0354 - Mordmotiv nach Maß geschneidert
stieß die Haustür auf, ein Lichtstrahl fiel in den Flur, ein Mann sagte etwas…
»Vic!«, rief ich. »Vic Tucker, hierher!«
Ich hörte einen überraschten Ausruf, im Schein einer zweiten Stablampe hörte ich Phils Stimme sagen: »Aber um Himmels willen, Jerry, hat dich jemand mit einem Punchingball verwechselt?«- »Allmählich geht es wieder, Phil. Guckt mal, ob meine Pistole und meine Lampe herumliegen. Ich muss mit einem Büffel gekämpft haben, dem Burschen war einfach nicht beizukommen.«
Es gelang Phil und Vic, mich in den ersten Stock hinaufzuhieven.
Unterwegs hob Phil meine Smith & Wesson auf, die noch unversehrt am Boden lag.
Die Tür an der laut Rudys Information Seldon stehen sollte, existierte nur noch als Trümmerhaufen. Ich hatte den Eindruck, dass ein ungeduldiger Besucher sie mit einigen heftigen Fußtritten aus dem Rahmen gesprengt hatte.
»Rücksichtslose Menschen gibt es«, hörte ich Phil brummen, während wir über die Holzteile hinwegstiegen.
Der erste Raum war eine kleine, schmutzige Küche, Berge von Geschirr standen im Ausguss. Es roch nach Fisch und ranzigem Fett.
»Phil«, sagte ich, »wie spät ist es eigentlich? Und wieso seid ihr hier aufgetaucht?«
»Jemand hat angerufen und uns aufgefordert, deine Knochen einzusammeln. Tut mir leid, aber genauso hat er’s gesagt.«
Rudy fanden wir im Nebenraum, einem kombinierten Wohnschlafzimmer.
Jemand hatte sich sehr gründlich mit ihm beschäftigt. Aber er lebte noch, obwohl sein Puls sehr schwach war.
Rudy musste auf der Schlafcouch gelegen haben, als er überfallen wurde. Das wunderte mich, denn seinem Anruf nach zu schließen, hätte er wachsam auf seine Verfolger lauern müssen.
»Ein Mensch, der sich verfolgt weiß, legt sich doch nicht einfach auf die Couch und schläft seelenruhig«, sagte auch Phil im selben Augenblick.
»An der Sache ist etwas faul.«
»Vielleicht hat sein Angreifer ihn ausgeknockt und zur Couch transportiert«, meinte Vic.
Ich schüttelte den Kopf.
»Kaum. Meiner Ansicht nach sollte Rudy mich in eine Falle locken. Als gehorsamer Gefolgsmann seines Bosses hat er das auch getan, ohne zu wissen, dass sein Boss zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und Rudy selbst eine Lektion erteilen wollte. Aber das werden wir sehr bald erfahren.«
Phil sah mich erstaunt an.
»Nanu, seit wann bist du so optimistisch, Jerry?«
»Ich kenne Rudy Oats gut. Und wenn ich mich nicht gewaltig irre, packt er jetzt aus. Er hält eisern dicht, solange ihm nichts passiert, wird ihm aber ein Haar gekrümmt, singt er. Du wirst sehen, er wird reden, sobald er wach wird.«
Phil telefonierte nach unseren Fingerabdruckspezialisten und nach einer Ambulanz.
***
Eine Stunde später waren unsere Männer mit ihrer Arbeit fertig, und Rudy lag bereits im Krankenhaus.
Phil und ich waren allein in der Wohnung zurückgeblieben und durchsuchten sie jetzt gründlich.
Phil stieg zum Hausmeister hinunter, um sich nach dem Wohnungseigentümer zu erkundigen und kam mit dem Bescheid zurück, das sei Rudy offensichtlich selbst gewesen.
Jedenfalls habe der Hausmeister für ihn die Miete kassiert, allerdings habe der Mann geglaubt, es mit Charles Seldon zu tun zu haben.
Wir wollten gehen, als ich im Korridor noch einmal den Vorhang wegzog, der die Garderobe verbarg, dabei stieß ich mit dem Fuß gegen ein metallenes Etwas, das auf dem Boden lag.
Ich bückte mich, hob den Gegenstand auf und stieß einen Pfiff aus. Phil blieb auch stehen und sah sich fragend um.
Ich hielt ihm den Gegenstand auf der flachen Hand hin.
»Donnerwetter, ein Messer.«
Wir gingen zurück in das Wohnschlafzimmer, den einzigen Raum, der eine anständige Beleuchtung hatte, und betrachteten dort unseren Fund genau.
»Fingerabdrücke werden wir wohl kaum finden«, brummte ich.
»Ein Bursche wie der, der dich und Rudy in der Mangel gehabt hat, lässt seine Fingerabdrucke nicht zurück«, meinte auch Phil. »Wenn es überhaupt sein Messer ist.«
Es war ein sehr merkwürdiges Ding. Einem malaiischen Kris ähnlich, aber viel kleiner, mit fein ziseliertem Griff und einer Schneide aus bläulich schimmerndem Stahl. Blutspuren konnte ich nicht entdecken, vielleicht hatte der Täter die Schneide gut abgewischt.
Unter dem Aufschlag meines Jacketts holte ich eine Stecknadel hervor, und Phil legte mir ein weißes Blatt aus seinem Notizbuch zurecht. Ich fuhr mit der Nadel in die Ritze zwischen Scheide und Griff und zog dann mit der Nadelspitze einen Strich auf dem weißen
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