabei schaute er an Kara vorbei in die kristallene Ferne, als könnte er dort irgendwo die Lösung seiner Probleme entdecken. Vielleicht bin ich ihnen auch bewußt aus dem Weg gegangen…
»Du meinst wegen deines Bruders?«
»Genau.«
»Wußtest du denn davon?«
»Nein, ich habe nur gehört, daß es um meine Geburt ein Geheimnis gibt. Jetzt weiß ich mehr. Wie alles genau entstanden ist und was das Geheimnis beinhaltet, das kann ich dir leider nicht sagen. Es ist auch uninteressant, wir wollen sehen, daß wir uns in dieser Welt zurechtfinden.«
»Du kennst auch die Folgen?« erkundigte sich Kara.
»Natürlich. Jeder, der sich mit Gorgos anlegt und ihm zu nahe kommt, erfährt seine Rache. Er verglast allmählich. Das Leben wird aus seinem Körper hervorgesaugt, wobei ich mich wundere, daß man uns noch nichts getan hat.«
»Sind wir Menschen?« fragte Kara leise.
Der Eiserne zuckte zusammen. Dann drehte er langsam den Kopf und schaute auf Karas Haar. »Menschen?« Er wiederholte das Wort.
»Das weiß ich auch nicht genau. Ich glaube nicht.«
»Wir sehen zwar menschenähnlich aus, wobei ich mich mehr als Mensch bezeichne, als du. Aber welche Existenz ist schon über zehntausend Jahre alt? Nicht einmal ein Baum.«
Nachdenklich nickte der Eiserne.
»Wenn wir keine Menschen sind, was sind wir dann?«
»Vielleicht Zwitter, die sich mehr zur menschlichen Seite hingezogen fühlen.«
»Das kann sein. Ich würde vorschlagen, daß wir es dabei belassen. Finden wir uns damit ab.«
Für beide war die kleine Philosophiestunde beendet. Sie besaßen andere Probleme. Da es keinen Weg zurück gab, mußten sie nach vorn schauen und gehen.
Das hieß: Gorgos aufspüren!
Sie würden es zumindest versuchen und einfach in die Richtung gehen, wohin sie schauten. Irgendwann einmal mußten sie auf Gorgos treffen. Er konnte sich nicht für immer versteckt halten.
Obwohl sich beide in einer schweigenden Welt befanden, vernahmen sie immer wieder Geräusche. Verursacht durch ihre Schritte auf dem gläsernen Boden, und sie hörten das Knirschen, ohne daß jedoch Glas brach. Es zeigte hin und wieder Risse, so daß es genau an diesen Stellen schwammig aussah.
Es war ein schlimmes Land. Ohne jegliche Geräusche. Obwohl beide nicht so empfanden wie normale Menschen, war ihnen das Land des Schweigens unsympathisch.
Der Eiserne Engel ging einige Schritte vor. Er hatte sein Schwert gezogen, hielt es in der rechten Hand und schlug damit manchmal einen Halbkreis, so daß die Spitze der Waffe dicht über den Boden wischte.
Plötzlich blieb er stehen.
Kara fragte nicht nach dem Grund, sie schaute dorthin, wo sich auch der Blick des Eisernen konzentriert hatte und sah dicht unter dem Glas etwas liegen.
Die Schöne aus dem Totenreich erschrak.
Es war ein Mensch.
Die Schichten des ungewöhnlichen Glases verzerrten die Sichtperspektive, dennoch konnten beide erkennen, daß es sich bei diesem verglasten Menschen um einen Soldaten handelte, denn auf dem Kopf trug er einen breiten Helm, der einen Riemen besaß. Dieser wiederum hatte sich um das Kinn des Soldaten gewickelt.
»Ich glaube, ich kenne ihn!« flüsterte Kara.
»Woher?«
Das Lächeln der dunkelhaarigen Frau wirkte verloren. »Wenn ich irdische Zeitmaße nehme, würde ich sagen, daß er zehntausend Jahre alt ist. Verstehst du?«
»Dann stammt er aus unserem Land?«
»Ja, er ist ein Soldat von dem versunkenen Kontinent.«
Der Eiserne bewegte seinen Kopf. »Ich frage mich nur, wie er hier in diese Welt kommt?«
»Er wird uns leider keine Antwort mehr geben können.« Kara hob die Schultern und sah nach rechts, wo eine aus unzähligen Platten und Kristallen bestehende Felsformation in die Höhe wuchs und regelrechte Berge bildete, auf deren Spitzen das Licht funkelnd und gleißend in die Spektralfarben gebrochen wurde.
Die Entfernung zu den Bergen war für Kara schwer zu schätzen.
Die unnatürliche Helligkeit und die
Weitere Kostenlose Bücher