0354 - Mordmotiv nach Maß geschneidert
Drugstore, fünf Häuser weiter unten. Klingeln Sie im ersten Stock rechts. Auf der Tür steht Seldon.«
»Gut, Rudy. Bis gleich.«
Ich warf den Hörer auf die Gabel, griff nach meiner Smith & Wesson und überzeugte mich, dass sie richtig geladen war.
»Irgendjemand ist hinter Rudy Oats her«, sagte ich zu Phil.
»Könnte eine Falle sein«, gab er mir zu bedenken. »Besser, wir gehen zu zweit.«
»Lies du ruhig weiter. Mit Rudy werde ich allein fertig. Bye.«
Einer unserer Fahrer hatte im Laufe des Tages meinen Jaguar aus Brooklyn herübergebracht, ich rief rasch zur Fahrbereitschaft hinunter, und als ich auf die Straße trat, stand der rote Jaguar schon mit laufendem Motor vor dem Haus.
Ich sprang hinein und flitzte, mit Rotlicht und Sirene, dem unteren Manhattan entgegen.
***
Die Gegend stand schon auf der Abbruchliste des New Yorker Magistrats. Baufällige Bruchbuden säumten die mit Unrat bedeckten Straßen. Wenn es jemals eine Straßenbeleuchtung gegeben hatte, so waren die Laternen schon längst zu Zielscheiben der halbwüchsigen »Lederjacken«, geworden. In den dunklen Torbögen lungerten lichtscheue Gestalten.
Ich ließ meinen Wagen in einer Seitenstraße in der Nähe des Drugstores zurück und ging zu Fuß die paar Schritte bis zur Nummer 27 in der Divine Street.
Es war eine enge Straße, so eng, dass zwei Männer mit ausgebreiteten Armen nicht nebeneinander hergehen könnten, ohne an die Häuser anzustoßen.
In den Rinnsteinen gurgelten die Abwässer, es roch faulig und modrig.
Es war bereits finster. Rudy hatte kurz nach 18 Uhr angerufen.
Ich wagte nicht, meine Stablampe zu gebrauchen, denn in dieser Gegend waren Menschen schon wegen geringerer Besitztümer umgebracht worden.
Erst als ich glaubte, vor dem richtigen Haus zu sein, richtete ich den Lichtstrahl ganz kurz auf die Hausnummer.
Es stimmte.
Ich stieß die Tür auf, knipste meine Lampe an und ließ ihren Strahl durch einen langen Flur gleiten. Ich suchte die Treppe.
Die Lampe in der Linken, die Smith
& Wesson in der Rechten, bewegte ich mich vorsichtig, den Rücken immer mit der Wand abschirmend, vorwärts. Meine Sinne waren aufs äußerste angespannt, denn es war durchaus möglich, dass ich in eine Falle gelockt werden sollte. '
Ich befand mich auf der dritten Stufe, als ich hinter mir eine Bewegung mehr ahnte als hörte.
Blitzschnell warf ich mich zu Boden. Etwas traf mit unvorstellbarer Gewalt meine rechte Schulter.
Ich hatte das Gefühl, der Arm würde mir herausgerissen, meine Finger verloren jedes Gefühl.
Die Pistole glitt aus meiner Hand.
Der Schmerz schoss wie ein scharfer Strahl siedenden Wassers durch meinen Körper. Wut und Schmerz ließen mich herumfahren, mit der Linken ausholen und meinem Gegner die Stablampe in den Leib stoßen.
Der musste meine Reaktion vorhergesehen haben, denn ich traf ins Leere.
Der Unsichtbare konterte im selben Augenblick mit einem Magenhaken, der mir den letzten Rest von Atem aus dem Körper presste.
Ich spürte seine Hände, unangenehm feuchte und klebrige Hände, in meinem Gesicht. Er hob meinen Kopf, und dann zerplatzte mit fürchterlichem Knall ein gut gezielter Schlag in meinem Gesicht.
Ich sah Sterne, Kreise und wieder Sterne und fiel in eine purpurne Dunkelheit.
***
Als ich wieder zu mir kam, hatte ich das Gefühl, geschunden und gerädert worden zu sein.
Meine Augen schienen zugeschwollen, meine Zunge lag schwer im Mund, sie war rau wie ein Reibeisen.
Stöhnend versuchte ich, mich aufzurichten, doch gab ich es sofort wieder auf.
Mein Kopf schien in unzählige Einzelteile zerlegt worden zu sein, und an diesen Einzelteilen hämmerte und feilte jetzt jemand herum.
Wer wusste, wie lange ich schon hier gelegen haben mochte und was sich in der Zwischenzeit alles ereignet hatte.
Ich drehte mich langsam nach rechts, kam stöhnend auf die Knie und zog mich mühsam an der Wand hoch.
Als ich stand, hatte ich das Gefühl, auf einer schlingernden Dschunke bei Windstärke zwölf zu sein. Beißende Übelkeit kroch mir vom Magen in die Kehle und würgte mich, dass es mich schüttelte und mir die Tränen in die Augen trieb.
Da stand ich nun, schwer angeschlagen, ohne Waffe und wagte nicht, mich mit dem Rücken von der Wand zu lösen, weil ich befürchtete, sofort wieder auf den Boden zu fallen.
Angespannt horchte ich, ob ich allein war, oder ob in meiner Nähe jemand mein Aufwachen erwartete, um mich dann erneut niederzuschlagen.
Plötzlich glaubte ich, Stimmen zu hören. Jemand
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