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0354 - Gruft der wimmernden Seelen

0354 - Gruft der wimmernden Seelen

Titel: 0354 - Gruft der wimmernden Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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zueinander«, sprach der Mönch leise weiter. »Volles Vertrauen.«
    Sie bewegte die Augenlider. Es war eine Geste der Nervosität, dabei zeigten ihre Züge auch erste Zweifel, so daß sich der Pater gezwungen sah, sehr rasch zum Thema zu kommen.
    »Weshalb hast du dein Lager und den Raum hier verlassen, Jane? Du warst hier sicher…«
    »Nein.«
    »Nein?« wiederholte Pater Ignatius und hob dabei die Augenbrauen. »Das verstehe ich nicht. Du mußt es mir näher erklären. Wer sollte dir etwas tun wollen, Jane?«
    Die Frau schüttelte den Kopf. Auf ihrer veränderten Haut glänzte der Schweißfilm. Die ehemalige Hexe stand unter Streß.
    »Andere wollen mir etwas tun – andere.«
    Der Pater nickte. Er blieb äußerlich ruhig, obwohl er innerlich so nervös war. Vielleicht kam er jetzt der Sache auf die Spur, aber er mußte sehr vorsichtig sein. »Die anderen also«, stellte er fest. »Hast du denn einen Begriff davon, wer die anderen sind, meine Liebe?«
    »Alle!«
    »Auch ich?«
    Jane schaute ihn starr an. »Ja, alle. Ihr wollt mir etwas. Ich spüre es. Ihr wollt mich töten. Ich soll in die Grüfte der wimmernden Seelen steigen, und dort wollt ihr mich umbringen.« Die Lautstärke steigerte sich. »Umbringen, das ist es. Töten!«
    »Nein, Jane, niemand will dich töten. Ich am allerwenigsten, glaub mir das.«
    »Doch, das wollt ihr. Ich weiß es. Ich weiß eben alles. Ihr seid gemein, ihr seid schlecht. Ihr wollt nur den Würfel. Ja, den Würfel, danach strebt ihr.«
    »Aber ich möchte ihn wirklich nicht«, erklärterer Pater. »Du sollst ihn, ja, du mußt ihn sogar behalten. Er gehört dir, er ist dein Eigentum. Glaub es mir.«
    »Warum habt ihr mich dann gerufen?« stieß Jane hervor. »Sag mir den Grund für euren Ruf.«
    »Ich habe dich nicht gerufen!«
    Mit einem so heftigen Ruck richtete sie sich auf, daß der Pater zurückfuhr. »Ja!« schrie sie ihm ins Gesicht. »Ja, du hast mich gerufen. Ich habe deine Stimme vernommen.« Speichel sprühte gegen Pater Ignatius’ Wangen. Er wischte ihn nicht weg, sondern schaute in die verzerrten Züge der Frau, die plötzlich nicht mehr konnte, anfing zu schluchzen und sich wieder zurückfallen ließ.
    »Alle«, jammerte sie, »alle stehen auf der anderen Seite. Ihr wollt den Würfel, aber ich gebe ihn nicht her.« Sie umklammerte ihn im nächsten Augenblick mit dem Arm. »Nein, nein!« schluchzte sie.
    »Ich kann ihn nicht hergeben!«
    »Keiner will ihn dir nehmen, Jane!« Glaube mir. Der Pater strich über das lange Haar. Diesmal zeigte Jane Collins keine Reaktion. Sie hielt nur den Würfel fest, alles andere schien sie nicht mehr zu interessieren.
    Ihre letzten, so aufwühlenden Reaktionen hatten den Pater sehr nachdenklich gemacht. Er dachte darüber nach, daß Jane lange hier gelegen hatte, fast wie in einem Gefängnis, und irgendwann hatte diese Psychose, wie Ignatius den Zustand der Frau bezeichnete, einmal eintreten müssen. Bestimmt hatte ihr keiner im Kloster den Würfel nehmen wollen, Jane hatte sich alles eingebildet…
    Dagegen sprach ihre seltsame Andeutung. Von einer Gruft der wimmernden Seelen hatte sie geredet, und darunter konnte sich Pater Ignatius nichts vorstellen.
    Und noch etwas machte ihn nachdenklich.
    Die Beschaffenheit der Haut.
    Ohne Grund hatte dieser Wechsel sicherlich nicht stattgefunden, und damit mußte Jane unmittelbar etwas zu tun gehabt haben.
    Deshalb wollte der Pater die Worte der Frau nicht so ohne weiteres abtun oder vergessen.
    Er ließ einige Minuten verstreichen, bevor er die nächste Frage stellte. »Fühlst du dich wieder besser?«
    »Nein.«
    »Möchtest du jetzt allein gelassen werden und schlafen?«
    Jane schwieg. Sie drehte sich nur ein wenig auf die Seite, so daß sie dem Pater ins Gesicht schauen konnte. Dann öffnete sie den Mund, wobei er wie ein breites Loch wirkte, in dem die Zähne aufeinanderstachen. Sie konnte nur noch zischend sprechen. »Ich bin nicht allein, ich werde nie mehr allein sein. Sie werden kommen und mich holen, das ist sicher.«
    »Und wer soll das sein?«
    »Alle, Father, alle. Sie sind stark und mächtig. Es hat sich viel verändert. Ich habe es gesehen. Hier«, hauchte sie, »hier im Würfel. Er zeigte es mir.«
    Der Mönch wußte nicht, was er dazu sagen sollte. Er konnte die Worte nicht bejahen und auch nicht abstreiten, da er nicht den Überblick wie seine Freunde hatte.
    Und Jane Collins hatte einmal zu ihnen gehört. Es war ihr des öfteren gelungen, Blicke in andere Reiche zu werfen und

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