0354 - Toteninsel Teneriffa
einmal einen Bilderrahmen, um mit der spitzen Kante zuzuschlagen. Das Bett und Tisch und Sessel waren mit dem Kajütenboden durch den Teppich hindurch verschraubt.
Das einzige, was Rafaela vielleicht tun konnte, war, einem eintretenden Entführer die Bettdecke über den Kopf zu werfen. Aber das würde im Endeffekt auch nicht viel einbringen.
Die Tür war abgeschlossen, das Schloß von innen nicht zu öffnen, nicht abzuschrauben, weil die Verkleidung glattflächig war und so fest saß, daß sie nicht abgehebelt werden konnte. Durch die Tür führte also kein Weg hinaus.
Wenn nicht durch die Tür, dann durchs Fenster… ?
Rafaela trat an das Bullauge heran. Es war groß genug, daß sie sich hindurchzwängen konnte. Aber was dann? Sie waren weit draußen auf See. Sie war nicht sicher, ob sie das Ufer einer der Kanarischen Inseln schwimmend erreichen würde. Das Wasser war zwar in diesen Breiten warm, aber kaum warm genug, um auf Stunden hinaus keine Unterkühlung eintreten zu lassen. Hinzu kam die Meeresströmung. Die Wellen waren beachtlich geworden. Daß die »Montego« relativ ruhig lag, hing mit ihren Abmessungen und ihrem Gewicht zusammen. Aber die Wellen klatschten ziemlich hoch an den Schiffsrumpf hinauf.
Das Bullauge der Kajüte befand sich dicht über der Wasserlinie.
Rafaela öffnete das Bullauge. Sie überlegte. Was sollte sie tun? Fliehen?
Vielleicht schaffte sie es, sich so hin durchzuzwängen, daß sie sich am Schiffsdeck, an der Kante, festhalten konnte. Vielleicht konnte sie sich irgendwo verstecken, bis die Yacht in Ufernähe kam, und dann von Bord springen.
Sie wünschte, Eva und sie hätten sich nie auf dieses Umsteigen eingelassen.
Die Einladung zu einer Party auf See… wenn sie es genau überlegte, roch es förmlich nach einer Falle.
Aber immerhin würde der Skipper des Fischerbootes Alarm geben, wenn sie nicht wieder auftauchten…
Schwacher Trost – gar kein Trost! schalt die Italienerin sich. Garcia und der Kahlköpfige kannten sich. Vielleicht hatten sie sogar zusammengearbeitet?
Dann half alles nichts mehr. Und abgesehen davon – vielleicht brachten der Kahlkopf und seine Leute sie um. Was nützte es ihnen dann noch, wenn Hotel und Behörden verständigt wurden? Ob die Entführer geschnappt wurden, war fraglich, und ihnen beiden nützte es dann nichts mehr, wenn sie tot waren.
Rafaela gab sich einen Ruck. Sie streckte die Arme durch die Öffnung, ließ den Kopf folgen. Es wurde eng, sehr eng sogar. Aber sie schaffte es dann, die Schultern durch die Luke zu bekommen. Jetzt konnte sie sich vorwärts stemmen. Sie war jetzt froh, daß sie außer ihrem Bikini nichts am Leib trug. Zum einen hätte Kleidung ihre Schulterbreite um Millimeter vergrößert, und zum anderen, wenn sie ins Wasser fiel…
Sie hoffte, daß das nicht geschah. Die Yacht fuhr ziemlich schnell, und Rafaela würde sich nicht festhalten können.
Sie drehte sich, kaum, daß sie halb draußen war, so daß sie nach oben sehen konnte. Zu ihrem Entsetzen war das Deck ziemlich hoch. Hoffentlich konnte sie es erreichen…
Sie bog den Oberkörper hoch, so weit es möglich war, und streckte die Arme aus. In der Tat schaffte sie es knapp, die Kante zu berühren.
Erleichtert atmete sie auf. Sie arbeitete sich weiter aus der Luke hervor.
Es ging knapp, aber es ging. Sie blieb sogar vor Hautabschürfungen bewahrt, obgleich sie für einige Augenblicke fürchtete, in der Luke hängenzubleiben und nicht mehr vor und nicht mehr zurückzukommen.
Aber dann war sie hindurch. Sie klammerte sich unwillkürlich oben an der Kante des Decks fest, um nicht zu stürzen. Schließlich stand sie mit den Füßen auf der Unterkante der runden Luke und hebelte sich langsam hoch.
Sie konnte über das Deck sehen.
Es war leer. Aber das hatte nichts zu bedeuten. Vielleicht befanden sich die Männer in den Aufbauten und sahen Rafaela durch die Fenster.
Dann half ihr wirklich nur noch der Sprung ins Wasser, wenn sie sich nicht erneut gefangensetzen lassen wollte. Und sie war sicher, daß man diesmal sorgfältiger vorgehen und sie womöglich noch fesseln würde.
Trotzdem… sie konnte nicht mehr lange hier außen am Schiff hängen.
Sie spürte bereits, wie ihre Kräfte zu erlahmen begannen.
Sie zog sich mit einem Ruck hoch, hangelte sich zur Reling hinauf und schaffte es, sich auf die Decksplanken zu schwingen. Für ein paar Sekunden lag sie da, atmete tief und schnell durch, um sich von der Anstrengung zu erholen. Dann richtete sie sich in
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